Vorschau: Mass Effect 2 (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Electronic Arts
Release:
28.01.2010
28.01.2010
20.01.2011
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ab 8,25€
Spielinfo Bilder Videos
Futuristischer Fotorealismus

Wie im Vorgänger ist man in einem Dreierteam unterwegs, wobei man gezielt Befehle geben kann.
Vor allem wenn die Kamera die Gesichtszüge mit ihren feinen Muskel- und Augenbewegungen in der Frontale zeigt, scheint Fotorealismus plötzlich nicht mehr weit weg zu sein. Auch im Bereich des Interieurs und Waffendesigns darf man sich auf mehr Plastizität freuen. Noch viel interessanter für das Artdesign und die Atmosphäre ist aber, dass die Spielwelt düsterer und bedrohlicher wirkt - als Mensch ist Shepard zudem vielen Anfeindungen ausgesetzt, so dass ein Drink an der Bar schon mal zum Giftcocktail wird. Die Raumstation Omega verströmte im Vergleich zur ebenso sterilen wie heiteren Citadel eher ein mysteriöses und schauriges Flair. Dazu trugen auch die Quarantäne und die Seuchengefahr bei, die zu vielen abgeriegelten Arealen führte. Ob das Abenteuer sogar einen Hauch von Survival-Horror wehen lässt? Abwarten.

Das bisher Gesehene ist jedenfalls nicht nur zwei Klassen ansehnlicher als Dragon Age: Origins, sondern grafisch nah dran an dem, was die letzten großen Actionfeuerwerke auf Xbox 360 oder PlayStation 3 abgefackelt haben. Und auch was die Lokalisierung angeht, braucht man sich nach dieser kürzlich veröffentlichten Sprecherriege vermutlich keine Sorgen machen. Hoffentlich kann das Spiel auf lange Sicht auch mit genug Abwechslung hinsichtlich der futuristischen Schauplätze punkten - die Planeten des Vorgängers enttäuschten als karge Abgrashimmelskörper und letztlich gab es nur eine Stadt.

Die Frage der Erkundungsreize

Wird Mass Effect 2 mehr und vor allem interessantere Planeten und Städte anbieten? Man konnte weder die Galaxiekarte öffnen noch selbst mit der Normandy fliegen. Und hier druckste Producer Adrien Cho etwas herum, weil man ja nicht zu viel
Wer steckt hinter den Entführungen der menschlichen Kolonisten?
spoilern wolle. Aber wir blieben hartnäckig und wollten wissen, ob und wie BioWare die fehlenden Erkundungsreize des Vorgängers kompensieren will. Leider gab es keine konkreten Antworten, sondern nur vage Hinweise darauf, dass alles abwechslungsreicher und je nach Auftrag auf den Planeten lebendiger zugehen soll. Es werde mehr und neue Völker wie die insektenähnlichen Shisk oder die mysteriösen Collectors geben; auch ein neues Fahrzeug sei dabei, zu dem man sich aber noch nicht äußern wollte.

Genau so theoretisch bleibt es hinsichtlich der Dialoge, die um ein "Interrupt-System" bereichert werden sollen: Man kann seine Gesprächspartner mitten im Satz unterbrechen, um ihnen z.B. ins Gesicht zu schlagen oder direkt zur Waffe zu greifen - hört sich gut an, nur leider konnten wir das in der Spielzeit noch nicht ausprobieren.

Das heroische Vorbild

Dafür zeigte sich das duale Moralsystem schon in Aktion: Je nachdem, welche Antworten Shephard gibt und welche Befehle er erteilt, gibt es entweder Plus- oder Minuspunkte für seine Vorbildfunktion: +1 Vorbild, +2 Abtrünniger. Das erinnert in den Grundzügen an die Loyalität in Dragon Age. Allerdings bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Handlungen auch unterschiedlich auf die Gefährten auswirken. Ist Shepard ein Vorbild, wenn er Gutes tut oder ist er ein Vorbild, wenn er sich so verhält wie es die Moral des Partners erwarten würde? Dann würde er mit einer gnadenlosen Exekution bei einem militärischen Fanatiker Punkte sammeln und bei einem gesetzestreuen Soldaten welche verlieren. Besonders brisant soll es in Sachen Liebe und Loyalität abgehen: Wer sich nicht entscheidet, welche Romanze oder welchen Kameraden er beruflich bevorzugt
Im Gefecht mit Kampfrobotern und Androiden kann man gezielt Körperteile zerstören, um den Feind bewegungs- oder kampfunfähig zu machen.
und lange zwischen den Fronten hin und her laviert, muss mit Konflikten bis hin zu offenen Duellen rechnen. Im Gegensatz zu den sechs Crewmitgliedern aus dem Vorgänger kann man hier bis zu zehn anheuern.

Ein großes Fragezeichen steht auch noch hinter der angekündigten Interaktion auf der Normandy, die wir nicht ausprobieren konnten: Das Raumschiff soll sich ja aktiv steuern lassen, man sammelt Rohstoffe über neue Minigames und man muss nicht nur auf den Treibstoff, sondern auch auf die Bewaffnung achten - je nachdem, welche Technologien man kauft oder im wissenschaftlichen Labor erforscht, laufen die Weltraumschlachten anders ab. Dabei soll es auch auf das Personal ankommen, das auf dem eigenen Schiff aktiv ist. Aber auch sonst soll es mehr Leben an Bord geben: Assistenten melden Vorkommnisse im All, man kann E-Mails bekannter NPCs abrufen und das Interieur farblich oder mit gekauften Accessoires wie z.B. einem Aquarium anpassen - auch die Fische soll man füttern können. Shephard selbst darf sein Outfit von leger bis soldatisch ändern.

Überaus neugierig macht zudem die Veränderung des Aussehens: Ähnlich wie in inFamous soll Shepard je nach Spielweise eher wie ein strahlender Held oder teuflischer Abtrünniger wirken - das hört sich gut an. Die beiden Hacking-Minispiele haben mir ebenfalls gefallen, obwohl sie noch zu einfach wirkten: Entweder muss man aus schnell von oben nach unten scrollenden Texten genau jenen treffen, der oberhalb angezeigt wird - und das mehrmals hintereinander. Oder man muss einen Schaltkreis aus jeweils zwei gleichen Symbolen aufbauen, indem man wie beim Memory danach sucht.      
 

AUSBLICK



Es ist düsterer, es ist schöner, es ist flüssiger: Nach einer Stunde Spielzeit hinterlässt Mass Effect 2 einen guten Eindruck. Allerdings ist es für Euphorie noch zu früh, denn mehr als sechzig Minuten mit Shepard wollte BioWare nicht gewähren. Mir ist nicht ganz klar, warum man Redakteure gerade in ein Rollenspiel, das seine Faszination ja erst über ein paar Stunden entfalten muss, nur so kurz in die Spielwelt reinschnuppern lässt - für einen Shooter mag das reichen, aber für ein Epos ist das als Grundlage für eine Einschätzung zu wenig. Zumal sich all das, was die Kanadier an Verbesserungen versprechen, verdammt gut anhört: Alles soll packender, vielfältiger und dramatischer werden. Das Raumschiff soll als interaktive Basis mit Aufrüstfunktion fungieren, das Weltall soll weitaus mehr Abwechslung sowie Erkundungsreize bieten und die Konflikte innerhalb der Besatzung sollen auf die Spitze getrieben werden. Hey, das wird auf dem Papier ein Hit! Aber warum versteckt man sich hinter der Spoilerangst und zeigt nix davon in der Praxis? So gerne ich gerade diesem Entwickler abnehmen würde, dass er seine faszinierende Theorie auch umsetzen kann, halte ich mich nach diesem Reinschnuppern lieber zurück. Denn nach dem bisher Gespielten wirkt Shephards Rückkehr eher wie ein technisch brillanter Ausflug für Actionfans. Die epischen Ausmaße dahinter konnte man bisher nur erahnen. Und ich hoffe, dass Mass Effect 2 letztlich nicht nur ein Shooter im Rollenspielpelz ist.

Ersteindruck: gut
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Kommentare

zmonx schrieb am
Oh 82%. Da scheint sich ja der Ersteindruck bestätigt zu haben... Schade!
Trotzdem, ein guter Test! Die aufgezählten Mängel und das Missgefallen von einigen Details sind einfach zu gavierend um eine bessere Wertung zu rechtfertigen, da reißt auch die schöne Optik nichts mehr. Mein Kompliment Tester! Das nenn ich mal Rückgrad hehe... Schade, dass das andere Portale nicht genauso sehen. Für mich bewegt sich 4P in die richtige Richtung... Anspruch haben und fordern!
Der Shooter scheint zwar besser als in ME1 zu sein, wenn dafür aber das RPG-Element und die Story zu kurz kommen, ist das für mich enttäuschend... sehr Schade! Naja, gekauft wird es trotzdem irgendwann, so schlecht sind 82% nun auch wieder nicht. Die Optik und der Rest ist ein Blick/Spiel wert.
Analogkäse schrieb am
Baba O'Riley hat geschrieben:Ich versteh nicht warum 4players mit dem ganzen Hype mitzieht.
Naja, die Nebenmissionen->Planeten haben die Quali von ME1 für mich auch runtergezogen, aber die Hauptquest und die gesamte Storyline schaffen es einen emotional zu berühren. Versuch mal objektiv den Releasetrailer von ME2 anzuschauen, spätestens nach ein paar Sekunden ist jegliche Objektivität futsch da ganz extrem eine emotionale Ebene angesprochen wird. Genau das macht gute Spiele aus, sie sprechen einen persönlich an und durchbrechen so die Grenze zwischen Realität und Fiktion, auf dieser Ebene spielen noch nicht mal Dinge wie die Grafik eine Rolle. Von daher, siehe Sig....
C.Montgomery Wörns schrieb am
Baba O'Riley hat geschrieben:Ich versteh nicht warum 4players mit dem ganzen Hype mitzieht. Der Vorgänger war nicht viel mehr als ein netter Entwurf. Und alles unter der Maske der ausserordentlichen Grafik (und vielleicht noch der Story, wir wollen ja fair bleiben) war einfach nur lausig. Von der Atmosphäre bis zum Spielprinzip.
Aber 4players hat dem ersten Teil ja schon eine 90er Bewertung gegeben.
Unverständlich
wo isn die Atmo von ME schlecht!? Das ist doch absolut das beste dadran. Ist seit Jahren das erste Spiel bei dem ich diese Weltall Geschichte wieder richtig aufgesogen habe. Dazu kam noch Super Grafik, feine Dialoge, Story. Einzig das Kämpfen war noch nicht so gut, aber auch nicht sonderlich schlecht. Und das Fahren mit dem Mako war auch nicht so toll gemacht. Naja...und natürlich die Planeten hätten auch abwechslungsreicher sein können.
Ich wurde von ME1 jedenfalls so gut Unterhalten wie von kaum einem anderen Spiel diese Gen und ich gehe davon aus, dass der zweite Teild em ganzen nochmal einend raufsetzten wird...mein Tipp: Game Of The Year!
Baba O'Riley schrieb am
Ich versteh nicht warum 4players mit dem ganzen Hype mitzieht. Der Vorgänger war nicht viel mehr als ein netter Entwurf. Und alles unter der Maske der ausserordentlichen Grafik (und vielleicht noch der Story, wir wollen ja fair bleiben) war einfach nur lausig. Von der Atmosphäre bis zum Spielprinzip.
Aber 4players hat dem ersten Teil ja schon eine 90er Bewertung gegeben.
Unverständlich
schrieb am