Diplomatisches Geschick
Es gibt je nach Nation nur sehr dezent eingestreute historische Ereignisse.
Also gilt es frühzeitig, sinnvolle Allianzen zu bilden bzw. sich diplomatisch vorzubereiten. Man kann jede Nation anklicken und den Status der aktuellen Beziehungen einsehen, der zwischen minus und plus Hundert plus X liegen kann. Dann hat man elf Optionen in den Verhandlungen, die ohne direkte Diskussionen oder gar 3D-Portraits der Herrscher einfach über Klicks bzw. Depeschen ablaufen: Da geht es um Kriegserklärungen oder Frieden (man kann auch einen „Weißen Frieden“ schließen, also den territorialen Status quo vor dem Krieg unangetastet lassen), Bündnisse, Militärzugänge sowie Kriegssubventionen. Wer die Beziehung langsam verbessern will, damit sie monatlich steigt, kann z.B. sein Prestige investieren.
Interessant ist, dass man auch Kriege provozieren kann, indem man Beleidigungen versendet (um nicht als Aggressor zu gelten oder gezielt die Beziehung zu schwächen, damit man ein anderes Bündnis eingehen kann) und dass man andere Beziehungen sabotieren kann. Allerdings wirken die Entscheidungen der Diplomatie-KI manchmal fragwürdig bis unsinnig: Warum verbündet sich gerade Großbritannien mit seinem Erzfeind Frankreich gegen Preußen, obwohl unsere Beziehungen laut Infofenster nicht besser sein könnten? Ein Bug? Unverständlich ist auch, dass man Nationen mit mehr als 50 Provinzen nicht komplett annektieren kann, obwohl man vielleicht 45 erobert hat. Sehr gut funktioniert hingegen das Vasallensystem: Ich kann z.B. die mir untergebenen Sachsen auffordern, mir die direkte Kontrolle über ein Expeditions-Korps zu überlassen; außerdem bewegt die KI der Sachsen die anderen Truppen automatisch ins Feindesland, um zu helfen.
Ansehnliche Karte Europas
Man muss seine Armeen meist so einsetzen, dass man in der klaren Überzahl ist. Leider ist das Beladen von Schiffen fummelig.
Es macht Spaß, mit der ansehnlichen dreidimensionalen Karte herum zu spielen: Man kann nicht nur drehen und zoomen, sondern zwischen zehn Ansichten wählen. Neben dem Geländeblick inklusive verschneiter Wälder und rauschender Flüsse gibt es politische, diplomatische und kulturelle Perspektiven. Hinzu kommen Ansichten über potenzielle Aufstände, den Festungslevel sowie, ganz wichtig, die Anzeige der Länder, die man für den Gewinn des Spiels auf jeden Fall erobern muss. Wer sich einen strategischen Überblick verschaffen will, braucht diese Karte unbedingt als Hilfsmittel. Nur die Auswahl der Truppen auf der Karte ist bei mehreren Armeen, die z.B. in Schiffe transportiert werden sollen überaus gewöhnungsbedürftig; außerdem muss man bei Landarmeen auf einem Fleck quasi per Klick durchschalten und bekommt die Gesamtstärke lediglich, wenn man per Lasso alle umrandet – das hätte man intuitiver lösen können.
Nach dem Tutorial sollte man zwar mit der Steuerung sowie den grundlegenden Spielmechanismen vertraut sein, zumal es überall erklärende Hinweise gibt. Aber March of the Eagles wirft Einsteiger direkt in ein umkämpftes Europa, so dass man erstmal eine bis zwei Stunden investieren sollte, um die geostrategische Lage einzuordnen - es sei denn man kommt direkt aus dem militärhistorischen Hauptseminar. Das Spiel bleibt leider auch später in vielen Bereichen undurchsichtig, weil das Prinzip der Ideen, des Prestige sowie der Wirtschaft nicht nachvollziehbar genug ineinander greift - man fühlt sich immer an einer Stelle ausgebremst und konzentriert sich auf Karteneroberung an der Oberfläche. Zudem fehlt der Feinschliff in der Menügestaltung sowie Benutzerführung, so dass man manchmal im Zahlenwust versinkt. Die Rechtschreibfehler („belibig“, „Interval“) sind da weniger schlimm, aber so mancher Mouseover-Text verschwindet zu schnell und wenn Angaben wie z.B. der Wert eines Friedensangebotes unleserlich im Buchstabensalat enden oder Menüs von zu viel Schrift gesprengt werden, ist das ärgerlich. Schade ist auch, dass man sich all die Truppentypen von Infanterie bis Kavallerie nur in recht kleiner Form ansehen kann – gerade das Regimentfenster ist viel zu fragmentiert. Dafür gibt es hilfreiche Filter, mit denen man gezielt Truppentypen suchen kann.