Stiefkind der kriegerischen Spielgeschichte
Im virtuellen Zweiten Weltkrieg wurde schon fast jede Kampfhandlung mit amerikanischer Beteiligung nachgestellt. Da sich bislang aber nur wenige Titel mit dem Fronterlebnis des Ersten Weltkrieges beschäftigt haben, wollte der holländische Entwickler BlackMill Games Abhilfe schaffen. In Steams Early-Access-Programm liefern sich die Teilnehmer schon seit über einem Jahr verbissene Scharmützel an der Westfront, mittlerweile ist die finale Version erhältlich. Allzu viel verändert hat sich beim Umfang nicht mehr: Auf lediglich sechs Karten entlang der Frontlinie darf man sich ins Getümmel stürzen. Auch die Zahl von nur zwei Modi wirkt mickrig: Das Deathmatch taugt eigentlich nur zur Gewöhnung an Waffen, Maps und Spielmechanik - oder für ein paar unkomplizierte Duelle zwischendurch. Der wahre Krieg spielt sich dagegen im Hauptmodus „Frontlinien“ ab, auf Schlachtfeldern in Flandern, Artois, der Picardie, Aisne, in den Vogesen oder den Argonnen.
Nicht schön, aber wichtig: Wird das gegnerische Grabensystem eingenommen, versucht der Feind es sich in der Runde danach zurückzuholen.
24 Spieler treten in je drei Trupps pro Seite an, wobei jeder mit Spezialisten wie Infanteristen, Scharfschützen oder Offizieren besetzt ist, die unterschiedliche Fähigkeiten nutzen. So hat z.B. der Grenadier Handgranaten im Gepäck, während die Offiziere Befehle geben und per Fernglas Mörser-Sperrfeuer anfordern können. Die Karten entsprechen den Kampfbedingungen des Ersten Weltkrieges: ein von Artilleriefeuer zernarbtes Niemandsland, lange Schützengräben und befestigte Stellungen. Ziel der Gefechte ist das Erobern und Halten von Grabensystemen. Jede Seite hält eine Reihe von Unterständen und Grabenlinien, die verteidigt werden müssen. Wird der Graben eingenommen, folgt ein Gegenangriff. Wird dieser abgewehrt, rückt die siegreiche Fraktion vor - ist sie erfolgreich, verlagert sich der Kampf in die andere Richtung. Schnell kann ein Gleichgewicht zwischen den Seiten entstehen, das einen zähen und verlustreichen Abnutzungskampf nach sich zieht. Das Prinzip erinnert also an Rush aus Battlefield, wobei es hier deutlich verbissener zur Sache geht und die Oberhand wie bei einem Tauziehen zwischen zwei Teams hin- und her wechselt.
Verbissenes Tauziehen
Je nach Bewaffnung und Funktion in meinem Trupp muss ich geschickt mit meinem Team zusammenarbeiten, um meinem Unteroffizier z.B. Gasangriffe oder Artillerieschläge zu ermöglichen. Mit dem Maschinengewehr 1914 „Lewis“ oder dem deutschen Gegenstück mit dem bekannten Titel „08/15“ mähe ich heranstürmende Angreifer nieder oder gebe meinen Mitspielern Deckung. Sobald ich das Sperrfeuer eröffne, verschwimmt die Sicht der Feinde wie in
Battlefield 4 und meine Kameraden können zu einer günstigeren Stellung vorrücken. Bleiben wir dabei im Radius des Truppführers und befolgen seine Anweisungen, regnet es Bonus-Punkte. Außerdem markiert der Chef des vierköpfigen Squads immer wieder mit dem Fernglas Positionen, zu denen wir vorrücken sollen. Per Text-Chat oder Ruf seines Soldaten gibt er kurze Anweisungen: „Der linke Eingang zum Graben ist nicht vernünftig bewacht – hin da!“ Je nach Squad dienen die Mitspieler auch als mobiler Spawn-Punkt. Wie und wo genau erklärt übrigens der ausführliche Steam-Guide, den man zwischendurch immer wieder mal konsultieren sollte.
Im freien Feld sollte man sich nicht all zu lange aufhalten...
Natürlich ist es gar nicht so einfach, sich lebendig bis zum feindlichen Grabensystem vorzukämpfen. Wer einfach nur blindlings über die zerfurchte Landschaft sprintet, verendet meist binnen Sekunden im Kugelhagel. Ich versuche stattdessen die Granatenkrater und kleinen Bäche Wassergräben am Rand geschickt für meine Deckung zu nutzen. Ein Sprint durch die Grube und ab geht es in die Furche am Rande des Ackers: Dort schützen mich die hohen Gräser ein Weilchen vor den Blicken der Scharfschützen, während ich langsam voran robbe. Sobald wir am gegenüberliegenden Schützengraben angekommen sind, lohnt es sich natürlich, den Feind mit vereinten Kräften zu überrumpeln. Oder ich verschanze mich als Einzelkämpfer in einer gegnerischen Nische und warte darauf, dass meine Feinde die Bedrohung ausräuchern wollen. Ein Gegner nach dem anderen sprintet unvorsichtig in seinen eigenen Graben und landet in meinem Gewehrfeuer. Dank der Schützenhilfe schaffen es auch meine Mitstreiter schließlich zur feindlichen Stellung. Je mehr Soldaten die Stellung einnehmen, desto schneller füllt sich das Eroberungs-Symbol.