Ohne Fleiß kein Preis
Arkham Horror ist jedenfalls das anspruchsvollste Brettspiel, das ich bisher vorgestellt habe - selbst StarCraft erreicht nicht diese Komplexität im Detail. Das mag auf er einen Seite eine Hürde sein, denn man muss viel Zeit in die Lektüre der Anleitung investieren und gerade die ersten Spiele werden immer wieder unterbrochen, weil man nachschlagen muss, was genau jetzt eigentlich passiert. Da es keinen Computer im Hintergrund gibt, muss jemand alles manuell einleiten und überwachen, was um einen herum passiert. Hier empfiehlt sich doch die Ernennung eines erfahrenen Spielleiters, der sich um alle Werte und das Fortschreiten auf den wichtigen Leisten kümmert.
Hinzu kommt, dass die riesige Stadtkarte zwar unheimlich edel illustriert wurde, aber dass man von Symbolen und Texten in den einzelnen Vierteln zunächst überwältigt wird. Zu Beginn kann man sich darauf verlieren, weil man eineStruktur der klaren Aktionen vermisst. Es ist zunächst diffus, was die kleinen Hinweise wie Dollarzeichen, Herzen,
Man bewegt sich in der Stadt auf den angezeigten Straßen und kann bestimmte Viertel besuchen, um dort einzukaufen oder Ereigniskarten zu ziehen.
Pistolen oder Lupen bringen und so wandert man gerade in den ersten Spielen recht ziellos umher - lediglich die Monster und die drei Geschäfte im Visier. Man hat in jedem Viertel immer die Wahl, ob man ein Ereignis erlebt oder die auf dem Stadtplan beschriebene Aktion durchführt: Beim Polizeirevier kann man z.B. im Austausch für genug erledigte Monster und Tortrophäen zum Hilfs-Sheriff ernannt werden und bekommt den Revolver sowie den Streifenwagen. Bis man all die nützlichen Orte kennt, vergehen mindestens zwei komplette Spiele - und davon kann man keines unter zwei Stunden abschließen; im Gegenteil: bis zu vier Stunden und geduldige Spielpartner sollte man einrechnen.
Verhältnis von Glück und Taktik
Wenn man sich erst einmal durchgebissen hat, weiß man das nicht immer perfekte, aber durchdachte Regelwerk zu schätzen, denn es sorgt für eine angenehme Simulation der düsteren Spielwelt. Allerdings kann diese auch Leerlaufphasen beinhalten, in denen man das Drama vermisst, weil sich einfach nichts Entscheidendes tut - hier hätte man die Spannungskurve evtl. über einige
Vor dem Spiel wird zufällig die Karte des Großen Alten gezogen - hier ist es Yig.
festgelegte epische Ereignisse garantieren sollen, anstatt sie Regisseur Zufall zu überlassen. In den optimalen Spielen hat man allerdings wirklich das Gefühl, an einem sich entwickelnden Abenteuer teilzunehmen: Da geht es nicht nur um das Auftauchen neuer Monster, die durch Dimensionstore schlüpfen, sondern auch um den Verderben- und Terrorlevel, der ständig steigt.
Ersterer repräsentiert das Nahen des Großen Alten, Letzterer den Zustand der Bevölkerung. Die Helden müssen versuchen, beides möglichst niedrig zu halten. Schade ist allerdings, dass es hier kaum auf kooperative Aktionen ankommt, die taktische Vorteile bringen. Natürlich spielt man zusammen und kann sich am Tisch jederzeit absprechen, wer welches Monster attackiert und wer zum nächsten Dimensionstor geht. Aber es gibt keine gezielten Manöver, in denen zwei oder drei Helden ihre Kräfte bündeln oder sich clever ergänzen könnten - jeder kämpft für sich. Auch die Missionen enthalten keine kooperativen Ziele, die das Zusammenarbeiten wirklich fordern und belohnen, sondern meist
Ein Charakterbogen mit den Plättchen für geistige Gesundheit und Ausdauer.
Herausforderungen für eine Person. Erst im finalen Kampf schlagen alle vereint gegen den Großen Alten zu.
Hinzu kommt, dass die Spielbalance nicht nur je nach den gezogenen Karten, sondern auch je nach Zusammensetzung der Gruppe stark schwanken kann. Obwohl je nach Anzahl der Spieler die Monster und das Nahen des Alten nach oben oder unten angepasst werden, sollte man Arkham nicht zu zweit besuchen: Da hat man eigentlich keine Chance und man fühlt sich auf der riesigen Karte irgendwie verloren - hier sollte man höchstens so spielen, dass jeder gleich zwei Figuren steuert. Und man sollte auch nicht mit mehr als fünf Leuten losziehen, denn dann wird es wiederum zu einfach, weil die Monster quasi direkt nach dem Auftauchen fallen. Optimal ist eine Gruppe mit vier bis fünf Leuten.
Fazit
Ich schätze H.P. Lovecraft, ich mag kooperative Spielkonzepte sowie umfangreiche Brettspiele in edler Präsentation - und Arkham Horror ist eines der stimmungsvollsten seiner Art! Die Ausstattung ist mit all den Illustrationen im 20er-Jahre-Stil einmalig und das Charaktersystem ist ebenso clever wie die Auswahl an Helden und Monstern üppig ist. Wer die Box das erste Mal auspackt, wird erst Wow und danach Woooow sagen. Aber Kevin Wilsons düsteres Rollenspiel rutscht nur knapp in meine Empfehlungen, weil es letztlich fantastischer aussieht als es sich spielt. Keine Bange: Es ist kein Blender, sondern eher ein zeitintensives Monster von einem Abenteuer, das zwischen grandiosen Momenten und zähen Phasen schwanken kann wie ein Dreimaster auf hoher See - und das bis zu vier Stunden in einer Sitzung. Manchmal hat man Glück und die Zufallskarten sorgen für eine gelungene Dramaturgie, manchmal jagt man ohne große Ereignisse einfach Monstern hinterher. Etwas mehr kreative Missionen und kooperative Taktiken sowie Straffung durch vorgegebene Großereignisse hätte dem Leerlauf vorbeugen können - zumal das Teamplay wird in anderen kooperativen Brettspielen besser inszeniert wird. Trotzdem gehört Arkham Horror zu den interessantesten Brett-Rollenspielhybriden. Und das Erlebnis dieses Spiels kann ein unheimlich intensives sein, wenn man sich in seine Charaktere hinein steigert und dazu noch die passende Musik laufen lässt. Dann entfaltet dieses Abenteuer gnadenlose Reize, die für ein paar Stunden fesseln können.
(Mittlerweile sind zahlreiche Erweiterungen erschienen, die das Spielerlebnis noch verbessern und die Dramaturgie etwas fokussieren können - vgl. Wikipedia. Anm. d. Red.)
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir haben keine Zeit für Verrisse. Das ist zunächst ein Angebot, das wir euch zusätzlich bieten. Deshalb konzentrieren wir uns auf die empfehlenswerten Vertreter und die kreativen Geheimtipps, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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Doom - Das Brettspiel.