Julius Caesar30.04.2013, Jörg Luibl
Julius Caesar

Special: Taktik im Römischen Bürgerkrieg

Caesar oder Pompeius? Das ist in diesem Bürgerkrieg am Tisch die Frage. Zwei Spieler stehen sich als Anführer von Legionen genauso unversöhnlich gegenüber wie die beiden römischen Feldherren im Jahr 49 vor unserer Zeit. Es geht in diesem historischen „Block Wargame“ nicht um Aufbau, nicht um Politik oder Diplomatie, sondern um militärische Strategie von Gallien bis Ägypten.

In der Tradition von Stratego

Julius Caesar ist ein "Block Wargame" für zwei Spieler. Es ist bisher nur auf Englisch erschienen und für knapp 50 Euro bei Udo Grebe Design erhältlich.
Julius Caesar ist ein "Block Wargame" von Columbia Games für zwei Spieler . Es ist bisher nur auf Englisch erschienen und hierzulande für knapp 50 Euro z.B. bei Udo Grebe Design erhältlich.
Block Wargame? Was ist das denn? Wer Stratego kennt, der bekommt eine Vorstellung: Zwei Armeen stehen sich auf einem Spielbrett gegenüber, wobei die Figuren zunächst verdeckt sind – man erkennt also nicht, welche Legion sich da auf einen zubewegt. Wie stark ist sie? Ist sie verletzt oder frisch? So entsteht auf Anhieb die Spannung des Ungewissen und gleichzeitig wird ein Nebel des Krieges simuliert. Nur dass man hier nicht auf einem Schlachtfeld mit einzelnen Offizieren, sondern im ganzen Mittelmeerraum mit Fußtruppen, Kavallerie, Ballisten und Schiffen agiert, die nicht figürlich wie z.B. in Der Ringkrieg, sondern lediglich als Aufkleber hinter den hölzernen Blöcken sichtbar sind.

Allerdings kommt durch diese Blöcke im Vergleich zum wesentlich simpleren Stratego noch ein Kniff hinzu, denn man kann sie drehen, um so nach einem Gefecht die Schwächung eines Truppenverbandes anzuzeigen. Die 17. Legion startet z.B. mit einer Stärke von IV (= vier Sechserwürfel im Kampf), was durch den aufrecht stehenden Block angezeigt wird. Sollte sie verwundet werden, dreht man den Block gegen den Uhrzeigersinn auf die III, die jetzt aufrecht zu erkennen ist. Eine sehr simple Mechanik, die zusätzliche Marker oder Verwundungsleisten überflüssig macht. So kommt man auch recht zügig in einen Spielfluss.

Stärke, Initiative & Treffer auf einen Blick

Neben der Stärke erkennt man anhand der Buchstaben und Zahlen auch umgehend, wer zuerst angreifen darf und bei welchem Wurf man trifft. Die Initiative wird von den Buchstaben A, B, C festgelegt, wobei A die reaktionsschnellsten Truppen kennzeichnet. Anführer sind sehr flott, dann kommt leichte Infanterie, gefolgt von Legionen, Ballisten, Elefanten und schließlich Schiffen. Was passiert also, wenn Auxilia B1 gegen Legion C2 antritt? Die flinken Hilfstruppen können zuerst zuschlagen! Entscheidend

Rote Blöcke für Caesar im  Norden, grüne Blöcke für Pompeius im Süden: Nach der Startaufstellung scheint caesar zunächst im nachteil.
Rote Blöcke für Caesar im Norden, grüne Blöcke für Pompeius im Süden: Nach der Startaufstellung scheint Caesar zunächst im Nachteil.
für die Planung und die Balance: Bei einem Gleichstand wie B gegen B darf der Verteidiger zuerst attackieren. Gerade wenn ein Sieg auf Messers Schneide steht, kann dieser Vorteil entscheidend sein.

Und was bedeuten die Zahlen hinter den Buchstaben? Die sind sehr wichtig, denn sie geben an, wann überhaupt ein Treffer erzielt wird – dazu muss man diesen Wert oder einen geringeren erreichen. Wie viele Würfel man einsetzt, wird durch die Stärke bestimmt. Auxilia B1 darf bei einer Stärke von IV also viermal würfeln,  trifft aber nur bei Einsen.

Die feindliche Legion darf bei einer Stärke von IV ebenfalls viermal würfeln, trifft aber bei Einsen und Zweiern! Da jeder Treffer sofort die Stärke des Gegners reduziert, kann sich das Kräfteverhältnis schnell verschieben. Gibt es nach dem ersten Schlagabtausch Überlebende, darf man weiter kämpfen oder sich zurückziehen. Aber auch hier gilt: Kann man sich überhaupt zurückziehen? Gibt es im Hinterland eigene Städte? Falls nicht, wird man eingekesselt.

Überschreitet Caesar den Rubikon?

Verdammt viele Blöcke, sie zu bekleben: In der Mitte erkennt man Cleopatra.
Vor dem ersten Spiel muss man die Holzblöcke erstmal von einer Seite bekleben.
Das Spiel hält sich bei der Startaufstellung der Truppen weitgehend an die historische Ausgangslage und das damalige Kräfteverhältnis: Caesar beginnt mit seinen roten Blöcken im Norden, besetzt u.a. Lugdunum (Lyon) in Gallien und Genua sowie Ravenna in Norditalien. Wird er den Rubikon überschreiten und direkt auf Rom marschieren? Trotz dieses sofort möglichen Tabubruchs, der 49 v.u.Z. den Bürgerkrieg einleitete und den römischen Senat nach Pompeius zur Verteidigung riefen ließ, befindet sich Caesar in der schwächeren Position. Er hat mit Massilia (Marseille) lediglich einen Siegpunkt zum Spielstart – und man gewinnt erst, wenn man in einer der fünf Runden zehn bzw. am Ende mehr vorweisen kann.

Pompeius hat gleich zu Beginn sieben Punkte. Seine grünen Blöcke warten historisch korrekt eher im Süden, sie besetzen u.a. Neapel, Syrakus, Neu-Karthago (Cartagena), Antiochia und Alexandria, wo Cleopatra zunächst als Verbündete wartet. Außerdem kann Pompeius exklusiv Elefanten rekrutieren. Sehr schön: Man kann die Reservetruppen nur dort ausheben, wo sie auch herkommen und nicht einfach frei auf der Karte platzieren. Wenn man alle Blöcke zum Start platziert hat und sich die Städte mit den Siegpunkten anschaut, wird klar: Caesar muss schnell agieren, Pompeius kann erstmal abwarten.

Geostrategische Vielfalt

Trotz dieser klaren Ausgangslage ist die daraus resultierende Strategie nicht etwa vorgegeben oder gar eindeutig. Caesar hat für seine ersten Eroberungen viele Möglichkeiten: Er kann zentral auf Rom vorstoßen, aber auch der Marsch auf den Osten

Die römische Ziffer gibt die Stärke an, der Buchstabe die Initiative und die Zahl daneben die notwendigen Treffer.
Die römische Ziffer gibt die Stärke an, der Buchstabe die Initiative und die Zahl daneben die notwendigen Treffer.
Richtung Byzanz, Athen und Ephesus ist aufgrund der Siegpunkte sehr lohnenswert. Im Westen der gallischen Küste locken ebenfalls Häfen. Soll er seine Legionen konzentrieren oder aufteilen? Und was ist mit der Marine? Theoretisch könnte Caesar drei Schiffsverbände ausheben, mit denen er nach Afrika übersetzen und Pompeius quasi im Herzen treffen, vielleicht sogar Cleopatra auf seine Seite ziehen könnte.

Pompeius kann zwar abwarten und beherrscht zu Beginn das Mittelmeer. Aber auch er muss aufpassen, denn Caesars Legionen können einen Keil in seinen Machtbereich treiben. Außerdem liegen seine schlagfertigen Verbände recht weit auseinander. Soll er unter allen Umständen das zentrale Rom zurückerobern oder seine Kraft sowie zukünftige Rekrutierungen auf die Flanken konzentrieren? Schon nach der ersten Runde wird klar, dass sich dieses Spiel in viele geostrategische Richtungen entwickeln kann. Und im Gegensatz zu Stratego muss man hier wesentlich mehr Faktoren bei der Bewegung berücksichtigen.

Alle Wege führen nach Rom

Was macht der Gegner? Wie stark ist er? Man erkennt die Art der Truppen erst, wenn es zu einem Gefecht kommt.
Was macht der Gegner? Wie stark ist er? Man erkennt die Art der Truppen erst, wenn es zu einem Gefecht kommt. Vorher ist man quasi blind.
Die historische Karte zeigt ein Netz aus Straßen und Seerouten, wobei man über Meerengen und normale Straßen maximal zwei, über Hauptstraßen maximal vier Blöcke pro Zug bewegen darf – man muss die Infrastruktur in seine Planung einbeziehen. Dabei sind auch raumgreifende maritime Manöver abseits der Eroberung von Häfen möglich: Das Mittelmeer ist in sechs Zonen wie Mare Internum oder Mare Aegaeum unterteilt. Wer z.B. Truppen von Rom nach Antiochia transportieren will, muss in den drei Zonen jeweils eine Flotte haben.

Wie viele Einheiten man überhaupt bewegen und rekrutieren darf, hängt wiederum an den Kommandokarten, von denen man pro Jahr fünf verdeckt auf die Hand bekommt. Der Zug beginnt mit dem verdeckten Ausspielen jeweils einer Karte, wobei die Höhe der römischen Ziffer über den Startspieler in dieser Runde bestimmt – bei Gleichstand darf Caesar beginnen, was durchaus ein Vorteil ist. Die Ziffer von I bis IV bestimmt dann die Anzahl der Bewegungspunkte. Man darf so viele Truppen wie angezeigt von einzelnen Städten bewegen, wobei alle an einem Ort befindlichen Truppen als eine Gruppe zählen. Ein tolles System, denn so wird man dazu animiert, über clevere Bewegungen konzentrierte  Angriffe vorzubereiten.

Bewegung und Rekrutierung

Auf den Kommandokarten erkennt man, wie viele Bewegungs- und Rekrutierungspunkte man hat. Nach fünf ausgespielten Karten ist ein jahr vorbei. Nach fünf Jahren wird abgerechnet.
Auf den Kommandokarten erkennt man, wie viele Bewegungs- und Rekrutierungspunkte man hat. Nach fünf ausgespielten Karten ist ein jahr vorbei. Nach fünf Jahren wird abgerechnet.
Greift man an, darf man für einen Bewegungspunkt nur eine Stadt weiter ziehen - kommt also nicht so weit. Das kann man wiederum in der Defensive nutzen, um das zügige Vorankommen eines starken Feindes mit einer schwachen Einheit zu blockieren, die man ihm einfach in den Weg stellt. Greift man nicht an, darf man für einen Punkt zwei Felder weiter ziehen, so lange sich dort kein Feind befindet: Stehen also in Rom vier Legionen, darf man sie über eine Hauptstraße für nur einen Punkt über Genua bis Massilia führen. Um bereits bewegte Blöcke kenntlich zu machen, kippt man sie einfach um - praktisch. Diese Beschränkung von Bewegungen (maximal eine Stadt bei Angriff) und Truppenanzahl pro Straßentyp (maximal vier Blöcke) verlangt sorgfältige Planung, wenn man effizient zuschlagen will. Man kann nicht einfach für die Überlegenheit der Zahl und Masse sorgen.

Nachdem man seine Bewegungspunkte eingesetzt hat, darf man die Rekrutierungspunkte nutzen, die auf der Standarte der Kommandokarte als kleine Scheiben zu sehen sind. Für jede dieser bis zu drei Scheiben darf man entweder einen Block aus der Reserve rekrutieren und ihn mit der anfänglichen Stärke I auf seinem Heimatort platzieren – sie dürfen sich dann in diesem Zug nicht mehr bewegen. Oder man heilt quasi einen Block, indem man eine geschwächte Legion von Stärke III wieder auf Stärke IV dreht. Hat man drei Scheiben, kann man aus einer I natürlich eine IV machen. Man muss immer zwischen mehr Masse und mehr Klasse abwägen.

Der Winter naht

Die edle Karte zeigt nicht nur Städte und Straßen, sondern auch Flüsse und Schlachten an - leider ist zu etwas zu leicht.
Die edle Karte zeigt nicht nur Städte mit Siegpunkten und Straßentypen, sondern auch Flüsse und Schlachten an - leider ist sie zu etwas zu leicht.
Man kann in diesem Spiel vieles ohne Zufall planen, aber für etwas Überraschung sorgen die sieben Ereigniskarten, die man vielleicht zufällig mit seinen Kommandokarten zieht. Sie sind nach römischen Göttern von Apollo bis Merkur benannt und gewähren zusätzliche Angriffe oder Bewegungen, vernichten Truppen oder imitieren das Manöver des Feindes. Sie können in dem einen oder anderen Gefecht das Zünglein an der Waage sein, sind allerdings nicht so mächtig, dass die grundlegende militärische Strategie dadurch stark beeinträchtig wird.

Hat man all seine fünf Karten ausgespielt, endet eines von fünf Jahren. Dann wird nicht nur geschaut, ob jemand Städte im Wert von zehn Punkten belagert und damit gewonnen hat – hier bekommt man übrigens auch für jeden getöteten Anführer einen Punkt! Dann werden auch alle Schiffe in Häfen zurückgerufen und die Versorgung für den Winter wird berechnet. Die spannende Frage ist jetzt, wo die eigenen Truppen stehen? Jede normale Stadt kann nämlich nur drei Blöcke versorgen. Jede Stadt mit Siegpunktewert darf diesen hinzu rechnen: Rom kann also fünf Truppen ernähren. Alle nicht versorgten Blöcke

Wenn mehr Blöcke auf einer Stadt stehen, muss man etwas improvisieren.
Wenn mehr Blöcke auf einer Stadt stehen, muss man etwas improvisieren.
müssen umgehend in die Reserve zurück.

Was gibt es zu meckern?

Ich bin ein Freund von Spielmaterial, das von Beginn an stabil ist. Obwohl die historische Karte edel designt ist und neben Flüssen sogar die Schauplätze antiker Schlachten wie Pharsalos samt Jahreszahl angibt, muss man sie erst ein wenig zurechtbiegen oder beschweren, damit sie eben auf dem Tisch liegt. Mit der Stabilität haben die Holzblöcke natürlich kein Problem, aber sobald man Truppen irgendwo sammelt, fehlt es auf der Karte an Platz: Dann muss man ein wenig improvisieren, damit man weiß, dass diese fünf Blöcke jetzt in dieser Stadt stationiert sind. Für die Reserve wäre evtl. auch eine Art Plastikständer ähnlich wie in Schlachten von Westeros hilfreich gewesen, der die Blöcke leicht schräg aufnimmt, damit man sie besser einsehen kann. Übrigens keine Angst vor dem Englischen: Das Regelwerk hat gerade mal acht (!) Seiten und mit einem guten

Caesar hat Italien fest im Griff. Aber das reicht nicht, für den Sieg.
Caesar hat Italien fest im Griff. Aber das reicht nicht, für den Sieg. Ihr wollt euch lieber in einem Fantasy-Szenario als in der Antik duellieren? Kein Problem, dann empfehlen wir: Der Ringkrieg.
Wörterbuch sollte man alles an Fachbegriffen übersetzen können.

Fazit

Historisch interessiert und Lust auf anspruchsvolle Gefechte? Julius Caesar ist das ideale Spiel für alle, die in die Welt der „Block Wargames“ einsteigen wollen. Das Prinzip des Klassikers Stratego, das mit verdeckten Truppen für Spannung sorgt, wird hier auf eine faszinierende geostrategische Ebene gebracht. Feldherren werden viele Wege zum Sieg angeboten – von der Bewegung über die Rekrutierung bis hin zur Angriffsroute. Im Gegensatz zu anderen Spielen dieser Art ist das Regelwerk nicht ausufernd, sondern verblüffend kurz und klar, zumal das Blocksystem für komfortable Abrechnungen ohne zusätzliche Plättchen oder Rechnerei sorgt. Hat man Weltkarte und Startformationen aufgebaut, wirkt das Spiel von Columbia Games nahezu schlicht. Aber unter der Oberfläche schlummert militärische Vielfalt: Sobald Caesar und Pompeius ihre ersten Züge machen, Legionen, Schiffe sowie Nachschub managen, öffnen sich immer mehr Möglichkeiten für Blockaden, Überfälle und Zangenbewegungen. Ein überaus empfehlenswertes Wargame!

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.

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