Mord und Totschlag im Jahr 1403
Wer brandschatzt so skrupellos, dass selbst Pferde nicht verschont werden? Wer nagelt denn Leute an Türen? Sind es brutale Banditen? Oder diese eingefallenen Ungarn? Ich mache mich im Auftrag des Burgherrn Sir Robard auf die Suche. Der einzige Hinweis: Ein Kerl namens "Reeky" soll etwas damit zu tun haben. Kaum schließt sich das Fallgatter hinter mir, zeigt der Blick vor mir sanfte Hügel, idyllische Wälder und einen kleinen Bach - dieser Landstrich existiert genau so im heuten Tschechien. Mit Pferd, Schwert und vielen Fragen reite ich gemächlich den Hang hinunter nach Talmberg. Trotz der Egosicht erinnert das zunächst an einen Ausritt mit dem Hexer auf Plötze in
The Witcher 3. Ich kann auch eine hübsch illustrierte regionale Karte öffnen und muss viele verborgene Orte erstmal entdecken. Die Ähnlichkeiten werden aber nicht all zu lange währen - nicht nur, weil die Farben dezenter ausfallen und keine Monster in Büschen lauern, sondern weil sich Kampf und Charakterentwicklung sehr stark unterscheiden und vor allem der Rhythmus hier wesentlich gemächlicher ist. Man hat fast das Gefühl, ein spazierendes Rollenspiel zu erleben.
In der Rolle des Schmiedesohns Heinrich soll man ein Verbrechen recherchieren. Man kann seinen Charakter über zig Fähigkeiten prägen.
Noch fehlt mir leider der wichtige Einstieg, so dass es schwer fällt, sich mit dem jungen Heinrich zu identifizieren - immerhin soll es in diesem Abenteuer auch um seine Heimat und seine Familie gehen, deren Mitglieder beim Einfall der Söldner von König Sigismund ermordet wurden. Man weiß eigentlich nur, dass man der einzige Überlebende und ein Schmiedesohn mit Rachegedanken ist. Außerdem hat man mittendrin natürlich kein Gefühl für die Lehnsverhältnisse in der Region. Wer übt hier welche Rechte aus? Wer ist wem verpflichtet? Diese gesellschaftlichen Zusammenhänge des 15. Jahrhunderts sind natürlich undurchsichtiger als der klare Gut-Böse-Kompass gewöhnlicher Fantasy. Daher folgt jetzt eine kurze Übersicht des politischen Status quo dieses Jahres 1403, damit ihr ein Gefühl für die Zeit bekommt.
Machtkonflikt zwischen Königen
Das Rollenspiel der Warhorse Studios entführt euch ins böhmische Spätmittelalter. Bei Erscheinen im Jahr 2017 wird das Spiel komplett auf Deutsch für PC, PS4 und Xbox One erhältlich sein.
Im Hintergrund des Rollenspiels tobt ein Machtkampf, der auf historischen Tatsachen des Spätmittelalters beruht. Der ungarische König Sigismund von Luxemburg (1368 - 1437), der übrigens den katholischen Drachenorden gründete, dem später ein gewisser Vlad II. Dracul (1395 - 1447) beitrat, fällt mit seinen Söldnern in Böhmen ein und nimmt seinen Halbbruder Wenzel (1363 - 1419) gefangen. Warum? Weil der nicht nur römisch-deutscher Kaiser, sondern auch gerade böhmischer König geworden ist. Dieser vierte Wenzel gilt unter Historikern als einer der schlechtesten deutschen Könige, ist als Tyrann, Paranoiker und Alkoholiker verschrien. Inwiefern wird man ihm oder seinem Bruder, der ja die Familie von Heinrich auf dem Gewissen hat, im Spiel begegnen?
Trutzige Burgen und idyllische Landschaften voller Wälder, Wiesen und Dörfer prägen die Kulisse.
Kein Wunder ist jedenfalls, dass dieser Wenzel auch bei den Einheimischen eher Abneigung hervorrief. Es ist zudem eine Zeit des aufkommenden nationalen Selbstbewusstseins unter den Böhmen und der militärischen Unruhen, die nicht nur mit dem Kampf gegen die Türken, sondern vor allem mit den religiösen Konflikten und Ketzervorwürfen unter Christen zu tun haben, die zu Mord, Hinrichtungen (Jan Hus wurde 1415 verbrannt) und Vertreibungen inklusive Kreuzzügen geführt haben - Stichwort: Katholiken gegen Hussiten. Die Warhorse Studios haben sich also eine überaus turbulente und spannende Epoche ausgesucht, in der Märtyrer, Nationalhelden wie Jan Zizka und sogar der Dracula-Mythos ihre Spuren hinterlassen haben. Es gibt theoretisch viele interessante und extreme Charaktere, die dramatische Entwicklungen versprechen. Innerhalb des beschaulich dahin fließenden Spiels der ersten Stunden konnte man davon - natürlich - noch nichts spüren. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Regie entwickelt und welche historischen Motive und Personen sie enger mit dem Schicksal des Protagonisten verknüpft. In der Beta ist man zunächst als eine Art Detektiv in den Dörfern und Wäldern unterwegs, um Spuren dieses "Riechers" zu finden. Der Kerl muss eine markante Nase haben...