Die Krux mit der Atmosphäre
Die andere wesentliche Essenz haben sie dafür beinahe komplett vernachlässigt: Atmosphäre und Spannung. Ja: Die Abschnitte sehen richtig schnieke aus. Auf allen Systemen kann man sich auf ansehnliche Partikeleffekte, prächtige Panoramen, gut aussehenden Nebel und fette Explosionen freuen. Auf Konsolen bei supersauberen 60 Bildern pro Sekunde, am PC mit seinen auch auf schwächeren Systemen gut abstimmbaren Skalierungsoptionen gibt es ebenfalls keine Klage. Dank der geringeren Ladezeiten sowie der akkurateren Steuerung sowie Waffenauswahl sehe ich die PC-Version unter dem Strich sogar leicht vorne. Doch egal ob auf Konsole oder PC zeigt id letztlich nur, dass sie es technisch nicht verlernt haben. Ganz böse Zungen könnten behaupten, dass die Kampagne von Doom eine der längsten und fordernsten Tech-Demos aller Zeiten ist. Erst spät, etwa im letzten Viertel, kommt nicht nur durch den an früher erinnernden Einsatz von Lichteffekten und der gezielt eingesetzten Akustik mehr Bedrohung in die Erforschung – auch wenn am Ende meist gar nichts passiert. Mitunter kann es aber auch vorkommen, dass man auf der Suche nach einem Geheimnis von einem kleinen Dämon angegriffen wird. Und genau auf diesen Momenten hätte id auch in der Anfangsphase aufbauen können. Man hätte dieses Doom mit nur geringem Aufwand an einen Punkt bringen können, in dem man nicht nur eine fette Ballerei ohne Sinn und Verstand inszeniert.
Die Kulisse ist schick und zeigt, dass id Tech wieder in der Lage ist, mit den Großen der Zunft mitzuhalten.
Man hat die Chance verstreichen lassen, den Spieler über das vorhersehbare Arena-Anforderungsprofil hinaus zu bedrohen. Und genau das haben Doom 1 und 2 seinerzeit mit mir gemacht. Kulisse und Akustik haben für damalige Verhältnisse ein spannendes Gesamtpaket ergeben, das hier zu kurz kommt und stattdessen durch temporär atemlose Action ersetzt wird. Etwas mehr Zutaten aus Doom 3 hätten Wunder gewirkt. Und damit lässt mich Doom in der Kampagne kälter als es eigentlich sollte. Zumal ich für mich in einigen Situation immer wieder entdeckt habe, dass die Serious-Sam-Mechanik des „Rückwärtsstrafens“ mitunter erfolgreicher ist als die eigentlich von id angepeilte und mit der Nachkampfmechanik sowie der Kettensäge unterstrichene aggressive Spielweise.
SnapMap: Baukasten mit Potenzial?
Dass Doom Anno 2016 auf Mod-Tools verzichtet, soll durch den integrierten
Der Baukasten ist komfortabel zu bedienen und liefert ansehnliche Ergebnisse.
Editor namens SnapMap kompensiert werden. Mit diesem komfortabel zu bedienenden Tool kann man ähnlich einfach wie bei den Streckenteilen von Anki Overdrive eine breit angelegte Auswahl an Räumen miteinander verknüpfen, um einen Level zu bauen. Man kann Lichtstimmungen ändern, kosmetische und bedienbare Elemente einsetzen und natürlich auch Gegenstände, Waffen und Monster platzieren. Über Schalter und Auslöser kann man Logikketten aufbauen, die dafür sorgen, dass bestimmte Ereignisse dieses oder jenes Ergebnis zur Folge haben. Zudem kann man die Gesundheit der platzierten Feinde manipulieren. Und selbstverständlich kann man jederzeit den Level auf Herz und Nieren testen, bevor man ihn der Community zur Verfügung stellt. Es gibt zahlreiche Vorgaben, an denen man sich entlanghangeln kann, ein ausführliches Tutorial und sogar ein paar Puzzle-Abschnitte, in denen man seine Kenntnisse im Umgang mit SnapMap unter Beweis stellen darf.
Hinsichtlich des Potenzials und der Einfachheit der Bedienung ist der Editor in jedem Fall interessant. Und es gibt bereits jetzt ein paar Level, die andeuten, was mit etwas
Sehr schön: Die erstellten SnapMap-Level kann man von jedem System anwählen.
Fantasie möglich ist. Neben den üblichen Doom-Revival-Abschnitten finden sich auch Reaktionstests, Bossmarathons oder Sprungherausforderderungen – und das systemübergreifend. Die hergestellten SnapMap-Karten, die je nach Einstellung nicht nur Solo-, sondern auch kooperatives Spiel erlauben, sind sowohl vom PC als auch von PS4 oder Xbox One zu erreichen. Allerdings ist man bei der Erstellung auf Innenräume angewiesen. Höllenpanoramen wie in der Kampagne werden zumindest aktuell nicht vom Editor unterstützt. Gleiches gilt für den Import eigener Texturen. Man ist auf die Vorlagen angewiesen. Ob die Community ähnlich kreativ wie bei LittleBigPlanet versucht, zunehmend die Genre-Grenzen zu sprengen, lässt sich natürlich noch nicht absehen. Dennoch ist SnapMap eine interessante Ergänzung der Doom-Erfahrung, auch wenn ich sie nicht wie Bethesda als gleichberechtigt zur Kampagne oder zum Mehrspieler-Modus sehe.
Ab ins Chaos
Doch nicht nur der Editor wird neben der Kampagne von Bethesda als eine der drei Säulen der Doom-Erfahrung gesehen. Auch der Mehrspielermodus spielt eine große Rolle. Und obwohl er unter dem Strich nicht viel anders macht als andere moderne Online-Auseinandersetzungen, fühle ich mich hier wohler als bei einem Star Wars Battlefront oder dem letzten Call of Duty – vielleicht, weil ich im Gegensatz zu den genannten Titeln tatsächlich mehr Erfolge verbuche als üblich.
Der Mehrspielermodus profitiert von der sauberen Kulisse, der Dynamik und der BFG...
Vielleicht, weil man hier als Dämon für massiven Schaden sorgen kann. Aber auch, weil mich die Dynamik ebenso wie in der Kampagne in das Geschehen zieht. Man muss ständig in Bewegung bleiben, wenn man auch nur den Hauch einer Überlebenschance haben will, so dass Sniper und Camper kaum triumphieren können. Hier wie da gibt es umfangreiche Personalisierung, die von Rüstungsteilen bis Einfärbung von Panzerung und Waffen reicht.
Selbstredend gibt es ein Levelsystem, das nach und nach neue Freischaltungen nicht nur kosmetischer Natur, sondern auch für Perks, Gimmicks und eigens konfigurierte Waffensets beinhaltet. Bei den Spielmodi gibt es neben den Standards wie Team-Deathmatch oder Vorherrschaft (auch als mobile Variante mit einer ständig in Bewegung bleibenden Verteidigungszone) wenig Überraschungen. Selbst die Seelenernte, bei der man die Gegner nicht nur töten, sondern auch ihre zurückgelassenen Seelen aufsammeln muss, erinnert an „Kill Confirmed“ aus Call of Duty. Zudem ist der Spaß hinsichtlich des Umfangs überschaubar: Sechs Modi auf neun Karten ist nicht die Welt. Hier ist erst mit den drei im Season Pass enthaltenen Add-On-Packs Aussicht auf Besserung. Dennoch wird Doom für mich als Gelegenheits-Online-Spieler erst einmal das präferierte Spiel sein – auch wenn die Lobby oberflächlich ist und einem nicht die Möglichkeit gibt, eigene Spiele zu erstellen...