Gegen den Ball arbeiten
|
Tolle Atmosphäre, starkes Lizenzpaket: FIFA 12 lässt die Bundesliga lebendig werden. |
Wo hakt es im Defensivverhalten? An Feinheiten: Die Verteidiger gehen von sich aus nicht konsequent genug auf den Mann. Natürlich kann man das immer manuell übernehmen, indem man auf den Gegner sprintet und ihn attackiert. Aber das reißt einen unnötig aus diesem neuen System, das im Ansatz alles richtig macht, dem jedoch ein flüssiger Übergang zum effizienten Tackling fehlt. Beim Abschirmen kann man den Abstand zum Gegner zwar über den Analogstick regeln, ihn vergrößern oder verkleinern – sehr schön, aber für die Katz. Dieses manuelle Annähern verpufft meist ohne Wirkung, denn man kann damit letztlich nicht nah genug ran und es gibt kein direktes Tackling aus der Abwartehaltung heraus. Man muss wie gesagt wechseln und dann manuell in den Gegner gehen. Daran kann man sich gewöhnen, aber es wäre wesentlich intuitiver, wenn man einfach über den Stick einen Zweikampf einleiten könnte.
Auch dem Pressing fehlt der Biss, denn der zweite Verteidiger ist zu passiv: Wenn man diesen auf den Ballführenden schickt, erinnert das eher an Begleitschutz denn an Druck. Es wäre klasse gewesen, wenn man diesen zweiten Mann z.B. über nochmaliges Aktivieren der Schultertaste oder Ähnliches zu einem spontanen Tackling hätte animieren könnte. So ist man letztlich darauf angewiesen, dass der eigene Verteidiger irgendwann mal auf die Idee kommt, wirklich in den Mann zu gehen – wenn er das tut, ist auch alles okay. Aber der Zeitpunkt scheint oftmals willkürlich und korrespondiert leider nicht mit einer aktivierten Pressingtaktik. Wie klasse wäre es, wenn diese automatisierte Aggressivität parallel zum gewählten Defensivverhalten ab- oder zunehmen würde!
Hier hat EA noch einiges an Feintuning für FIFA 13 vor sich, aber unterm Strich ist das neue defensive System ein Schritt in die richtige Richtung. Es macht unheimlich Spaß, sich im Raum auf den Gegner einzustellen und man freut sich über die gewonnene Zeit im Spielaufbau. Man will die alte Steuerung gar nicht mehr zurück haben, was aber seltsamerweise möglich ist: In Offline-Spielen kann man die taktische Defensive deaktivieren – dann fühlt sich das Spiel allerdings nur noch an wie ein Update und man hat auch einen unfairen Vorteil, weil die Verteidigung zu einfach ist. Gut, dass man diese ungerechten gemischten Duelle nicht in gewerteten Online-Spielen zulässt: Da ist das neue taktische System Pflicht.
Offensive mit Schwächen
|
Leider kann die Offensive nicht immer begeistern: es geht manchmal zu lethargisch nach vorne. |
Dass man auf dem Platz sehr guten Fußball inszeniert, aber noch keine ausgezeichneten Regionen erreicht, liegt auch an der Lethargie in der Offensive. Ihr fehlt es an frischer Kraft und Qualität. Denn sie wurde im Vergleich zur stark verbesserten Defensive bei der Entwicklung scheinbar etwas stiefmütterlich behandelt - und zwar sowohl hinsichtlich der Schusstechniken als auch des Laufverhaltens. Das Spiel nach vorne leidet nicht immer, aber zu oft unter einer Trägheit, die mit modernem Angriffsfußball wenig gemein hat. Die eigenen Spieler laufen sich zu selten frei und man vermisst schnelle Tempowechsel über druckvolle Zuspiele. Das kann nur zum Teil daran liegen, dass die hohen tödlichen Pässe in die Tiefe jetzt besser antizipert und abgefangen werden. Man hat auch das Gefühl, dass sie einfach zu lange und zu hoch in der Luft hängen – dabei will man sie mit mehr Schmackes nach vorne in den Lauf schlagen.
Man beobachtet etwas zu oft, dass man selbst bei einer Kontertaktik nach einer Balleroberung zu wenig automatisierte Unterstützung der Mitspieler bekommt; sie traben manchmal gleichmäßig mit, ohne wirklich in die Spitze zu stürmen. Das müssten sie viel öfter von sich aus so tun, wie man es ja manuell über die Schultertaste einleiten kann – dieser Wink mit dem Zaunpfahl ist neben einer Anpassung der taktischen Optionen oftmals der einzige Weg, um einen vorne platzierten Stürmer zum Vollsprint in die Tiefe zu bewegen. Wer radikale Tempowechsel à la Hannover 96 fahren will, die laut Slomka nach der Balleroberung in der eigenen Hälfte maximal zehn Sekunden bis zum gegnerischen Tor benötigen sollen, wird das hier selten, aber in PES regelmäßig umsetzen können.