Ab in die virtuelle Realität!
Leider verzichtet Entwickler Sector D2 nur auf eine gute Joystick-Unterstützung, weshalb selbst weit verbreitete HOTAS-Modelle im Grunde ignoriert werden. Als Windows-Eingabegeräte kann man sie zwar verwenden und ihnen per Hand alle wichtigen Funktionen zuweisen. Entsprechende Voreinstellungen gibt es aber nicht. Nahezu einwandfrei funktionieren dafür VR-Headsets, bei deren Nutzung außerdem Menüs und HUD sowie die Steuerung so angepasst wurden, dass man per Knopfdruck etwa nicht von Innen- auf Außenansicht wechselt, sondern das Bild zentriert.
Und das ist ein Segen, denn gerade das virtuelle Fliegen profitiert enorm von der Virtual Reality! Tatsächlich ist VR die Plattform, auf der man Project Wingman erst „richtig“ erleben kann. Mit dem freien Umsehen rutscht man ja nicht nur tiefer in den Pilotensitz, es erleichtert auch die Navigation und Zielerfassung und macht das schnelle Abschießen der Raketen oft überhaupt erst möglich. Gelegentliche Einbrüche der Bildrate sind zwar ärgerlich und ich musste mit Oculus Rift die Post-Processing-Effekte minimieren, weil ich aufgrund eines Grafikfehlers sonst nicht einmal das Flugzeug auswählen kann. Alles in allem funktioniert das Fliegen in VR aber hervorragend – was nicht zuletzt daran liegt, dass man im Gegensatz zu in Ace Combat 7 das komplette Spiel unter dem Headset verbringen darf.
Taktisch flach
Anders als bei Ace Combat hat man außerdem vor jedem Einsatz die Wahl, welchen Flieger man eigentlich nutzen will und welche Luft- und Bodenwaffen er an Bord haben soll. Immerhin mimt man einen Söldner, dessen Geldbeutel nach jedem erfolgreichen Einsatz dicker wird. Nun dient dieser Lohn ausschließlich zum Freischalten weiterer Maschinen, während man einem geradlinigen Missionsstrang folgt. Trotzdem bin ich für die kleinen Freiheiten ebenso dankbar wie für taktische Überlegungen, da man seine Flugzeuge nicht beliebig bestücken kann, sondern jedes eigene Einschränkungen hat...
Project Wingman wurde über weite Strecken im Alleingang entwickelt. Von Epic Games und per
Kickstarter erhielt Abi Rahmani allerdings Unterstützung, bevor er sein Projekt Ende 2020 schließlich auf
Steam und
GOG veröffentlichte.
Die vor einigen Jahren erschienene
Demo stammt zwar aus einer Alpha-Fassung, bietet aber einen vielsagenden ersten Eindruck.
... wobei die meisten Unterschiede unterm Strich sehr gering ausfallen, sodass sich die Abwechslung letztlich in Grenzen hält. Und das trifft leider auch auf sämtliche Missionsziele sowie Entwicklungen in den Einsätzen zu. Man ist ja stets in sehr kleinen Arealen unterwegs, weshalb ich immer wieder mal den Hinweis lesen musste doch bitte ins Einsatzgebiet zurückzukehren. Dort bekommt man es fast immer mit einer viel zu großen Anzahl an Bodenzielen sowie feindlichen Fliegern zu tun, die schön vorhersehbar in Wellen eintreffen. Überraschende Ereignisse gibt es praktisch keine – dafür Start- und Landesequenzen, die nicht im eigentlichen Einsatz stattfinden, sondern als eine Art Minispiel, das extra geladen werden muss.
Das freie Bestücken der Flugzeuge verleiht dem Spiel zwar einen taktischen Einschlag, allzu groß sind die Unterschiede zwischen den meisten der Jets allerdings nicht. Auch den Missionen mangelt es leider an Abwechslung. (PC)
Zu allem Überfluss darf man Flügelleuten nicht einmal rudimentäre taktische Anweisungen erteilen, weshalb man sich nie als Mitglied seines Teams fühlt und vor allem den Verlauf eines Gefechts nicht effektiv beeinflussen kann. Eine allzu große Unterstützung stellen die Kameraden ohnehin nicht dar, da sie nur wenige Abschüsse verzeichnen und nach dem Zerstören aller gegnerischen Flieger nicht einmal zügig die restlichen Fahrzeuge und Stellungen am Boden beseitigen. Durch all das büßt Project Wingman leider schon an Schwung ein, wenn man sich gerade eingespielt hat. So gut die Basis funktioniert, so „klein“ wirkt das restliche Spiel über weite Strecken.
Die moderne Endlosschleife
Umso besser, dass man sich die Zeit auch damit vertreiben kann bereits abgeschlossene Missionen noch einmal zu erleben – wahlweise sogar mit oder komplett ohne Gegner. Noch wertvoller ist allerdings der Eroberungs-Modus, in dem man sich wie in einem Roguelike von einem Einsatzgebiet ins nächste vorarbeitet und wo einige Elemente anders funktionieren als in der Kampagne. Weil jeder Tod etwa ein endgültiges Ende ist und die Gefechte stetig anspruchsvoller werden, investiert man hier verdientes Geld in zusätzliche Begleiter sowie Hardware-Upgrades.
Gleichzeitig steigern erfolgreiche Aufträge das Prestige, mit dem man in diesem Modus Flugzeuge freischaltet. Sowohl diese als auch das Prestige bleiben dabei dauerhaft erhalten, weshalb man mit deutlich besserem Material in spätere Eroberungs-Kampagnen startet, was der Motivation natürlich guttut. Inhaltlich ist auch die Roguelike-Variante also nur ein immer schwerer werdender Wellen-Modus, der das immer Gleiche im Rahmen seiner Möglichkeiten aber auflockert.