„Also gut, einigen wir uns auf unentschieden.“
Nicht, dass das heute anders wäre, aber im Mittelalter möchte ich auf keinen Fall dabei gewesen sein, wenn die Herren Fürsten und Könige mal wieder für ein paar Hektar Land ihr Volk aufeinander hetzten. Das konnte nämlich gar nicht anders enden als in Eintöpfen aus Fleisch und Gedärm. So schnell wie sich da von irgendwo ein scharfes Eisen in den Körper bohrte, man Blut bespritzte Rüstungen kaum voneinander unterscheiden konnte und aus dem Nichts auch noch scharfe Pfeile geflogen kamen – dazwischen das Schreien und Stöhnen mal mehr, mal weniger gelernter, auf jeden Fall ums nackte Überleben ringender Opfer, die eine Brücke halten, ein Dorf anzünden, Gold stehlen oder ihren Herzog beschützen müssen: Wer Braveheart gesehen hat, kann sich in etwa vorstellen, was einen da erwartet hat. So stellt es Chivalry 2 jedenfalls dar.
Nur sieht man hier eben auch, wie sich ein paar Gegenspieler auf Katapulte setzen und sich so über die halbe Karte teleportieren. Bringt überhaupt nix! Geht aber. Einige schnappen sich auch Fässer, um sie Feinden auf die Köpfe zu wuchten. Oder man schmeißt Widersachern einen Fisch – ja, einen Fisch – entgegen, den man am Marktplatz aufgegabelt hat. Man setzt eine Art Karussell in Gang, dessen Arme unaufmerksame Feinde watschen, macht blöde Sprüche, lacht gellend auf und freut sich dabei über eine Stimme, die nach heldenhaftem Crescendo plötzlich bricht oder vom ersten Moment an schon erbärmlich krächzt.
Groteskes Chaos: Mit der sprichwörtlichen Ritterlichkeit hat Chivalry 2 wenig zu tun. (PS4)
Es gibt Momente, in denen man einem überlegenen Gegner in allergrößter Not einfach das Schwert an die Stirn schmeißt und ich habe erlebt, wie es dort steckenblieb, während der arme Kerl zu Boden sackte. Ich habe es ihm daraufhin wieder aus dem Hirn gezogen und damit weiter gekämpft. Und ja: Man brüllt tatsächlich bei jedem Respawn aus voller Kehle – und dann gleich noch mal und noch mal, bevor man sich erneut in das chaotische Getümmel stürzt. Ich hätte es wirklich nicht gedacht, aber Chivalry 2 inszeniert die groteske Grausamkeit mit einem so treffsicheren Humor, dass man nicht umhin kommt Monty Python zu zitieren.
Ach ja, die Story: Krieg, Mittelalter, Multiplayer, Punkt.
Nein, es gibt sogar einen erzählerischen Hintergrund. Der frei erfundene Mason-Orden und die ebenso fiktiven agathischen Ritter tragen einen Konflikt aus, wie sie es im
Vorgänger sowie der ursprünglichen Half-Life-2-Modifikation
Age of Chivalry bereits taten – was allerdings schon deshalb keine echte Rolle spielt, weil es abseits von Tutorial und Training gegen die KI nicht einmal den Ansatz weiterführender Solo-Inhalte gibt. Ihr müsst nur wissen, dass hier die Roten gegen die Blauen kämpfen und evtl. die Seite wechseln, falls eure Freunde mal wieder beim Gegner starten.
Denn Chivalry 2 ist ein grob an Battlefield angelehntes Schlachtgemälde für bis zu 64 Teilnehmer, die sich entweder im Team Deathmatch so lange die Rüben einschlagen, bis dem ersten Team die begrenzten Leben ausgehen, oder bis die Angreifer in einem missionsbasierten Einsatz eine Reihe an Zielen erfüllt haben, wovon sie die Verteidiger natürlich abzuhalten versuchen. Beide Modi befinden sich in einem Pool, aus dem der nächste Einsatz vom Zufall bestimmt wird, wobei die missionsbasierten Karten die deutlich interessanteren sind.