Ker-wer?
Allzu schönes Tennis ist es ja nicht, was man zu sehen bekommt, denn wie schon in
AO International Tennis hält sich der Wiederkennungswert vieler Profis in Grenzen. Monfils, Kyrgios und Nadal sowie Pliskova oder Barty sehen den Originalen halbwegs ähnlich, aber bei Kerber war ich etwa ganz froh, sie über den Namen und nicht das Gesicht auszuwählen. Sind die Wachsfiguren für sich genommen schon weit entfernt vom Fotorealismus, wirken spätestens ihre Bewegungen ungelenk, die Mimik sogar ausgesprochen starr. Außerdem ragen Teile des Körpers durch die Kleidung hindurch, während sich das Shirt schon mal in den Haaren verfängt und damit den Rücken freilegt.
Viele Einspieler zwischen den Ballwechseln sind gelungen - wiederholen sich aber schnell und offenbaren oft auch technische Schwächen.
Ähnliches gilt für die detailarmen Tennisplätze, hinter denen teils erschreckend hässliche Hochhaus-Tapeten kleben, auf denen man weltweit stets dieselben Offiziellen trifft und wo sowohl Bälle als auch Spieler nicht einmal im Sand Spuren hinterlassen. Auf PC darf man zudem wie im Vorgänger schon keine Grafikeinstellungen in laufenden Partien vornehmen. Seltsam auch, dass die Schiedsrichter relativ viele Spieler beim Namen nennen, manchmal aber auch nur "Server" oder "Receiver". Das monotone Zuschauerrauschen tobt nicht zuletzt selbst auf kleinen Plätzen so stürmisch, als würden ein paar tausend Gäste auf den Rängen sitzen.
Mit Schwung nach Melbourne
Vergesst außerdem nicht, dass hier nur die Australian Open nachgeahmt werden. Kein anderes Turnier steht im Kalender. Natürlich kann man die Arenen in Paris, London und New York eindeutig zuordnen. Ganz großes Tennis legt Entwickler Big Ant Studios aber nicht auf. Die Plätze in Melbourne, allen voran die Rod Laver Arena, werden dafür allerdings recht überzeugend abgebildet, sodass wenigstens dort Stimmung aufkommt.
Und als ich die ersten Partien des großen Turniers gespielt habe, war ich auch zunächst sehr angetan! Big Ant hat den Spielfluss nämlich durch kleine Veränderungen so verbessert, dass man viele Bälle sicherer als im Vorgänger übers Netz bringt und damit schneller in einen schwungvollen Flow kommt. Ich habe die Schwierigkeit jedenfalls relativ früh erhöht, was ein gutes erstes Zeichen war...
Tennis der individuellen Art
Schade, dass man auch auf Sand challengen kann - grundsätzlich aber gut, dass es geht.
... nur das die Freude über den gelungenen Einstieg nicht lange anhielt. Immerhin wollte ich möglichst schnell eine Karriere starten, um aus meinem unbekannten Alter Ego einen Superstar zu machen. Trotz der unhandlichen Menüs hat man dabei viele Möglichkeiten beim Erschaffen neuer Profis. Man legt ja nicht nur die üblichen Details an Kleidung und Aussehen fest, sondern kann auch einen der zahlreichen Nachnamen wählen, die den Schiedsrichtern bekannt sind.
Auch Plätze kreiert man selbst, um sie wahlweise mit anderen Spielern zu teilen. Das hat zwar den Nachteil, dass manche Online- und auch Karriere-Matches auf den teils detailarmen Umgebungen anderer Spieler ausgetragen werden, grundsätzlich sind die vielen Möglichkeiten das Spiel zu erweitern aber hervorragend. Man erstellt ja auch Herausforderungen sowie Listen mit Spielern, die u.a. Nachbildungen realer Profis enthalten könnten. Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis geduldige Menschen ähnlich wie in
PES fehlende Lizenzen nachtragen.
Auf dem Platz folgt AO Tennis 2 schließlich dem gängigen Prinzip, dass man per Tastendruck Topspin, Slice, Drive oder Lob auslöst sowie bei gehaltener Schultertaste risikoreiche Schläge wie Stopps ausführt. Toll ist, dass man jede Entscheidung der Linienrichter challengen kann (leider auch in Paris) und die vom Spiel gesteuerten Kontrahenten ebenfalls davon Gebrauch machen. Klasse außerdem: Nach den meisten Ballwechseln darf man sich für eine positive oder negative Reaktion entscheiden. Meist führt das Alter Ego ohnehin eine halbwegs passende aus, man kann das also getrost ignorieren. Ich finde diese Art des Einbringens aber großartig.