Ungewöhnlich erzählstark
Und sie leisten gute, wenn auch vorhersehbare Arbeit, wenn sie es mir erlauben, Waffen nach erfolgreichen Kämpfen aufzurüsten. Das dürfte der Langzeitmotivation gut tun, weitere Individualisierungen sind allerdings nicht erlaubt. Auch die Wahl des Charakters hat nur äußerliche Auswirkungen. Digital Extremes nennt zwar unterschiedliche Hintergrundgeschichten sowie unterschiedliche Kommentare aller Figuren zu den Geschehnissen im Spiel als individuelles Merkmal der virtuellen Kämpfer - ich bezweifle allerdings, dass sie aufgrund solcher fast schon selbstverständlicher Feinheiten als glaubwürdige Personen greifbar werden. Die Frage bleibt ohnehin: Warum treten die Splicer überhaupt in Arena-Gefechten an?
Die Scharmützel sind nichts weiter als Versuchsreihen, an denen eine Hand voll Einwohner teilnehmen. Und womit experimentieren die Ärzte auf dem Meeresboden? Mit Adam natürlich! Noch bevor Jack vor zehn Jahren die pompösen Hallen betrat, fanden brutale Versuche statt, deren Erfolg an den Abschüssen pro Gefecht gemessen wurde. Eine Geschichte für einen Mehrspieler-Modus?
Eine gute Idee!
Neu in Rapture: Jetzt werden auch Mehrspieler-Gefechte in dem maroden Retropolis ausgetragen. |
Zumal auf diese Weise Tagebücher und andere Aufzeichnungen ein wenig Licht in die Historie um Andrew Ryans Vermächtnis bringen sollen.
Im Mittelpunkt steht aber natürlich der Kampf, und so gibt es
insgesamt sieben Spielmodi, in denen sich bis zu zehn Spieler in einer von zehn Arenen begegnen. U.a. gehen sie dabei frei aufeinander los, machen in Teams Jagd auf Adam oder müssen eine Little Sister sicher ans Ziel bringen, während das andere Team genau das verhindern soll. Unter den Beschützern befindet sich dabei genau ein Big Daddy - wer in die Taucherglocke schlüpft, wird vom Zufall bestimmt. Big Daddys dürfen zwar nur eine Schusswaffe mit geringer Feuerrate nutzen, richten bei Treffern sowie im Nahkampf allerdings enormen Schaden an und stecken selbst viel ein. In anderen Spielvarianten gibt es die Big Daddys übrigens auch. Dann wird die Rollenverteilung allerdings nicht dem Zufall überlassen; vielmehr taucht irgendwann irgendwo ein unbenutzter Taucheranzug auf und wer am schnellsten ist, schnappt sich das kampfstarke Kostüm. Man muss aber nicht Big Daddy sein, um sich einen Vorteil zu verschaffen: Man kann auch die Leiche eines Mitspielers fotografieren, um die Effizienz der eigenen Waffen gegen diesen einen Spieler zu erhöhen. Das und die Möglichkeit, Geschütztürme zu hacken (das Halten eines Knopfes reicht im Online-Kampf), die Widersacher automatisch unter Beschuss nehmen, verleihen den Gefechten eine angenehme taktische Note! Nur der Verlust jedes fotografierten Bonus nach jedem Ableben hat mich bald davon abgehalten, die Fotos überhaupt erst zu schießen. So gut der Einfall auch ist; ich fürchte, dass starke Spieler dadurch nur stärker werden, schwache Spieler aber umso leidensfähiger sein müssen.
Du siehst mich nicht!
Dennoch bleiben die Arena-Kämpfe auch Einsteigern zugänglich, denn jeder Teilnehmer darf nur zwei Waffen sowie zwei Plasmide pro Kampf verwenden. Selbstverständlich darf man die Zusammenstellung jederzeit ändern. Das ist aber nur im Menü möglich und kostet Zeit. Der Vorteil: Man behält stets die Übersicht über seine Möglichkeiten und kann exklusive Plasmide in Ruhe ausprobieren. So kann man mit einem kurzen Boost binnen einer Sekunde mehrere Meter überwinden oder sich unsichtbar machen - die fiesen Houdini Splicer lassen grüßen! Es ist ein interessantes Experimentieren, das durchaus Erinnerungen an das weckt, was ich als Solist in Rapture erlebt habe. Es ist aber auch ein sehr schnelles und entsprechend wirres Herumrennen in einer Welt, die nie für rasante Multiplayer-Gefechte konzipiert war. Sie wirken aufgesetzt und bis auf das Verbessern der Waffen fehlt es ihnen an Tiefe. Ich bezweifele außerdem, dass Gefechte mit höchstens zehn Spielern und in engen Räumen heute zeitgemäß genug sind, um auf lange Sicht zu motivieren.
So oder so: Mir hat das Herz geblutet, als ich mir mit fünf weiteren Spielern wie ein Irrer Blei und Plasmide um die Ohren geschmissen habe. Natürlich betont Digital Extremes im Interview, dass sie auf die Kritik der Fans gehört haben - oder vielmehr auf jene Spieler, die ohne Mehrspieler-Teil keine Fans werden wollten. Es spielt für meine Einschätzung keine Rolle: Aber muss man ein so grandioses Szenario dem Kommerz zum Fraß vorwerfen, nur weil einige Spieler Kritik an einem erfolgreichen Vorgänger äußern? Muss man der Mona Lisa einen Hut aufmalen, weil ich und zehn meiner Kumpels ihr eine Kopfbedeckung wünschen?