Intensives Arenagefühl
Weil die Kamera wie ein Rabe über der Schulter des Spartaners hockt, entsteht ein Arenagefühl mit hoher Intensität. Das liegt natürlich daran, dass man nicht alles von oben im Blick hat: Man wird ständig umzingelt, es tauchen Feinde von allen Seiten auf. Es sind deutlich weniger als in bisherigen Teilen, man muss sich auch etwas eingehender mit den Schwächen spezieller Feindtypen beschäftigen, aber phasenweise gibt es auch das bekannte Buttonmashing. Zwar gelingt es Sony Santa Monica nicht immer, aber weitgehend das Chaos zu verhindern, so dass ein angenehmer taktischer Flow entsteht.
Kratos kann seinem Sohn direkte Befehle geben und seine Fähigkeiten entwickeln.
Das hat zwei Gründe: Zum einen kann man Feinde fixieren und die Ziele komfortabel wechseln - von denen es durchaus mal ein halbes Dutzend oder mehr gibt. Zum anderen zeigen Pfeile in drei Farben an, von wo Kratos welche Gefahr droht. Weiß bedeutet, dass sich jemand nähert, aber noch nicht in Reichweite ist; Rot bedeutet, dass eine Attacke kurz bevor steht; Lila bedeutet, dass ein Projektil, egal ob Pfeil oder Magie, heranrauscht. Warum hilft das? Weil sich Kratos bei Weiß theoretisch noch Zeit mit der Kombo für den aktuellen Feind lassen kann, während er bei Rot oder Lila schon "blind" verteidigen oder ausweichen kann - entweder per Seitwärtsrolle, Doppelschritt oder Schildeinsatz. Obwohl diese Warn-Mechanismen für Übersicht sorgen, kann es allerdings hektisch werden, wenn Kratos schwer verwundet wird.
Plumpe Heilung, coole Axt
Im Kampf entsteht ein intensives Arenagefühl.
Das liegt am etwas plumpen Heilprinzip, denn der Spartaner muss aus einem Gefecht heraus zu einem grün leuchtenden Trank bzw. Stein laufen, der ihm bei manueller Aufnahme etwas Lebensenergie spendet - da hat mir das Prinzip der automatisch aufgesaugten Blutorbs, die in ihrer grünen Form heilten, besser gefallen. Das Problem: Man kommt in der Hitze des Kampfes manchmal nicht so einfach aus der Zielfixierung des Gegners, so dass man sich nicht schnell genug umdrehen und zum Stein rennen kann. Aber diesem potenziellen Festhängen kann man über etwas mehr Steuerungsroutine natürlich abhelfen. Und ich kann mir vorstellen, dass man sich letztlich gut daran gewöhnen kann. Apropos: Die Steuerung bietet eine lobenswerte Fülle an Aktionen und Kombinationen, so dass man sich von Nah- bis Fernkampf und Runenmagie austoben kann, die für Vereisungen, Wirbelwinde & Co sorgen. Neben der Gesundheit sollte man Kratos' orange Wutanzeige im Auge behalten, die man vor allem mit waffenlosen Fausthieben und Tritten fast wie ein Mixed-Martial-Arts-Athlet auf Speed schneller auffüllen kann. Erreicht sie ihr Maximum, darf man über L3 und R3 den spektakulären Wutmodus aktivieren, in dem man je nach freigeschalteten Fähigkeiten für verheerenden Schaden in der ganzen Umgebung sorgen kann.
Man kann nicht nur mit dem Schild blocken, sondern im richtigen Moment den Gegner kurz taumeln lassen und einen Konter daraus machen - der Erfolg wird ähnlich wie in bisherigen Teilen oder aktuell in Dark Souls von einer Melodie begleitet. Neben einfachen und schweren Hieben, die man beim Halten der Taste aufladen sowie in zig Kombos variieren kann, ist vor allem der gelungene Axtwurf mit seiner verzögerten Bumerangfunktion sehr nützlich. Kratos kann sie werfen, dann bleibt sie
Wie sich die Vater-Sohn-Beziehung entwickelt, kann man nach den ersten Stunden noch nicht absehen.
erstmal stecken und er muss sie manuell über Dreieck zurückrufen. Wartet er so lange damit, bis zwei oder mehr Feinde in der Fluglinie stehen, triftt er sie alle - das ist richtig cool. Schön auch, dass diese Würfe bei Bossen auf verwundbare Stellen ebenso nützlich sind wie als Aktivierung von Schaltern. Schade jedoch, dass Kratos auch im Kampf nicht springen kann. Gerade als man bei einem der ersten riesigen Trolle etwas höher gelegene verwundbare Stellen sieht, hätte man sich das mit Anlauf und Absprung zum Hieb gut vorstellen können. Es wird übrigens vier Schwierigkeitsgrade geben: "Story", "Ausgeglichen", "Herausforderung" sowie freischaltbar "God of War". Die von uns gespielte zweite Stufe sorgte im Vergleich zu den Klassikern schon für etwas höheren Anspruch, so dass man auch mal bei mittleren Gegnern das Zeitliche segnete.
Rätselansätze und Charakterentwicklung
Es gab in den ersten Stunden einige leichte Rätselsituationen, in denen man z.B. Zugbrücken herunter lassen oder Durchgänge frei machen musste, indem man Zahnräder oder Drehsäulen korrekt aktivierte und dabei rechtzeitig die Axt warf. Das sorgt für Abwechslung und Ruhephasen, aber noch bleibt abzuwarten, ob das anspruchsvoller wird. Auch das Crafting
Bisher konnten wir nur wenige Abschnitte der nordischen Spielwelt erkunden.
wurde lediglich in Ansätzen deutlich: Man kann z.B. Griffe & Co der Axt austauschen. Findet Kratos mächtige Runen wie etwa "Hels Berührung", kann er diese in Waffenslots stecken und damit magische Angriffe auslösen, die sich verstärken lassen - etwa einen schnellen Ausstoß von Energie, der Gegner ins Taumeln bringt auf der ersten Stufe. Hat man genügend XP, kann man die zweite Stufe freischalten, die dann für Betäubungen sorgt. Die Auswahl scheint zu Beginn recht groß, so dass sich eine hohe taktische Vielfalt mit persönlichen Kampfstilen ergeben könnte.
Überhaupt hat man mehr Raum für die Entwicklung der beiden Charaktere, so dass man sich fast wie einem Action-Rollenspiel vorkommt: Kratos startet auf Level 1 mit 100 Lebenspunkten sowie lediglich sechs Punkten auf Stärke und sieben auf Abwehr. Seine Werte für Runen, Vitalität, Glück und Abklingzeit liegen noch auf null und können separat erhöht werden. Man kann nicht nur Kratos in den Bereichen Waffen, Rüstung (Brust, Arm, Hüfte, Talisman) sowie Fähigkeiten in vielen Unterbereichen wie Schild-, Rage-, Nah-, Fern- oder Runenkampf entwickeln, sondern auch Atreus. Man hat also die Wahl, ob man seine eigene direkte Defensive oder Schlagkraft erhöht oder ob man die indirekten Unterstützungen des Jungen verbessert, damit er z. B. jene Feinde attackiert, die Kratos besonders gefährlich werden können oder andere länger bindet. Ich bin gespannt, ob sich daraus vielfältige Spielstile ergeben.