Lovecraft lässt grüßen
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Villen das Wahnsinns (Mansions of Madness) ist komplett auf Deutsch für knapp 60 Euro beim Heidelberger Spielverlag erschienen. |
Die Inspiration für dieses Brettspiel sammelte Corey Konieczka in der Welt von H.P. Lovecraft: Man soll dem Schrecklichen, dem Fremdartigen und vor allem dem Wahnsinn begegnen. Daher hat der fleißige Autor (
Battlestar Galactica,
StarCraft, Runewars, Tide of Iron) einen erzählerischen Rahmen um das komplexe Regelwerk gespannt, der an Pen & Paper-Rollenspiele erinnert – dazu gehören auch vorgelesene Texte. Man soll nicht nur einen Zug nach dem anderen machen, sondern eine Reise ins Unheimliche antreten. Ist ein subtiles Horrorerlebnis am Tisch überhaupt möglich?
Ja, aber nur wenn man Vorbereitungen trifft. Man sollte die clevere Spielmechanik exakt beherrschen, sonst zerbricht die Story, denn das ist kein Dungeon-Crawler à la
Doom - Das Brettspiel. Man sollte zudem bei Dunkelheit spielen und evtl. im Hintergrund unheimliche Klänge laufen lassen. Hört sich kitschig an, hilft aber. Und ein Abtauchen gelingt noch besser, wenn man die fünf vorbereiteten Geschichten in einer Gruppe spielt, die den Cthulhu-Mythos zwar nicht kennen muss, aber dessen spezielles Flair außerweltlichen Schreckens und schleichenden Wahnsinns mögen sollte.
Aber wenn man vorbereitet ist und sich auf die Geschichten einlässt, entwickelt Villen des Wahnsinns eine spannende Sogwirkung, die einen für ein paar Stunden verschlucken kann. Dazu tragen die vorbildliche offene Struktur, die Rätsel, die Fertigkeitsproben, die Schockauswirkungen, die stimmungsvollen Texte und das edle Material bei.
Prall gefüllte Horrorbox
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Man braucht viel Platz für den Spielaufbau - die Box ist prall gefüllt mit edel illustriertem Material. Man kann sehr gut zu zweit und maximal zu fünft loslegen. |
Der Preis von knapp 60 Euro ist angesichts des Inhalts gerechtfertigt: Schon das Auspacken macht Spaß, denn man findet von der Türschlosskarte über die Rätselplättchen bis hin zu den 15 beidseitig bedruckten Spielplanteilen erstklassig designte Motive. Das Artdesign erreicht eine Qualität, die man sonst nur von
Arkham Horror kennt.
Die knapp 350 (!) farbigen Karten laden mit ihren Zeichnungen und Texten schon vor dem ersten Abenteuer zum Stöbern ein. Es kommt umgehend Herrenhausflair auf, wenn man große Teile wie das "Foyer" auslegt, auf denen man von oben auf schwarzweiße Mosaikfliesen und den Treppenaufgang schaut. Der Spielplan wird modular zusammen gestellt, so dass zig Gebäudekombinationen möglich sind - inkl. Keller, Höhlen und Außenareale wie der Garten.
Das Highlight sind die Figuren: Acht Ermittler und 24 Monster, darunter Kultisten, Hexen, Zombies, Chtonier und Shoggothen warten auf ihren Einsatz und können später optimal bemalt werden - keine Grate, stabile Formen.
Sehr nützlich: Sie werden auf Basen gestellt, in die man auch ihre Monsterkarten schiebt, so dass man ihre Aufmerksamkeits- und Horrorwerte immer im Blick hat. Denn sobald ein Spieler auf diese Wesen trifft, muss er vor irgendeinem Kampf erstmal seine Angst besiegen und eine Probe gegen seine Willenskraft ablegen, indem er einen Zehnerwürfel wirft. Scheitert er, wird seine geistige Stabilität um einen Punkt verringert. Wie viele Lebenspunkte und welche Spezialangriffe die Monster haben, erfährt man erst, wenn man sie umdreht - das dürfen Ermittler allerdings erst dann, wenn sie Schaden verursacht haben.
Heldenerschaffung in Varianten
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Welcher Held soll es sein? |
Es dauert einen Abend, bis man die prall gefüllte Box mit ihren neun Stanzbögen geleert, den grundlegenden Aufbau mit allen Plättchen vorbereitet sowie die Spielmechanik in Grundzügen verinnerlicht hat. Aufgrund des stimmungsvoll bebilderten Materials bekommt man in dieser Phase schon richtig Lust auf die erste Geschichte "Der Fall des Hauses Lynch". Und spätestens wenn man durch die beiden großformatigen Hefte „Bewahrerhandbuch“ und „Ermittlerhandbuch“ blättert, kommt Rollenspielflair auf.
Immerhin gibt es auch eine Art Charaktererschaffung, wobei man für jede Figur nochmal anders kombinieren kann. Sprich: Wer mit Jenny Barnes, Joe Diamond oder einem anderen der acht Helden liebäugelt, kann zwischen unterschiedlichen Anfangswerten (je zwei Sets für Intelligenz, Willenskraft, Wissen, Glück sowie für Stärke, Treffsicherheit, Geschicklichkeit) und Ausrüstungen wählen. Je nach Kombination startet man mal mit einer Maschinenpistole, mal mit einer Lupe oder einem Mikroskop. So lassen sich eher kämpferische oder investigative Charakterzüge betonen.