Alptraumhafte Odyssee
Video:
Silent Hill entführt in eine offene Welt des Horrors - hier die ersten zwölf Minuten.
Es sind zu viele – drei, vier oder fünf. Sie kreischen wie Furien aus der Hölle. Und sie sind verdammt schnell. Murphy rennt weg, einfach geradeaus die Straße runter. Immer weiter. Vielleicht findet er einen Unterschlupf, irgendeine Kaschemme? Aber die Chancen stehen schlecht, denn die meisten Häuser in diesem vernebelten Kaff sind verbarrikadiert. Er versucht sein Glück, hetzt ein paar Stufen hinauf. Mist, die Tür bleibt schon wieder zu. Er joggt weiter. Wohin eigentlich? Wie kommt er bloß aus dieser verfluchten Stadt heraus? Murphy schlägt die Karte auf, überfliegt die rot markierten Sackgassen, die blau markierten Fragezeichen.
Theoretisch kann er seine Route frei wählen. Vielleicht zurück zur Polizeistation? Zu diesem Kloster? In den Park? Oder in die Kanalisation? Wenn man dort im Untergrund
Übrigens:
Man kann den Schwierigkeitsgrad sowohl hinsichtlich der Kämpfe als auch Rätsel in drei Stufen anpassen. Das Spiel hat sechs Enden, die man über zwei Entscheidungen sowie die allgemeine Spielweise beeinflusst.
umher streift, scheinen sich die Distanzen wie von Geisterhand zu verkürzen – irgendwie unheimlich, außerdem hat er bereits eine dunkle Höhlentour mit Taschenlampe hinter sich. Oder doch zu diesem kleinen Haus mit dem blauen Fragezeichen, wo das Licht im Keller brennt und die Frau so bitterlich weinte? Aber das war auch unheimlich. Und Murphy fehlte ein Schlüssel. Er könnte auch nochmal versuchen, diesen Spind mit dem Zahlenschloss zu knacken – vielleicht gibt es da ja eine Schusswaffe!? Er muss sich gerade mit Steinen, Stangen, Flaschen oder Stühlen wehren, weil er für den Colt und die Nagelpistole keine Munition mehr hat. Außerdem darf er nur eine Schlagwaffe tragen.
Das Grauen im Regen
Auch wenn der Nebel ein Leitmotiv bleibt, ist es in diesem Silent Hill vor allem der Regen, der die Monster auf die Straßen lockt und aggressiver macht.
Der Regen prasselt unerbittlich auf die trostlosen Gassen. Irgendwie scheint das Nass all diese Kreaturen anzulocken, denn je mehr es schüttet, desto öfter tauchen sie auf. Allerdings materialisiert sich weder der Regen noch der Nebel selbst zu einem stürmisch gepeitschten oder dicht schwelenden Alptraum wie etwa in
Alan Wake, wo sich das Grauen in tosenden Baumwipfeln zeigte, wo die technische Zuspitzung den Wald selbst zum Monster mutieren ließ. Trotzdem hat dieses Silent Hill seine schaurigen Momente, die sich auch über die Kulisse aufbauen.
Angenehm ist, dass es nicht um endlose Wellen geht, dass die Konflikte mit den Monstern wohl dosiert sind. Ihrem Artdesign fehlt allerdings das Bizarre: Mal abgesehen davon, dass es nur sehr wenige Typen gibt, wirken sie oftmals zu gewöhnlich. Die Schreihexen können noch überzeugen. Aber was hat man sich nur bei den bärtigen Brüllaffen oder den übergroßen Nacktmulls gedacht? Das extrem Überzeichnete, das nicht aufgrund seiner plumpen Brutalität, sondern alleine aufgrund seines grotesken Anblicks verstören und ängstigen konnte, wird zu selten inszeniert. Ob das daran liegt, dass der japanische Horror von einem relativ unbekannten tschechischen Team entwickelt wurde? Vatra hat bisher nur Rush ‘N Attack Ex-Patriot für Xbox Live Arcade produziert.
Es ist nicht so, dass das alptraumhaft Groteske komplett fehlen würde: Irgendwann platzt es blutig aus aufgespießten Körpern, während man durch versiffte Kerker taumelt, verfolgt von einem archaischen Etwas. Dann wachsen Korridore schon mal ins Endlose:
Es lohnt sich, die Umgebung zu erforschen - vor allem, wenn man die Rätsel lösen will.
Man rennt in Schulterperspektive um sein Leben und kurz bevor man eine Abbiegung erreicht, wird der Flur nochmal länger. Und länger. Aber trotz dieses situativen Horrors wirkt das Artdesign über weite Strecken zu harmlos. Gegenüber den ersten beiden Silent Hills wirkt dieses Abenteuer mitunter wie ein bunter Fleckenteppich ohne klare künstlerische Vision - auch
Homecoming war markanter.
Murphy kann das natürlich egal sein. Er hat genug mit diesen Kreaturen zu tun und kennt das bizarre Figurenkabinett der Serie nicht. Wo soll er hin? Er orientiert sich in Richtung Radiostation. Immerhin gab es da kürzlich noch eine Live-Sendung. Und hatte der DJ nicht etwas von Rettung oder Hilfe gefaselt? Das ist sein Ziel. Er trabt weiter. War da was hinter ihm? Er riskiert einen Blick zurück über die Schulter: Scheiße, eine dieser Fratzen ist ganz nah! Kaum dreht er sich zur Flucht, springt ihm die kreischende Furie auf den Rücken und krallt sich fest – eine hässliche, überaus schmerzhafte Begegnung. Sie wirkt auch wesentlich natürlicher als vorhin, wo die Ladys einfach im Quartett neben einem Polizeiwagen aus dem Nichts aufpoppten.