Die Grundstimmung passt
Der zertrümmerte Komplex auf Isla Nublar wird hier tatsächlich zu einer glaubwürdig inszenierten Kulisse - trotz einiger karg texturierter Wände und gelegentlicher Verwechslungsgefahr der Räume. Vor allem die mal behutsam, mal angriffslustig durch die Anlage wuselnden Dinos können mit ihren flüssigen Animationen überzeugen, auch wenn die Kulisse weit vom Detailüberfluss eines Mare (
zum Test) entfernt ist. Wir haben auf der Quest 2 getestet, auf der stets alles angenehm flüssig lief. Passend zum Namen spielt die Story nach den Kinofilmen (Vorsicht: zwangsweise Spoiler!). Zwei Jahre nach der Schließung von Jurassic World soll man vertrauliche Forschungsunterlagen bergen, bevor die Velociraptoren den Spieler zu fassen bekommen!
Die professionell vertonte Ex-Mitarbeiterin Mia erläutert über Funk einige Story-Fetzen aus ihrer Vergangenheit in der Anlage. Die Erzählungen und Zankereien aus ihrem damaligen Alltag erweisen sich bislang aber nur als bedingt unterhaltsam. Ein wenig dreist wirkt übrigens, dass im Quest-Store nicht auf das kostenpflichtige DLC hingewiesen wird, das später zur Fortsetzung der Geschichte nötig wird.
Ab in den Schrank, na los doch!
Das Krachmacher-Gadget im Einsatz. Die blaue Bildfärbung bedeutet, dass man derzeit nicht sichtbar ist.
Im Prinzip dreht sich der gewaltlose, an
Alien: Isolation erinnernde Stealth-Ausflug um die leise Flucht vor den herumstreunenden Velociraptoren. Wobei sich die Gewaltlosigkeit auf den Spieler beschränkt: Sobald die Urzeitjäger ihn entdeckt haben, bleiben meist nur wenige Sekunden, sich vor ihrem Sprint in einem Spind oder unter den Schreibtisch zu retten. Andernfalls lassen sich ihre spitzen Zahnreihen kurz darauf in Großaufnahme bewundern. Keine Angst: Die Kamera stoppt kurz vorm Biss und blendet zu einem der häufigen Speicherpunkte über. Dank lebensgroßer Darstellung in VR kommt es bei der Sprungattacke trotzdem zu kleinen Schreckmomenten. Einen Großteil der Zeit verbringt man also lauernd unter dem Mobiliar, in Schränken oder Lüftungsschächten. In die Hocke geht es auf Knopfdruck, so dass die Steuerung wahlweise im Sitzen oder Stehen gut und einfach funktioniert. Der weitgehend lineare Trip führt durch einen weitläufigen Komplex; die derzeit offenen Wege und Aufgaben werden aber der Einfachheit halber am Handgelenk aufgeführt.
Eine Stärke des Spiels ist die intuitive Einfärbung des Bildes je nach Sichtbarkeit oder Entdeckung durch eine Echse. Für Spannung sorgt auch die ordentliche Raptoren-KI: Sie schickt die launischen, misstrauisch schnüffelnden Biester gerne mal auf wechselnden Routen durch die Gänge. Ihre Laufwege lassen sich aber effektiv mit einem Hacker-Gadget beeinflussen: Einfach mit dem Lichtstrahl am Handgelenk auf einen Drucker, einen Lautsprecher oder ein anderes manipulierbares Gerät zielen - und schon spielt es ratternd verrückt und beschäftigt den irritierten Saurier ein paar Sekunden lang. Seine periphere Sicht ist währenddessen sogar ein wenig eingeschränkt, wenn man den Infos aus herumliegenden Forschungsunterlagen glaubt. Übermut rächt sich dabei aber trotzdem, z.B. wenn man zu nah und sorglos an seinem Augenwinkel vorbei trampelt. Der Orchester-Sound und die präzise räumliche Ortung sorgen ebenfalls für Immersion, selbst wenn entfernte Schnaufer und andere Laute nicht immer dumpf genug abgemischt wurden.
Zu einfach gestrickt?
Nach dem Flugzeugabsturz im Intro schaut auch kurz ein alter Bekannter vorbei.
Das Prinzip nutzt sich allerdings ähnlich schnell ab wie in
ROGAN: The Thief in the Castle, da insgesamt zu wenig Variation geboten wird. Obwohl der Schleich-Ausflug durch verschiedene Labors, Abteilungen, Transport-Zentralen oder Merchandise-Läden führt, bleibt es meist bei sich ähnelnden Manövern aus Ablenkung und kurzer Flucht in den nächsten Abschnitt. Zwischendurch hat noch eine weitere aggressiven Saurierart ihren Auftritt - an sie muss man sich mit einer Funzel im Dunkeln anpassen. Die Finsternis sorgt für etwas mehr Spannung, einige damit verbundene Suchaufgaben können aber schon mal die Nerven strapazieren.
Reine Zeitverschwendung sind die eingestreuten Minispiele mit Dreh- und Schiebereglern – z.B. das Öffnen digitaler Schlösser oder das Ausrichten von Frequenzen und Funkverstärkern. Anders als bei den cleveren räumlichen Puzzles in
Half-Life: Alyx ist die passende Lösung meist nur eine Frage der Zeit. Bei den umfangreichen Komfort-Optionen dagegen zeigt sich die Erfahrung des Entwicklerstudios Coatsink. Zu Beginn wurde mir bei der freien Bewegung zwar etwas mulmig (eine Teleportation fehlt). Nachdem ich die aggressive Vignette deaktivierte und ein paar andere Details wie das ruckartige Drehen abstimmte, hielt ich aber problemlos längere Spielsitzungen aus.