Der Ernst des Krieges
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Battlefield wie man es kennt und liebt? Leider nicht: Die Kampagne orientiert sich stark an Call of Duty, ist aber in so ziemlich jedem Bereich unterlegen. |
Ah, wie klassisch: Der Einstieg ist mächtig dramatisch und endet nach einer Spiderman-kompatiblen Turneinlage, diversen toten Terroristen sowie Herumgespringe an einer fahrenden U-Bahn damit, dass der Held des Spiels eine Waffe am Kopf hat - Schnitt zu »Acht Stunden vorher«. Da sitzt er, der schmächtige Sergeant Henry Blackburne, und wird von zwei Bundesagenten verhört. Warum? Das erfährt man im Laufe der nächsten sechs Stunden. Oder zumindest erahnt man es, denn die Geschichte ist im Großen und Ganzen oberflächlicher Militärquatsch ohne Überraschungen oder interessante Wendungen - außer am Ende, das aber in erster Linie für »Meinen die das echt ernst?«-Stirnklatscher sorgt.
Battlefield war nie für seine Kampagne berühmt - der Fokus lag in der Vergangenheit auf dem Multiplayermodus. Lediglich die Bad Company-Ableger gingen in eine narrative Richtung, und zwar erfrischenderweise deutlich abseits der ausgetretenen Call of Duty-Pfade. Das ist in Battlefield 3 (BF3) leider komplett anders: Die Handlung ist ernst und ironiefrei, die Erzählweise basiert wie in
Call of Duty: Black Ops auf den Erinnerungen des verhörten Soldaten. Generell gibt es sehr viele Parallelen zur mächtigen Konkurrenz: Hier wie da schlüpft man auch in die Camo-Anzüge unterschiedlicher Soldaten, die Geschehnisse auf den Schlachtfeldern werden von Skript-Tonnen dramatisch visualisiert. Und wer auch immer es war, der sich bei DICE darüber beschwert hat, dass es zu wenig Spiele mit dauerspawnenden Klonkriegern gibt: Herzlichen Glückwunsch, deine Gebete wurden erhört!
Kameradenschwein!
Die Kampagne spielt zum größten Teil im Iran, wechselt aber auch kurz nach Paris bzw. Aserbaidschan. Das große, weite, ausschweifende Leveldesign, das so typisch für die Battlefield-Serie ist, kommt dieses Mal extrem kurz - stattdessen bestehen die meisten Levels aus Häusern und Städten, in denen viel Wert auf den Nahkampf gelegt wird. Natürlich gibt es Ausnahmen wie die coole Verfolgungsjagd durch die Straßen von Paris, die weiten Wälder und Felder in Aserbaidschan oder der rumpelige Ausflug im Panzer. Außerdem darf man auch man im Sitz einer F/A-18 Platz nehmen, allerdings nicht selbst fliegen - sondern lediglich wie beim Dogfight Modus von
Ace Combat: Assault Horizon die Geschütze bedienen, während der Pilot Magen verknotend wilde Manöver fliegt. Die Kampagne ist zwar recht kurz, aber dennoch ziemlich anspruchsvoll: Zum einen geht hier schon auf »Normal« gut die Post ab, zum anderen sind die ausschließlich automatischen Checkpunkte teilweise sehr dämlich platziert - geht man drauf, dass man immer wieder lange Laufwege oder nicht überspringbare Dialoge nochmals ertragen. Außerdem geht der Trend zum Reaktionstest an der Front weiter: Immer wieder muss man schnelle Knöpfchendrück-Fähigkeiten unter Beweis stellen, was am Bildschirm mit männlichen Kloppereien oder waghalsigen Sprungaktionen quittiert wird.
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Die KI ist nicht die hellste, weder unter den Gegnern noch unter den Kameraden. |
Die Gegner präsentieren sich als Mischung aus fest platzierten und endlos aufs Schlachtfeld gepumpten Widersachern - nicht ganz so lästig wie z.B. in den Vietnam-Abschnitten in CoD: Black Ops, aber immer noch nervend. Außerdem ist die KI zum Teil mangelhaft: So rannte manch Feind blinden Auges an mir vorbei oder setzte sich direkt neben mir hin und glotzte einfach weg - die eigenen Kollegen haben solche Macken übrigens auch. Gehörig auf die Nerven ging mir der Habitus meiner so genannten Kameraden, immer an fest definierten Punkten stehen zu müssen. Mehrmals ist es mir passiert, dass ich mich sicher in Deckung wähnte, nur um einen Moment später ruppig zur Seite geschubst zu werden - ah, da wollte wohl die KI hin. Man hätte ja auch einfach mal fragen können...
Erledigte Feinde verschwinden nach kurzer Zeit wie durch Magie und hinterlassen neben einem Blutfleck lediglich ihre Waffe. Zwei davon darf man jederzeit mit sich herumtragen, zusätzlich zu Granaten. Ein ähnlicher Verschwindibus-Trick wird immer wieder bei Fahrzeugen angewandt, die man zur Explosion gebracht hat: Einmal versteckte ich mich hinter einem qualmenden Wrack, das ein paar Sekunden darauf einfach verschwand - hab ziemlich blöd geguckt.