Die gute alte Zeit
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Das herrlich disharmonische Heldentrio des Ur-Disgaea ist zurück!
Obwohl Disgaea D2 (DD2) bereits der fünfte Teil der Serie ist, hat Nippon Ichi bislang ähnlich wie Square Enix bei Final Fantasy stets auf neue Helden gesetzt. Und das, obwohl mit dem Overlord-Sprössling Laharl, seiner ihm insgeheim nach dem Leben trachtenden Vasallin Etna sowie dem gefallenen Engel Flonne beim Ur-Disgaea auf der PlayStation 2 ein wunderbar disharmonierendes Heldentrio eingeführt wurde. Die Dialoge, die sie nicht nur mit- oder gegeneinander, sondern auch mit den anderen, herrlich überzogenen Figuren führten, sollten eines der Markenzeichen der Serie werden.
Ein anderes war natürlich der enorme Tiefgang, den das seinerzeit von Final Fantasy Tactics entliehene sowie auf eine neue Stufe gehievte Spielprinzip bot. In den rundenbasierten Kämpfen musste man nicht nur auf die Positionierung der Figuren achten, sondern z.B. auch, wer um einen herum steht und seinen Angriff maßgeblich verstärken kann. Man konnte die Waffen in der so genannten "Item World" aufleveln und mit neuen Eigenschaften versehen. Es gab haufenweise Figuren bzw. Charakterklassen, die man erstellen und mit ins Gefecht nehmen konnte. Man durfte sogar versuchen, in der Dark Assembly, einer Art spielinternem Repräsentantenhaus, Änderungen der Spielwelt wie reduzierte Preise in den Shops usw. zu beantragen. Ausnahmslos alles war miteinander verknüpft - mitunter subtil, aber sehr effektiv.
Sie sind wieder da
Die Kulisse ist veraltet, aber letztlich unwichtig - die inneren Werte von Disgaea D2 sind grandios.
Dass DD2 etwas außerhalb der Serie steht, wird nicht nur daran deutlich, dass Disgaea 5 bereits angekündigt wurde. Nippon Ichi bricht mit der Tradition und baut wieder auf alte Helden. Um genauer zu sein: Das infernalische Trio, mit dem der Erfolgszug begann, ist wieder da - die Geschichte setzt quasi ein paar Jahre nach den Geschehnissen des ersten Disgaea ein. Obwohl Laharl sein Vorhaben, zum Overlord aufzusteigen, in die Tat umsetzen konnte, hat er die Netherworld immer noch nicht unter seine pubertären Dämonenfittiche gebracht - es gibt immer noch Dämonen, die ihn nicht anerkennen und im schlimmsten Fall töten möchten, um seinen Platz einzunehmen. Etna ist immer noch für die Pflege und Aufzucht der Prinnies (Sklavenseelen in Pinguinform) verantwortlich, die nach wie vor mit ihren Allüren und ihrem vollkommen übertriebenen Selbstverständnis für den einen oder anderen Lacher gut sind.
Doch auch wenn es auf dem Schlachtfeld neuerdings zu spontanen Frotzeleien zwischen den Figuren kommen kann, wenn man sie nebeneinander postiert, bleibt Disgaea im Rahmen der Serie erzählerisch erstaunlich spröde. Es gibt immer noch ausreichend Gags und die Sprecher, die für mich tatsächlich nach denen des ersten Teils klingen, sind immer noch fantastisch. Doch so ganz mag der Humor nicht mehr steil gehen. Teilweise liegt es daran, dass die Figuren schon mit Disgaea ausgelotet schienen und die Dialoge jetzt zwar weiterhin nett sind, aber nur noch selten neue Facetten zeigen. Vielleicht liegt es auch an der grundsätzlich ernsteren, im Vergleich zur übersprudelnden jugendlichen Naivität bzw. dem Sturm und Drang des Vorläufers beinahe erwachsen wirkenden Tonalität, die zu häufig in Erscheinung tritt. Doch wie dem auch sei, die Geschichte und die Charakterzeichnung sind der größte Schwachpunkt von Disgaea D2.