Ich mülle dich zu!
Während der Spieler also alleine, im Online-Koop, mit CPU-Begleitung oder mit beiden Helfer-Arten durch verschiedene Umgebungen wie schummrige Tempelanlagen, blutgetränkte Schlachtfelder, felsige Labyrinthe, nur scheinbar verträumte Gärten und weitere, Nioh-typische Umgebungen stapft, wird von besiegten Gegnern Kram eingesammelt. Viel Kram, mehr Kram und dann noch mehr Kram. Schon nach ein bis zwei Spielstunden ist der bodenlose Rucksack prall gefüllt – wenn es nur nicht so viele Doubletten wären. Fünf gelbe Turban-Bandanas, zehn Offiziers-Rüstungen, acht baugleiche Beinschoner – soweit das Auge reicht, reihen sich neben sechs Hämmern noch drei Kriegskeulen und neun verschiedenen Doppelklingen ein. Nioh-Kenner wissen um das wirklich nervige Problem der stundenlangen Haushaltsführung abseits der Einsätze und auch in Wo Long machen die Entwickler keinen Hehl daraus, dass ihnen nichts Besseres einfällt, um den Spieler an Geld und Materialien für den Kauf, Herstellung und Verbesserung der Ausrüstung zu bringen.
Das ständige Zerlegen und verkaufen der immer gleichen Gegenstände kann auf Dauer extrem nerven.
Das kann man deutlich eleganter lösen, als zigmal den gleichen und oft unbrauchbaren Gegenstand ins Spieler-Inventar zu schmeißen. Denn, wie erwähnt, bedeutet das jedes Mal mehrere Minuten, die sich im langen Spielverlauf natürlich zu Stunden addieren, die der Spieler mit der Sortierung, Zerlegung und dem Verkauf des Überschusses bei der Schmiedin im Hub verbringen muss. Auch das Recycling der bereits bereisten Spielgebiete ist bekannt und sorgt auch in Wo Long für dezentes Stirnrunzeln. Nachdem die Hauptmission in einem Gebiet erledigt wurde, ploppen im Reise-Menü nun zahlreiche Nebenmissionen auf, die in dem exakt gleichen Revier absolviert werden wollen. Klar, Tageszeit, Platzierung und Art der Gegner sowie auch die Belohnungen sind andere, das kann aber kaum darüber hinwegtäuschen, dass hier Umgebungen unangenehm recycelt werden. Denn richtig hübsch oder einprägsam sind in Wo Long nur die wenigsten von ihnen...
Ein Patch es zu richten?
Nicht nur die recht durchschnittliche Optik, auch die dahinterliegende Technik, ist in einigen Fällen nicht ganz auf der Höhe der Zeit – und damit ist nicht das China des Jahres 184 nach Christus gemeint. Selbst im Performance-Modus auf der Testplattform PlayStation 5 hat das Spiel mit seltenen Rucklern, hereinploppenden Gegnern und Umgebungsdetails wie Felsen oder Gebäuden zu kämpfen. Auch eine Option für einen 120 Hertz-Modus (HFR) sucht man vergebens, obwohl das den schnellen Kämpfen verdammt gut zu Gesicht stehen würde. Dazu kommt eine Gegner-KI, die zwar Sinn ergibt, aber nicht gut in den Spielablauf und die vorherrschenden Mechaniken – wie etwa das Heranschleichen – integriert wurde. Wie üblich haben die Gegner ein Sichtfeld und erst wenn der Spieler nahe genug herangeht, triggert das auch die Aggro des Feindes – so weit, so bekannt. In Wo Long ist dieses Sichtfeld aber deutlich zu kurz geraten. Nicht selten steht der Spieler schon direkt vor einem Gegner, ohne gesehen zu werden. Eigentlich ganz erfreulich, in vielen Fällen raubt dieser Umstand aber jegliche Immersion oder das Gefühl es mit einem gefährlich aufmerksamen Angreifer zu tun zu haben.
Wie gesagt, das ist aus fast allen Soulslikes exakt so bekannt, in Wo Long ist dieser Threshhold aber etwas zu
Die Haupt- und Nebenaufgaben werden abermals auf einer Übersichtskarte angezeigt.
kurz geraten und sorgt eher für verwunderte Lacher als für Anspannung am Gamepad. Für die sorgt dann umgekehrt sehr sonderbare und knallharte Spitzen im Schwierigkeitsgrad: Ist schon der erste Boss wirklich seltsam schwer (eigentlich zu schwer, um so früh im Spiel aufzutauchen), gibt es auch im späteren Verlauf wieder echte Klopper. Da putzt der gut gerüstete Spieler im ersten Versuch, drei vier oder sogar fünf Bosse nacheinander ohne allzu große Probleme von der Platte, nur um sich dann an einem Punkt wiederzufinden, an dem er für mindestens zehn Anläufe absolut keinen Stich sieht. Ich schaue auf dich, Lu Bu! Will Wo Long nun dafür sorgen, dass weniger frustgestählte Spieler hier auch mal Land sehen und sich das Spiel besser verkauft als Nioh, oder doch nicht? Es bleibt ein Ratespiel.