Auch freue ich mich über Detailverbesserungen bei der "Leistungskontrolle", die wie eine Art Tempomat funktioniert und die man nun komfortabler einstellen kann, sowie über die nun endlich sichtbaren Windschatten. Wichtiger ist 2022 auch die Tagesform meiner Kollegen und die Kommandos innerhalb der Rennen können nuancierter gestaltet werden. Neu sind die sogenannten "Rennvorfälle", dazu zählen Stürze und Erkrankungen, die vor allem im Profiteam-Modus für ein realistischeres Abbild des Sports sorgen. Offensichtlich ist auch das Upgrade beim Straßenbelag: Passagen über Kopfsteinpflaster sind visuell dank Bildwackeln endlich intensiver. Überhaupt bekommen Radsport-Fans recht viel optische Abwechslung serviert: Mal geht es durch kleine Ortschaften, dann wieder vorbei an Sonnenblumenfeldern oder über eine gewaltige Brücke. Die Bergetappen sind nicht nur spielerisch am spannendsten, sondern haben mit Publikum an den wichtigen Anstiegen und so mancher Randbebauung auch optisch ein bisschen was zu bieten. Und: Auf PS5 läuft das Spiel jederzeit superflüssig.
Die Tutorials dauern circa 15 Minuten, danach seid ihr ordentlich vorbereitet. Und wisst z.B. was die Zeitfahrhaltung bringt.
Auf der Audioseite gibt es einen mäßig engagierten, englischen Sprecher, der das Renngeschehen gelegentlich kommentiert – was er sagt, ergibt durchaus Sinn, erwartet aber keine Einzelheiten zum situativen Renngeschehen, wenn z.B. Roglic und Pogacar gemeinsam eine Attacke am Col d’Aubisque reiten. Apropos Fahrer: Das Gros der Radel-Elite ist mit seinen Originalnamen am Start, bei ein paar Teams stimmen nur die Mannschaftsnamen, nicht aber die der Athleten. Weltmeister Julian Alaphilippe ist z.B. nur in verballhornter Form im Spiel aufzufinden – wie praktisch, dass er von seinem Team auch für die echte Tour nicht nominiert wurde. Akribische Sim-Fans können zudem im Editor die Namen ändern und auch die Werte der Fahrer anpassen; dafür gibt es sogar mehrere Speicherslots, falls man herumexperimentieren möchte.
Tour d' Europe?
Richtig hübsch ist Tour de France 2022 nie, in manchen Bergregionen ist die Randbebauung aber nett. Und weil es auch mal ruhige Phasen gibt, kann man sich per Kameradrehung gut umsehen.
Natürlich ist komplette Tour des Jahres 2022 mit allen Etappen spielbar, dazu gesellen sich das renommierte Mehrtages-Rennen Critérium de Dauphiné, die Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich und Paris-Roubaix, die Rundfahrt Paris-Nizza sowie zwei, drei weniger bekannte Events. Das Meiste abseits der Tour muss freigeschaltet werden, die dafür nötige XP gibt es nur für sehr fleißiges Radeln (und zum Glück nicht per Echtgeld-Einsatz). Trotzdem: Ein bisschen weniger Grind zum Freischalten der Dauphiné wäre schon nett gewesen. Beim Frühjahrs-Klassiker Mailand-San Remo mogelt Entwickler Cyanide: Dafür fehlt die Lizenz, indirekt ist das Rennen als "Primavera Classica" aber doch am Start.
Mit Geschwindigkeiten von über 80 km/h stürzen sich die tollkühnen Piloten die Abfahrten herab. Stürze kann man an- und abschalten.
Super finde ich die Option, eine "Individualtour" zu bauen, sogar mit Ruhetagen: So kann ich z.B. nur die packenden Bergankünfte der Tour mit ein paar anderen, harten Etappen bündeln und mir meine eigene, besonders herausfordernde Rundfahrt für Bergfahr-Experten basteln. Besonders zeitaufwändig sind natürlich die (leider sehr nüchtern präsentierten) Karriere-Modi "Profiteam" und "Pro Kapitän": Hüben führt man eine Mannschaft durch mehrere Saisons, muss Verträge abschließen und sich irgendwann so weit verbessern, dass auch namhafte Profis bei der eigenen Equipe unterschreiben. Drüben geht es um einen per Editor (nur echt mit dem Universal-Gesicht!) erstellten und benannten Radprofi, der durch gute Ergebnisse in der Weltrangliste aufsteigt und so zu immer wichtigeren Rennen zugelassen wird. Beide Spielvarianten sind sich recht ähnlich und bieten abseits der Rennen kaum Abwechslung – hier wird nur glücklich, wer sehr viel Lust auf sehr viel virtuellen Radsport hat. Die Tour de France Femmes 2022 ist (wenig überraschend) leider nicht im Spiel enthalten. Gleiches gilt übrigens für eine pfiffige Unterstützung der DualSense-Features, aber das ist eine andere Geschichte…
Klassische Herausforderungen aus der langen Tour-Geschichte oder die spannenden Abfahrts-Challenges vergangener Jahre fehlen ebenso. An deren Stelle treten die "Rennen des Augenblicks" – regelmäßige, zeitlich begrenzte Online-Wettbewerbe, bei denen man aber nicht gegeneinander, sondern um eine Platzierung in der weltweiten Rangliste fährt. Kann man schon machen, ersetzt aber natürlich nicht den Reiz eines echten PvP-Modus.