Assassin's Creed Mirage: Ein Kontrast zur Branche
Klein ist nicht das passende Wort für Mirage, aber riesig ist das historische Bagdad ebenso nicht.
In einer Zeit, in der gefühlt jeder Nachfolger noch stärker und extremer das Motto lebt, größer und mächtiger zu sein, ist
Assassin's Creed Mirage so etwas wie eine Antithese. Es ist ein Game für Spieler, die keinen Live-Service und auch
keine 100 Stunden Spielzeit benötigen. Die einfach nur wieder Assassine sein wollen.
Wobei man sagen muss: Mirage war nicht so wirklich in dieser Art und Weise geplant. Begonnen hat die Entwicklung zahlreichen Berichten zufolge als DLC-Erweiterung für Valhalla, ehe das Projekt zunehmend etwas größer und umfangreicher wurde. Irgendwo an diesem Punkt muss man sich bei Ubisoft dazu entschieden haben, Mirage als eigenständiges Spiel zu veröffentlichen und es ganz bewusst mit "Wir kehren zu den Wurzeln zurück!" zu vermarkten. Kein Remake des ersten Assassin's Creeds, aber dennoch gewissermaßen
eine Hommage an Altairs Abenteuer, welches 2007 den Weg für diese Milliarden-Franchise ebnete. Es geht ums Schleichen, um Meucheln aus dem Hinterhalt und um Parkour.
Was keine Rolle spielt? Innovation. Kreative neue Möglichkeiten. In gewisser Hinsicht ist Mirage
altbacken, insbesondere für das Jahr 2023. Darin liegt aber gleichzeitig die Stärke dieses gerade einmal circa 20 Stunden langen Abenteuers.
Keine Geschichte aus Tausendundeiner Nacht
Ein Abenteuer, dessen Geschichte man schon so oft innerhalb dieser Spielereihe erlebt hat: Ein junger Mann gelangt über Umwege in den Kern eines mysteriösen Ordens voller Auftragsmörder, wird ausgebildet und
meuchelt sich anschließend durch hochrangige Mitglieder der Gesellschaft, die ihre wirtschaftliche und politische Macht dazu nutzen möchten, der einfachen Bevölkerung zu schaden. Dazu gibt es eine kleine Prise zwischenmenschliches Drama, bedeutungsschwangere Charakter-Nahaufnahmen, ein paar Andeutungen
übernatürlicher Ereignisse und vermeintliche Story-Twists, die meistens kaum der Rede wert sind. Also all das, was man als Serienfan bereits mit Arno, Connor oder Ezio erleben durfte.
Assassin's Creed Mirage setzt voll und ganz auf diese Blaupause, ohne sich die Mühe zu geben, auch nur ein paar Zentimeter davon abrücken zu wollen. Basims Vorgeschichte, die ihn Stück für Stück zu dem Meisterassassinen macht, den man bereits in Assassin's Creed Valhalla kennenlernen durfte, wird ganz ohne Schnörkeleien, Überraschungen oder Extras erzählt. Es ist eine
verhältnismäßig simple Geschichte, die sich
Basim und Nihal sind zu Beginn gut befreundet. Wirklich emotional wird der Zerriss dieser Beziehung aber nicht erzählt.
keine humorvollen Ausrutscher leistet oder die Meta-Geschichte des Franchise, die mittlerweile selbst für Kenner viel zu verworren und undurchsichtig ist, in den Vordergrund rückt. Ganz im Gegenteil: Alles was sich außerhalb des Animus abspielt, wird so gut wie gar nicht thematisiert.
Stattdessen dreht sich wirklich alles um den historischen Abstecher ins
9. Jahrhundert von Bagdad, wobei man zwischenzeitlich auch kurz in der Festung Alamut unterwegs ist – circa 300 Jahre bevor Altair auftaucht und die Zukunft der kuttentragenden Meuchelmörder maßgeblich beeinflusst. An diesem Ort wird der von merkwürdigen Albträumen geplagte Basim, wie viele andere Mitglieder der Verborgenen, zum Assassinen ausgebildet, ehe er sich in Bagdad zum Kämpfer für die Freiheit aufschwingt. In den Stunden dazwischen versuchen die Autoren mir den früheren Straßendieb und zahlreiche Nebenfiguren näher zu bringen, aber einen richtig bleibenden Eindruck hinterlässt unterm Strich keiner. Das mag daran liegen, dass viele nur wirklich in den Zwischensequenzen aktiv sind, ansonsten aber wie Beiwerk wirken.
Einzige Ausnahme? Basims langjährige Kumpanin Nihal, die immer wieder versucht, die seinerzeit in die Brüche gegangene Freundschaft wieder aufleben zu lassen, aber vom mürrischen Assassinen zurückgewiesen wird.