von Jonas Höger,

Nach der Feiertagsfaulheit: Wie mich Pikmin auf die Rückkehr in den Arbeitsalltag vorbereitet hat

Pikmin (Taktik & Strategie) von Nintendo - Bildquelle: Nintendo
Ich hatte vergangenes Jahr das große Glück, ausnahmsweise nicht zwischen Weihnachten und Silvester arbeiten zu müssen: Die drei Werktage konnte ich dank noch offener Überstunden freinehmen und so das Fresskoma der Festtage mit Videospielen verbringen.

Das Ende von 2023 habe ich dabei vor allem genutzt, meinen Pile of Shame zu verkleinern und ein paar kürzere Titel einzuschieben: Chicory: A Colorful Tale zum Beispiel, Toodee and Topdee sowie Pocky and Rocky: Reshrined – und Pikmin 2. Das 2023 auf die Nintendo Switch marschierte GameCube-Spiel hat mir den extremen Wechsel von der Couch zurück an den Schreibtisch überraschend leicht gemacht, und das hat gleich mehrere Gründe.

Pikmin: Massenhaft munteres Mikromanagement



Denn man mag es kaum für möglich halten, aber die Pikmin-Reihe hat ungewöhnlich viel mit meiner täglichen Arbeit gemein. Zugegeben: Ich schicke keine 100 roten, gelben oder blauen Pflanzenwesen in Miniaturgröße durch das Büro, die dann für mich auf der Tastatur herumhüpfen und Artikel schreiben oder die Knöpfe auf dem Controller drücken, um Spiele zu testen. Aber die Lehren, die sich aus Shigeru Miyamotos süßer Strategiesause ziehen lassen, finden auch in meinem Job als Videospieljournalist rege Anwendung.

Wer bereits in eines der Pikmin-Spiele reingeschnuppert hat, der weiß, wie viel Fingerspitzengefühl das Dirigieren von 100 tapferen Trägern erfordert. Seit dem zweiten Spiel gesellen sich zu den drei Grundfarben noch weitere Pikmin mit neuen Fähigkeiten, die allesamt bei verschiedenen Aufgaben glänzen und entsprechend gemanagt werden wollen. Die einen durchstreifen das Wasser, um für die schwimmunfähigen eine Brücke zu errichten, während wieder andere bei den Kämpfen oder beim Ausgraben von Schätzen besonders in Blüte stehen.



Ähnlich viel Mikromanagement braucht es auch in meinem Alltag, weshalb meine Zeit mit Pikmin 2 mich ideal auf den ersten Arbeitstag am 2. Januar vorbereitet hat. Auf spielerische Weise war ich schon wieder bereit für Nachrichten von Kollegen, Mails von Publishern und Entwicklern, dem Spagat zwischen Newsschreiben und nach neuen Schlagzeilen Ausschau halten oder dem Einfädeln von Social Media-Beiträgen auf Twitter und Facebook. Anstatt mich im Dschungel der Aufgaben zu verlieren, hatte mich das Abenteuer mit den Pikmin für die Rückkehr von Arbeitsteilung und Priorisierung gestählt.

Planung, Priorisierung, Produktion



Schon bevor man einen Grundstock an Pikmin in verschiedenen Farben aufgebaut hat, wollen Expeditionen wohl überlegt sein: Um möglichst schnell alle Aufgaben zu bewältigen, gilt es schließlich die roten, gelben und blauen Zwiebeln zu finden, um besiegte Gegner und gesammelte Blütenscheiben in neue Lastenträger zu verwandeln.

Also schaue ich mir die zur Verfügung stehenden Erkundungsbereiche an und schmiede einen Plan, damit Hindernisse wie Elektrozäune, Wasserareale und Flammenfontänen möglichst schnell aus dem Weg geschafft werden können. Dabei gilt es, flexibel zu bleiben: Wenn plötzlich Gegner aus dem Erdboden hervorgekrochen kommen, muss der Transport eines Muffins auch mal unterbrochen werden, sonst schallen aus den Lautsprechern meiner Nintendo Switch schneller Schmerzensschreie als ich „Pikmin“ sagen kann.

Damit kolossale Projekte mich nicht einschüchtern oder flach stampfen, ist Planung angesagt. So bin ich auf alle Eventualitäten vorbereitet.
Damit kolossale Projekte mich nicht einschüchtern oder flach stampfen, ist Planung angesagt. So bin ich auf alle Eventualitäten vorbereitet.


Eine ähnliche Art von Planung und Flexibilität braucht es auch in meinem Arbeitsalltag: Ein Blick auf die Release-Liste der nächsten Wochen hilft mir dabei, die entsprechenden Entwickler und Publisher frühzeitig zu kontaktieren, damit wir wirklich mit Review-Codes versorgt werden können. Events wollen mit dem Terminkalender abgestimmt werden und bei der News-Auswahl ist jeden Tag aufs Neue wichtig, zwischen den wirklich relevanten Themen und den eher kuriosen Tagesmeldungen abzuwägen.

Nicht, dass ich diese Vorgänge nicht schon vor den Festtagen verinnerlicht hätte. Aber wer zwischen Lebkuchen und Kartoffelknödeln, zwischen Bescherung und Hoppenstedts, zwischen Weihnachten und Silvester fernab des Schreibtisches vor allem die Couch besetzt, bei dem geraten solche Fähigkeiten womöglich vorübergehend in Vergessenheit – zumindest, bis Pikmin sie dann wieder mit süßen Geräuschen und unbarmherzigen Fressfeinden in mich hineinprügelt.

Fehler führen zu Frust – aber nur, wenn man das auch zulässt



Trotz der knuffigen Optik ist gerade Pikmin 2 an der ein oder anderen Stelle nämlich knüppelhart und bestraft selbst die kleinsten Fehler. Wer den GameCube-Titel kennt, wird sich mit Gänsehaut an das alles platt walzende Wassergespenst oder die schier endlosen Höhlen im Land der Verheißung erinnern. Schnell sterben hier Pikmin im dreistelligen Bereich, wenn man nicht aufpasst, und das kann entsprechend frustrierend werden.

Ohne Teamarbeit kommt ihr bei Pikmin nicht weit. Auch im Job kann ich mich auf meine Kollegen verlassen, die mir mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Ohne Teamarbeit kommt ihr bei Pikmin nicht weit. Auch im Job kann ich mich auf meine Kollegen verlassen, die mir mit Rat und Tat zur Seite stehen.


Statt sich davon aus der Ruhe bringen zu lassen, heißt es dann: Neue Pikmin farmen, von vorne beginnen und überlegen, wie man die nächste Expedition mit weniger Verlusten bestreitet. Meine Frusttoleranz kann ich zwar auch mit Dark Souls steigern; da fehlt dann aber das restliche Gesamtpaket, das Pikmin bietet und direkt auf meinen Job zugeschnitten scheint. So haben mir die tapferen Träger während der entspannten Auszeit noch einmal hervorragend beigebracht, das ich mich über meine Fehler nicht zu lange ärgern, sondern daraus lernen sollte.

Da die erste Arbeitswoche nun hinter mir liegt und ich bereits verhältnismäßig gut zurück in den Alltag gefunden habe, kann ich das mittlerweile abgeschlossene Pikmin 2 zu den Akten legen und mich auf die ersten Neuerscheinungen von 2024 konzentrieren. Schließlich freuen auch wir uns als Redaktion auf eine ganze Menge Titel, die dieses Jahr das Licht der Welt erblicken sollen.

Quelle: YouTube / NintendoDE

Kommentare

Eirulan schrieb am
Sehr schöne Idee für einen Artikel:)
Bei den Worten "Planung, Priorisierung, Produktion" sowie "Frusttoleranz" fühlte ich mich doch gleich wieder ans Weihnachtsfest zurück erinnert, mehr noch als an den Arbeitsalltag.
Dieses Jahr traf es uns/mich mit der Beherbergung und Bewirtung einer gut 20köpfigen Verwandtschafts-Baggage zum Fest, da passten derlei Begriffe ebenso, nur mit dem Unterschied, dass diese Klientel weitaus kritischer sein kann, als die im normalen Projektalltag :lol:
4P|Jonas schrieb am
Krulemuk hat geschrieben: ?07.01.2024 14:59 Jonas ist eine wirkliche Bereicherung.
Ich spiele zufälligerweise auch gerade Pikmin 2. Ist das letzte Pikmin, was mir noch fehlt.
Ich habe mich vor allem auf die Höhlen gefreut, weil ich diese in Pikmin 4 so spaßig fand und gehört habe, dass sie aus Teil 2 stammen. Leider erreichen die Höhlen aus Pikmin 2 - weil sie zufallsgeneriert sind - bisher nicht die Qualität des vierten Teils. Das Spiel macht trotzdem wieder Spaß.
Da wird man ja ganz rot, vielen lieben Dank für das schöne Lob. :oops:
Bei mir war es tatsächlich genauso. Ich habe den dritten Teil als erstes gespielt, weil er der einzige auf der Switch war, danach folgte 1 (als 1 und 2 auf die Switch kamen) als zusätzliche Vorbereitung auf Teil 4, dann 4 für den Test und jetzt noch 2, um die Lücke zu schließen. Und die Erfahrung mit den Höhlen kann ich ebenfalls nachvollziehen, aber das Spielprinzip bleibt einfach klasse. :mrgreen:
Der Chris OLED Model Lite Pro hat geschrieben: ?08.01.2024 09:11 Cool. Ich wollte demnächst eigentlich mal mit Dark Souls anfangen, um mich besser für den ewigen Zyklus aus Leid, Elend und Verzweiflung zu wappnen, der Lohnarbeit ist.
Aber klar, Pikmin geht auch.
Hey, von "Leid, Elend und Verzweiflung" habe ich in meinem Text aber nicht gesprochen! :ugly: Ging wirklich mehr um die Arbeitsabläufe und Vorgänge, die sich da ähneln.
Der Chris OLED Model Lite Pro schrieb am
Cool. Ich wollte demnächst eigentlich mal mit Dark Souls anfangen, um mich besser für den ewigen Zyklus aus Leid, Elend und Verzweiflung zu wappnen, der Lohnarbeit ist.
Aber klar, Pikmin geht auch.
Cytasis schrieb am
pikmin 1 und 2 spiele ich derzeit auf dem smartphone per emulator und gamepad clip, auch sehr spaßig :)
Krulemuk schrieb am
Jonas ist eine wirkliche Bereicherung.
Ich spiele zufälligerweise auch gerade Pikmin 2. Ist das letzte Pikmin, was mir noch fehlt.
Ich habe mich vor allem auf die Höhlen gefreut, weil ich diese in Pikmin 4 so spaßig fand und gehört habe, dass sie aus Teil 2 stammen. Leider erreichen die Höhlen aus Pikmin 2 - weil sie zufallsgeneriert sind - bisher nicht die Qualität des vierten Teils. Das Spiel macht trotzdem wieder Spaß.
schrieb am
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