von Benjamin Schmädig,

Spielkultur: ESA will Cracks verhindern, die Spiele mit abgeschalteten Servern für akademische Zwecke und Museen erhalten könnten

Spielkultur (Sonstiges) von 4Players
Spielkultur (Sonstiges) von 4Players - Bildquelle: 4Players
Soll das Cracken von Videospielen in Ausnahmefällen zulässig sein, wenn Teile oder ganze Spiele aufgrund abgeschalteter Onlinedienste auf herkömmlichen Weg nicht mehr verfügbar sind? Diese Frage muss das US Copyright Office, eine Institution für Fragen des Urheberrechts klären.

Anlass der Diskussion ist ein Antrag der Electronic Frontier Foundation (EFF), die vor einigen Monaten darum gebeten hatte, das Ändern des Programmcodes von Videospielen zu erlauben, damit diese trotz vom Hersteller abgeschalteter Server für akademische Zwecke oder in Ausstellungen spielbar seien. Daraufhin hat die Entertainment Software Association (ESA) das Copyright Office in einem ausführlichen Schreiben darum gebeten, dem Antrag nicht stattzugeben. Sie argumentiert, dass die Gefahr des Erstellens, der Verbreitung und der Nutzung von Raubkopien durch Änderungen des Programmcodes deutlich größer sei als etwaige Einschränkungen bei der regulären Verwendung eines Spiels.

Die ESA stützt sich dabei auf eine ältere Entscheidung des Office aus dem Jahr 2012, die das "Jailbreaking" von Konsolen als grundsätzlich rechtswidrig erklärt. Immerhin müsste auch für das aktuelle Anliegen der EFF die Firmware einer Konsole verändert werden, um nicht mehr lauffähige Software spielbar zu machen. Dies könne jedoch dazu führen, das mehr als nur Ausstellungsstücke auf entsprechend veränderten Konsolen verbreitet würden.

Nintendo-Programmierer Dylon Rhoads beschreibt in einer Anlage, dass praktisch alle ihm bekannten Firmware-Hacks Anwendungen enthalten, die das Nutzen schwarzkopierter Inhalte erlauben.

Die EFF habe zudem nicht hinreichend erläutert, wann Eingriffe in den Programmcode harmlos seien. Sie habe zudem lediglich Einzelfälle geschildert, in denen Kopierschutzmaßnahmen einschränkend seien - ein erheblicher allgemeiner Schaden lasse sich daraus nicht ableiten. Für eine Ausnahmregel fehle daher die Grundlage.

In einer öffentlichen Erklärung äußert sich die EFF schließlich zu den Einwänden der ESA und besteht darauf, dass das Hacken von Software in den meisten Fällen grundsätzlich legal sei. Die meisten Programmierer bei Sony, Microsoft, EA, Nintendo und anderen Herstellern hätten ihr Handwerk vermutlich gelernt, indem sie mit Software experimentiert haben. "Wenn 'hacken' [...] tatsächlich verboten wäre, würde es die Spieleindustrie vermutlich gar nicht geben", heißt es in der Erklärung.

Die ESA würde jedes Umgehen eines Kopierschutzes verhindern wollen, unabhängig davon, wie wichtig oder eingeschränkt solche Maßnahmen wären. "Spiele, die von ihren Herstellern fallen gelassen wurden, gehören zu einer Schwachstelle, mit der Section 1201 [Teil des Digital Millennium Copyright Act, Anm. d. Red.] auf empfindliche Weise wichtige, legale Handlungen unterbindet - darunter das fortlaufende Spielen von Spielen, die man bereits besitzt. Sie stellt außerdem ein ernsthaftes Problem für Sammlungen wie das Internet Archive, Museen wie Kaliforniens Museum of Art and Digital Entertainment in Oakland sowie Wissenschaftler dar, die Videospiele als kulturelles und historisches Medium studieren. Dank des Herunterfahrens von Servern und rechtlicher Unsicherheit durch Section 1201 könnten ihre Studienobjekte und Exponate schon innerhalb eines Jahres zu dem werden, was einem Papierknäuel entspricht."

Mit der ESA und der EFF stehen sich die US-amerikanische Organisation für die Belange der Spielehersteller und eine Stiftung gegenüber, die sich für  "Bürgerrechte in der digitalen Welt" stark macht.
Quelle: Electronic Frontier Foundation, US Copyright Office

Kommentare

Kajetan schrieb am
Tony hat geschrieben:
FuerstderSchatten hat geschrieben:ist ja nicht so, dass die Cracker das hier interessieren würde, also keine Sorge Leute wird archiviert ob die wollen oder nicht. ^^
aber mit königlichem segen öffnet das viele legale wege, schafft damit sicherheit und vertrauen. ich erkenne gerade parallelen zum marijuana-verbot. schon witzig.
Kommt Zeit, kommt Liberalisierung. Generationenwechsel haben mehr für den gesellschaftlichen Wandel getan als jede Demo :)
CritsJumper schrieb am
Sir Richfield hat geschrieben: Nenenene... Wenn der Hersteller von Musik nicht mehr existiert, fängt die Rechnerei und Recherche an.
Sprich, wo wurde der geboren und wie lange existiert der schon nicht mehr?
Bei Programmen ist der Entwickler doch mal völlig egal, wichtig ist, wer gerade die Vertriebsrechte hat.
Ja da frage ich mich jetzt auch, wie es ist wenn das Urheberrecht entfällt. Wird es dann automatisch Gemeinfrei? Ich bin ja kein Anwalt und gut möglich das die Vertriebsrechte höherwertig oder einfach nur länger ausgelegt sind als die Urheberrechte.
Besonders bei Programmcode ist es doch leider so das mehrere an einem Produkt mitgearbeitet haben. Selbst wenn dann die Vertriebsrechte Erlöschen, hat der Programmierer an seinen Code-Abschnitten die Rechte. Da ist dann der Aufwand, anders als bei einem Musikstück wirklich um einiges höher weil eben viel mehr Menschen daran gearbeitet haben.
Von Lizenzen kennen wir es ja das diese nach dem erlöschen sogar nicht mehr verwendet werden dürfen. Also ein GTA San Andreas einfach Songs heraus gelöscht bekommt, weil die Lizenzierung nicht mehr greift und Steam die nicht mehr ausliefern darf.
Wobei halt ein Binärdatei natürlich noch mal etwas anders ist als der Quellcode oder?
Zum Thema
Ich finde es durchaus gut wenn es in ein Museum und in eine Uni wandert. Man darf nicht nur immer an den eigenen Profit denken über Jahrzehnte sondern sollte auch jungen neuen Menschen und Künstler die Chance geben altes wieder zu verwerten, davon zu lernen. Das geht eben nicht wenn man es weg schließt und ewig darauf pocht es nicht heraus zu geben.
In einem anderen Bereich, z.B. der der Zeitung hat es ja leider schon dazu geführt das Archive nicht öffentlich zugänglich sind. Das selbe findet wohl bald auch im Bereich der Bildung und der Forschung statt. Zwar lachen wir aktuell an einigen Stellen über alte Computertechnik und über deren Software. Doch ich halte es einfach für wichtig das man eben die Entwicklung transparent aufzeigen kann....
monotony schrieb am
FuerstderSchatten hat geschrieben:ist ja nicht so, dass die Cracker das hier interessieren würde, also keine Sorge Leute wird archiviert ob die wollen oder nicht. ^^
aber mit königlichem segen öffnet das viele legale wege, schafft damit sicherheit und vertrauen. ich erkenne gerade parallelen zum marijuana-verbot. schon witzig.
OiOlli schrieb am
Wenn es nur vor 200 Jahren schon einen Kopierschutz gegeben hätte.
Dann wäre uns wohl Disney erspart geblieben.
Ok den Gag muss ich wohl erklären. Disney hatte gerade zu Anfangszeiten viele Anleihen, oder gar mehr oder weniger direkte Kopien alter Märchen und Sagen produziert. Fantasia nutzt sogar zum Großteil Musik längst verstorbener Künstler.
Mit einem Kopierschutz hätte man beides schlecht nutzen können, denn das knacken ist ja verboten und eine Neuauflage nach auslaufen der Rechte wird schwierig. Denn dafür müsste man ja die Kopiergeschützen Werke trotzdem ja auslesen und kopieren.
FuerstderSchatten schrieb am
ist ja nicht so, dass die Cracker das hier interessieren würde, also keine Sorge Leute wird archiviert ob die wollen oder nicht. ^^
schrieb am