Der PC-Spielesektor hat schon mal rosigere Zeiten erlebt. Mittlerweile ist man schon zufrieden, wenn er um ein bis zwei Prozent zulegt. Der Konsolenmarkt hingegen glänzt mit zweistelligen Wachstumsraten und verleibt sich nach und nach immer mehr Genres ein. Waren Shooter einst eine Domäne der PCs, so werden viele Vertreter des Genres heutzutage schon in erster Linie für PS3 und Konsorten konzipiert. Umsetzungen von
Command & Conquer 3 oder Ankündigungen wie
Civilization Revolution deuten darauf hin, dass die Hersteller sich auch mit anderen, einstigen PC-Musterschülern in Richtung Konsole bewegen wollen.
Dass Rod Taylor, Vizepräsident bei den Grafikhardwarespezis von nVidia, den PC-Spielemarkt auch mittelfristig
nicht beeinträchtigt sieht, ist so überraschend wie die Dunkelheit bei Nacht - was mit dem Kurs der Aktien von Chipherstellern und Zulieferern passieren würde, wenn einer der wichtigsten Vertreter den Abgesang auf den PC-Markt anstimmen würde, kann man sich auch ohne die berühmte Glaskugel selbsternannter Branchenexperten ausmalen. Der Wunsch nach extrem hohen Auflösungen und Spezialausgaben von Spielen, die für das Highend-Segment ausgelegt sind, klingt allerdings wie der Versuch Abhilfe zu schaffen, ohne Ursachenforschung zu betreiben. Man weiß zwar nicht, woran der Patient leidet, aber eine Ladung Hustensaft kann ja nicht schaden, oder?
Es ist nämlich zu vermuten, dass die Stagnation des PC-Marktes nicht mit dem Mangel an optischen Bonbons zu erklären ist. Die Publisher jammern über zahlreiche Systemkonfigurationen, die man zu berücksichtigen hat, auch seien Raubkopien in PC-Kreisen verbreiteter, weil einfacher herzustellen. Spieler hingegen werden mit manch lustigem Kopierschutzverfahren, unfertiger Software, Kompatibilitätsproblemen und ähnlichen Späßen traktiert. Und wer sich für 700 Euro eine Grafikkarte zugelegt hat, mag es vielleicht auch nicht, wenn man ihm nach sechs bis zwölf Monaten sagt, dass die Technologie doch eigentlich schon wieder obsolet sei. Was natürlich meist nicht der Fall ist, aber dennoch verkaufsfördernde Wirkung hat.
Nein, teuerer als früher ist der PC-Genuss eigentlich nicht geworden: Wer Ende der 80er oder Anfang der 90er einen flotten 386er wollte, durfte auch gut und gerne 2500 bis 4000 Mark dafür hinlegen - eine wohlgemerkt nicht inflationsbereinigte Angabe. Allerdings gibt es immer weniger Argumente, die eine entsprechende Investition nur für Spiele noch rechtfertigen, da immer mehr Produktionen mit den unter dem Fernseher gelagerten Schwestern anbandeln.
Das Verlangen nach Director's Cuts von Spielen, die nur auf absoluten Highend-PCs laufen, scheint wie ein angekündigter Marsch in die Nische, den nicht allzu viele Spieler mitmachen werden. Vielleicht träumt man bei nVidia ja davon, es Edelmarkenherstellern wie Porsche nachzumachen - weniger Stückzahlen, dafür aber äußert profitabel, da im Hochpreissegment angesiedelt. Auch für Software wird man dann mehr bezahlen müssen, denn dass sich ein Publisher "zusätzliche Levels und Zwischensequenzen" nichts kosten lässt, scheint unwahrscheinlich. Was in der Summe eben nicht nach einem massenmarkttauglichen Ansatz klingt.
Vielleicht sollte man sich bei nVidia auch einfach mal fragen, was man konkret zur Verbesserung der Situation beisteuern könnte? Dass ein weiteres Drehen an der Hardwarespirale Abhilfe verschafft, ist kaum zu erwarten. Viele Hersteller werden diese mit ihrer Technologie kaum wirklich ausreizen, da sich die Xbox 360 immer mehr als Lead-Plattform in der Produktion durchsetzt. Es scheint fraglich, ob viele Spieler bereit sind, wegen ein paar zusätzlicher optischer Schmankerl mehr Geld für Hardware hinzulegen.
Anstatt in Visionen über Highend-Auflösungen zu schwelgen, sollten Taylor & Co vielleicht auch nach außen hin fordernder gegenüber Microsoft auftreten und verlangen, dass der Softwaregigant Direct X10 vielleicht doch auf Windows XP portiert - das dürfte jener Grafikschnittstelle nämlich mehr helfen als das Gerede über neue Möglichkeiten oder neue Chips. Und wer brachte nochmal das Kunststück fertig, als Erster mit einer DX 10-fähigen Grafikkarte am Markt zu sein und dann Treiber für Vista abzuliefern, bei denen das Etikett "Frühgeburt" ein geradezu beachtlicher Euphemismus wäre? Den Schuh darf sich wohlgemerkt nVidia anziehen, da Microsoft Vista anderen Firmen schließlich schon lange vor dessen Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hatte.
Die Freude bei den Spielern über kaum flüssig laufende oder instabile Titel fiel dann auch entsprechend aus. Und das bei Leuten, die gerade recht viel Geld für Software (Vista) nebst entsprechender Hardware hingelegt haben - dass da der eine oder andere anfängt, wehmütig eine Konsole in Betracht zu ziehen, scheint angesichts des Preisunterschieds und des Nutzerkomforts nur allzu verständlich.
Julian Dasgupta
Redakteur