von Paul Kautz,

TGS-Eindruck: GTA Japan?



Jedes Jahr ein neues Spiel innerhalb einer Serie – welche Firma könnte damit gemeint sein? EA? Falsch. Activision? Falsch. Sega? Bingo! Sega? Genau, auch wenn das hierzulande, oder vielmehr außerhalb Japans, kaum einer mitbekommen haben dürfte: Denn das erste Yakuza-Spiel erschien mit knapp einem Jahr Verspätung auch bei uns auf PS2, beim zweiten Teil hinkten Europa und Nordamerika dann Nippon schon knapp zwei Jahre hinterher. Der dritte Teil, in Japan seit Anfang des Jahres erhältlich, erscheint vielleicht irgendwann in Nordamerika, vermutlich aber nicht. Was aber irgendwie auch nicht so richtig verwundert, denn auf der TGS 2009 wurde bereits der vierte Teil in aller Ausführlichkeit vorgestellt, der im Land der aufgehenden Sonne bereit Anfang 2010 erhältlich sein soll. Und natürlich keine Releaseverkündung für den Rest der Welt weit und breit. Warum nicht? Scheint mir eine blöde Idee zu sein.

Dem bislang auf dem Tokyo Game Show gezeigten Material zufolge handelt es sich bei Yakuza 4 (oder Ryu Ga Gotoku 4, wie es im Original heißt) um nicht weniger als das japanische Pendant zu GTA 4 – nur im großen Stil!  Denn die Entwickler um den Paradiesvogel Toshihiro Nagoshi versprechen nicht weniger als das ultimative interaktive Erlebnis, das einmal mehr im fiktiven Stadtteil Kamurocho statt findet – das seinerseits allerdings auf dem echten Tokyo-Viertel Kabukicho basiert, das in erster Linie als von den Yakuza beherrschtes Vergnügungs- und Rotlichtviertel berüchtigt ist. Und so gibt es neben der Hauptstory unglaublich viel nebenher zu tun, wenn man das möchte: Man kann Billard und Roulette spielen, sein Glück beim Mahjongg, einer Quizshow oder am Pachinko-Automaten versuchen, mit dem Baseballschläger Bälle treffen (die mit etwas Zielgenauigkeit ein Badeanzugmodel zusammenpuzzeln), aus einem Automaten ein Getränk kaufen, einen schnellen Ramen-Happen zu sich nehmen oder einfach ganz entspannt eine Runde angeln gehen. Sogar eine Runde Karaoke im Duett mit einem jungen Mädchen ist möglich, wobei man dafür nicht selbst zum Mikro greifen muss – das ist nur ein Rhythmusspiel.  Und natürlich hat man wie auch in Yakuza 3 die Möglichkeit, eine "Hostess Bar" zu besuchen und mit den anwesenden Mädels zu plaudern, etwas zu trinken und sie neu einzukleiden. Um die Hostessen so glaubwürdig wie möglich rüberzubringen, wurde extra von den Entwicklern ein landesweites Casting durchgeführt, auf das mehr als 1.500 Hostessen reagiert haben - acht davon finden sich nun im Spiel. Kurz gesagt lässt die Interaktionsfreiheit des bislang gezeigten Materials selbst GTA 4 steinalt aussehen.

Aber von den ganzen Nebenher-Spaß abgesehen ist natürlich die eigentliche Story das wichtigste Spielelement -so wichtig sogar, dass die auf der TGS gezeigte Trailer-Zusammenfassung länger als 20 Minuten war! Dieses Mal ist nicht nur Kazuma Kiryu spielbar, der Protagonist der ersten Teile, sondern es gesellen sich noch drei weitere Haudruffs an seine Seite: Taiga Saejima, ein Hüne von einem Mann, der im Kampf auch schon mal mit Motorrädern um sich schlägt und auf Rache aus ist. Shun Akiyama, ein ehemaliger Obdachloser, der durch Zufall (wer erinnert sich an die Hochhausexplosion im ersten Teil?) an verdammt viel Geld gekommen ist und jetzt als Kredithai fungiert. Sowie Masayoshi Tanimura, ein junger, aber offenbar korrupter Cop, der als "Zecke von Kamurocho" berüchtigt ist und gegen eine Rolle dicker Scheine gerne mal in die andere Richtung sieht. Außerdem scheint eine dunkelhaarige Frau namens Lili eine wichtige Rolle zu spielen, darüber hinaus werden Kenner der Serie noch weiteren vertrauten Gestalten wie Boss Goro Majima begegnen und in einer Rückblende erfahren, wie er eines seiner Augen verlor. All diese Personen werden von in Japan sehr prominenten Sprechern vertont und in edlen Zwischensequenzen ausdrucksstark in Szene gesetzt. Generell scheint die Technik eine der Stärken des Spiels zu sein: Zwar erkennt man in Nahaufnahmen die niedrige Auflösung einiger Texturen, aber das "Stadtgefühl" mit all seinen Straßen und Gässchen, mit Wäscheleinen und den Japan-typischen Leitungsmassen, den vielen Läden und Dächern und Abwasserkanälen und vielem, vielem mehr - das war bereits jetzt schon sehr beeindruckend.

Was spielerische Neuerungen betrifft, hielt sich Nagoshi noch bedeckt: Man wollte die beste Spielerfahrung ermöglichen, die vorhandenen Stärken ausbauen und bekannte Schwachstellen der Vorgänger vermeiden - hm, sehr wischiwaschi. Was jedoch klar ist, ist dass es wieder massig zu prügeln gibt. Jeder der vier Helden verfügt über einen völlig eigenen Kampfstil: Während Saejima eher auf rohe Kraft und brutale Vernichtung aus ist, ist Tanimura sehr agil und technikstark. Teile der Umgebung können als Waffe benutzt und frische Kampfstile erlernt werden, indem man z.B. anderen Fights zuschaut und das Gesehene im Fitnessraum trainiert. Doch obwohl es sehr viele kontextsensitive Manöver geben wird, soll die Steuerung wieder bewusst einfach gehalten sein. Außerdem verspricht man jetzt mehr Verfolgungsjagden, die auch über Dächer und durch Kanäle führen -aber gerade die sahen in der Präsentation noch sehr unübersichtlich aus.

Doch das vermag kaum den Eindruck zu trüben, dass Yakuza 4 sehr vielversprechend aussieht: Die Kampfszenen wirken druckvoll und rasant, die Präsentation ist astrein, die Story verspricht viel Spannung - wieso es bislang keinerlei Pläne gibt, dieses Spiel außerhalb Japans zu veröffentlichen (vom Vorgänger mal ganz zu schweigen), ist mir echt unverständlich. Also ob Europäer und Amerikaner kein gut gemachtes Actiondrama zu schätzen wüssten.

TGS-Eindruck: gut



Kommentare

4P|Benjamin schrieb am
KleinerMrDerb hat geschrieben:Bauen die Yakuza Spiele Storytechnisch aufeinander auf oder ist jeder Teil für sich genommen etwas anderes wie bei GTA?
Bzw. würd es sinn machen sich den dritten Teil zu holen (wenn er denn kommt) ohne die ersten beiden gespielt zu haben?
Die gehören erzählerisch schon zusammen - es geht um dieselben (zentralen) Figuren und es gibt zumindest zu Beginn des zweiten Teils eine optionale, dann aber wirklich ausführliche Rückblende zum Vorgänger. Wie der Übergang zum dritten ist, kann ich dir natürlich noch nicht sagen. ;)
Ilove7 schrieb am
Man würde ich teil drei und vier gerne spielen, schade das es nicht für xbox kommt :cry:
GamePrince schrieb am
keinesahne hat geschrieben:
derTommy hat geschrieben:so viele lobende worte und dann nur ein "gut"?
Das Spiel erscheint nicht auf der 360.
Da gibt es von der 4Players Redaktion eben nur ein gut.
Bild
KleinerMrDerb schrieb am
Bauen die Yakuza Spiele Storytechnisch aufeinander auf oder ist jeder Teil für sich genommen etwas anderes wie bei GTA?
Bzw. würd es sinn machen sich den dritten Teil zu holen (wenn er denn kommt) ohne die ersten beiden gespielt zu haben?
keinesahne schrieb am
derTommy hat geschrieben:so viele lobende worte und dann nur ein "gut"?
Das Spiel erscheint nicht auf der 360.
Da gibt es von der 4Players Redaktion eben nur ein gut.
BTW Sega arbeitet an einem westlichen Release von Yakuza 3.
zurzeit wird März 2010 als Erscheinungsdatum für uns Europäer gehandelt.
schrieb am