Happy Birthday, Dreamcast!

 

Guter Hund: Wenn im Laufwerk die Disk zu drehen beginnt, erinnert das Startgeräusch an das Gähnen eines treuen Vierbeiners. Als Speichermedium benutzte Sega mit der GD ein eigens entwickeltes Format, eine Art CD mit näher aneinanderliegenden Null-und-eins-Informationen, welche eine Speicherkapazität von einem 1,2 Gigabyte ermöglichten. Leider konnten sich die Besitzer keine Film-DVDs reinziehen, wie es später mit der PS2 möglich war. Die fehlende DVD-Unterstützung war einer der Gründe, warum dem Dreamcast kein Erfolg gegönnt war. Mit 8 MB stand dem Power-VR2-Grafikchip sogar doppelt so viel Video-RAM zur Verfügung wie der PlayStation 2. Gerade letzteres sorgte für die typischen knackig-scharfen Dreamcast-Texturen. Die Speicherkarte, VMS bzw. hierzulande VMU genannt, wurde neuerdings in den Controller statt in die Konsole geschoben. Zog man sie wieder heraus, konnte man sie dank LCD-Screen und Joypad unterwegs als kleines Handheld benutzen. Viele Dreamcast-Titel lieferten Minigames mit, die ihr auf das Gadget übertragen konntet.

Endlich kloppen wie in der Spielhalle: Die zum Start erhältliche Umsetzung von Segas Vorzeigeprügler Virtua Fighter 3 sah dem eindrucksvollen Spielhallen-Original zum Verwechseln ähnlich. Dank potenter Hardware kamen Konsolen-Besitzer zum ersten Mal beinahe an 1:1-Umsetzungen aktueller 3D-Grafikprotzer aus den Arcades. Sega setzte auch die beiden kurzweiligen Virtua-Tennis-Teile und andere Automaten wie Sega Rally 2 für den Dreamcast um. Fans von Daytona 2 und dem schicken Scud Race warteten dagegen vergeblich auf eine Portierung.

Nach der Fließbandproduktion von 2D-Sonic-Spielen auf dem Mega Drive mussten Fans sich lange gedulden. Kurz nach dem Start des Dreamcasts erschien der erste »echte« Nachfolger in 3D. Erstmals erforschen Segas Igel-Maskottchen und seine Mitstreiter wie Amy, Tails und Knuckles ausladende Oberwelten. Zwischendurch wetzt man pfeilschnell durch toll designte Hüpf-Levels. Außerdem erwarten den Spieler japanische Kuriositäten wie Angelsequenzen mit einer kugelrunden Mega-Katze und eine Art Tamagotchi-Aufzucht für das Speicherkartenhandheld VMU. Des weiteren bot das Spiel die Erkenntnis, dass Sonic in Wirklichkeit »Sonicööööh« ausgesprochen wird - zumindest wenn er im japanischen Original von seinem Sidekick »Tailsöööh« herbeigerufen wird. Die Nachfolger für Dreamcast, GameCube und die aktuellen Konsolen konnten leider allesamt nicht ganz an die Klasse des Erstlings anknüpfen.

Mit dem Schwertprügler Soul Calibur konnte Sega sich eine echte Sensation sichern - und zwar nicht nur, weil man sich mit geschmeidigen Animationen durch hübsche Panoramen metzgern durftet. Zum ersten Mal ließ Namco eine seiner beliebten dreidimensionalen Beat'em Up-Serien auf eine Konsole los, die nicht bei Sony vom Band lief. Auch Tecmo spendierte dem Dreamcast mit Dead or Alive 2 ein echtes Hau-Drauf-Highlight, welches sich spielerisch stark an Virtua Fighter orientierte und später auch für die PS2 umgesetzt wurde.

Bitte verzeiht meine ständige Lobhudelei, aber wenn bei Yu Suzukis 3D-Adventure Shenmue kein Sabberfaden vom Kinn herunter hing, war das nicht normal. Es war schon ein ungemein erhebendes Gefühl, mit Ryu durch das belebte und unglaublich detailliert inszenierte Dorf zu laufen und sich auf die Suche nach dem Mörder seines Vaters zu machen. Die Welt in Segas Prestige-Titel bot erstaunlich viel Freiheiten für den Spieler. Man konnte kämpfen, Überraschungseierfiguren und andere Gimmicks kaufen, in der Spielhalle Space Harrier zocken und mit sämtlichen Dorfbewohnern quatschen - allerdings nur, wenn man sie zur richtigen Tageszeit am passenden Ort erwischt hat. Besonders viel Wert legten die Entwickler auf das realistische Nachempfinden von Gesichtern mit all ihren Falten, Härchen und der Mimik. Die Detailverliebtheit hatte ihren Preis: Mit einem Budget von umgerechnet 70 Mio. Dollar war das Mammut-Projekt seinerzeit das teuerste Videospiel der Geschichte.

In Japan ist Online-Gaming seit Nintendos Famicom ein alter Hut. Dort bekamen seit den frühen Achtziger Jahren viele Konsolen eine Online-Option und passende Spiele spendiert, doch in Europa betrat Sega mit dem Dreamcast Neuland. Hierzulande war das Gerät dank eingebautem Modem (siehe Bild) die erste Konsole mit klarer Ausrichtung auf eine Online-Anbindung. Leider mussten europäische und japanische Spieler mit nur 33 kbit pro Sekunde Übertragungsgeschwindigkeit Vorlieb nehmen. Das amerikanische Modem war mit 56 kbit/s ein wenig flotter. All zu viele Spiele unterstützten den Service allerdings nicht. Das interessanteste war sicherlich Phantasy Star Online, ein Online-RPG mit Ohrwurm-Soundtrack. Der Titel ist ein Nachfolger der in Japan beliebten Rollenspiel-Reihe Phantasy Star von Segas Sonic Team. Die Fantasiekrieger zogen in Viererteams in die Schlacht und verständigten sich mit Hilfe eines vereinfachten Chat-System, das eure Sätze in andere Sprachen übersetzte. Rollenspielfans mit einem Dreamcast schwören außerdem bis heute auf Segas Skies of Arcadia von Overworks, deren Charaktere ihr neuerdings auch in Valkyria Chronicles auf der PS3 über das Schlachtfeld lotsen könnt.

Auch Rennfahrer wurden mit Segas Traumkiste glücklich. Der umfangreiche Großstadtraser Project Gotham Racing von Bizarre feierte z.B. sein Debut auf dem Dreamcast. Der erste Teil hörte allerdings noch auf den Namen Metroplis Street Racer (siehe Bild). Das neue am Spiel war, dass ihr nicht nur als Erster über die Zillinie rasen musstet, sondern zusätzlich Extra-Punkte für stilvolles Fahren, so genannte Kudos, einheimsen konntet. Mit Segas Umsetzung des ultrarealistischen Ferrari F355 Challenge-Automaten gab es außerdem eine waschechte Simulation für Puristen. Auch Segas Crazy-Taxi-Reihe hatte ihren Ursprung in der Spielhalle. In den zwei Dreamcast-Ablegern des durchgeknallten Checkpoint-Racers kutschierte man aufgebrachte Fahrgäste durch eine belebte Stadt. Besonders hübsch sah Ubisofts Arcade-Rennspiel Speed-Devils aus, welches später ein Online-Add-On bekam. Die detaillierten Wälder und Vergnügungsparks wirkten beinah so beeindruckend wie der damalige grafische Spielhallenprimus Scud Race.

Samba - de Amigo! Auch die 4Players-Redaktion wurde einst von Segas Samba-Fieber infiziert - wie das aus den Untiefen des Archivs gekramte Foto beweist. Dank der am Boden liegenden Infrarot-Sensoren konntet ihr die Rasseln im seinerzeit rund 300 DM teuren Original präziser schütteln als in der aktuellen Wii-Umsetzung.

Musikalisch geht es auch bei Rez zu. Der Rail-Shooter im Panzer-Dragoon-Stil vom kreativen Sega-Team United Game Artists (kurz UGA) versetzte den Spieler dank toller Musik und pulsierender Drahtgittergrafik in einen Farbrausch. Auf Xbox Live Arcade findet ihr übrigens ein HD-Remake des Titels.

Dank üppigem Grafikspeicher konnten sich 2D-Puristen über verlustfreie Portierungen von beliebten Neo-Geo-Kloppern freuen. Marvel vs. Capcom 2 (siehe Bild) wartete z.B. mit einer erfreulich großen Kämpferriege auf. Außerdem gab es z.B. eine Umsetungen von SNKs Garou: Mark of the Wolves (bzw. Fatal Fury: Mark of the Wolves)

Manche Spielideen können nur in einem japanischen Entwickler-Gehirn entstehen - und Seaman gehört definitiv dazu. Bei der Lebenssimulation von Vivarium konnte man ein seltsam anmutendes Haustier füttern, kitzeln und sich sogar mittels Mikrophon mit ihm unterhalten. All zu ruppig durfte man allerdings nicht mit ihm umgehen, sonst entwickelte sich der »Seemann« zu einem mürrischen Hausgenossen.

Auffallen um jeden Preis: Im Kampf um Marktanteile griff Sega auch zu umstrittenen Slogans und kleinen Seitenhieben in Richtung Konkurrenz. »Sonic hängt alle ab. Vor allem kleine, dicke Klempner« war z.B. in einer Anzeige zu lesen. Die bissigen Bilder verpackten die Message deutlich besser als eine Reihe von Werbespots, in denen z.B. Friseure um die Wette schnippelten. Der Wettbewerb sollte die Möglichkeiten von Online-Spielen symbolisieren, doch viele Zuschauer erkannten gar nicht, was eigentlich beworben werden sollte. Segas ungeschicktes Marketing war einer der Gründe, warum der Dreamcast sich nicht gegen die in den Medien omnipräsenten PlayStation-Konkurrenz behaupten konnte.

Totgesagte leben länger: Ab und zu bringen unabhängige Entwickler noch kleine Titel für den Dreamcast auf den Markt, ohne Lizenzgebühren zahlen zu müssen. Vertrieben werden die Spiele z.B. über den »GOAT Store«. Redspot Games hat im letzten Jahr den Horizontal-Shooter Last Hope und am 1. November diesen Jahres Wind and Water: Puzzle Battles herausgebracht. Bei Letzterem handelt es sich um eine Umsetzung eines GP2X-Knoblers, der von Yuan Works in Costa Rica entwickelt wurde. Besucher der diesjährigen Games Convention konnten die beiden Titel sogar am eigenen Stand der Münchner ausprobieren.

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Sonstiges
Entwickler: 4Players
Publisher: 4Players
Release:
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