Die Tradition des Grusels

 

Der absichtliche Schauder, die gewollte Gänsehaut, das Spiel mit der Angst - all das gehört seit Anbeginn der Menschheit zum genetischen Code. War es früher simples Entertainment wie Brontosaurus-Bungee oder Weck-den-Säbelzahntiger, wurde die Wahl der Mittel in späteren Jahren subtiler, auch wenn die Kirche die Furcht vor der ewigen Verdammnis scharfen Auges schnell als zuverlässige Einnahmequelle erkannte. Wie auch immer: Schriftsteller wie Dante Alighieri (Die göttliche Komödie) oder Edgar Allan Poe (Der Rabe) schafften es meisterlich, ihren Lesern oder Zuhörern allein durch die Wahl der geschickt gewählten Worte eine Mordsangst einzuflößen.

Aber verlassen wir die Weiten der analogen Schauderwelten und wenden wir uns dem digitalen Zähneklappern zu: Schon die Entwickler früher Textadventures verbrachten einen großen Teil ihrer Zeit damit, den Spieler mit fiesen ASCII-Attacken zu erschrecken. Richtig visualisiert wurde das Ganze aber erst 1980, als Ken und Roberta Williams, die späteren Gründer von Sierra, mit Mystery House das allererste Grafikadventure auf dem Apple II veröffentlichten - eine unheimliche Mordgeschichte mit aus heutiger Sicht Erstklässler-Bilder und einem Furcht einflößenden Parser. Aber dennoch der Grundstein aller modernen Gruselspiele!

Gerade der Bereich der Adventures und Rollenspiele war immer für mehr oder weniger lange Schreckmomente gut; von Elvira - Mistress of the Dark über Dark Seed (mit Designs von Alien-Papa H.R. Giger) bis hin zu Black Mirror klickte man sich durch mehr oder weniger subtile Formen des Schauderns. Eines der fieseren Beispiele der letzteren Kategorie war das 1992er Waxworks von Horror Soft: Eine Mischung aus Adventure und RPG, das besonders für seine drastischen Darstellung von Leichen und Verstümmelungen berüchtigt war und ist. Bezeichnenderweise war das Spiel das letzte des britischen Entwicklers Horror Soft - nach Waxworks benannte man sich in Adventure Soft um, um mit Simon The Sorcerer und Floyd die komplett neue Welt der Spaß-Abenteuer zu erkunden.

Auch Trilobytes The 7th Guest schlug in die Adventure-Ecke, allerdings mit zwei Besonderheiten: Erstens war das Spiel neben Lucas Arts‘ Rebel Assault eines der ersten, das die nagelneue Power von CD-Roms nutzte - massenhaft detailreiche Renderanimationen, Filmclips mit echten Schauspielern, CD-Sound von The Fat Man; all das und mehr machte The 7th Guest zu einem audiovisuellen Erlebnis, das man vorher so noch nie gesehen hat. Leider war das Spiel zweitens lediglich eine Ansammlung von teilweise ultrafiesen Knobelaufgaben, von denen einige so abstrus schwer waren (Stichwort: »SHY GYPSY SLYLY SPRYLY...«), dass manche Spieler eigene Programme schrieben, welche die Rätsel für sie lösen sollten. Nichtsdestotrotz: Erst The 7th Guest hat den heute so alltäglichen Filmsequenzen den Weg geebnet.

Viele Spieler, besonders jene, die jenseits der 80er Jahre geboren wurden, mögen Resident Evil für den Urvater aller 3D-Grusel-Mistvieh-durch-Scheibe-Spiele halten - aber während Resi erst 1996 auf der PlayStation schockte, begann der eigentliche 3D-Spaß bereits vier Jahre zuvor mit Alone in the Dark. Das Spiel von Frédérick Raynal und Hubert Chardot, das auf den Erzählungen von H. P. Lovecraft basierte, definierte auf dem PC die Elemente, die später die Konkurrenzreihe berühmt machen sollten: Ein unheimliches Haus voller Schrecken, vorberechnete Hintergrundgrafik und fixe Kamerapositionen, kontrastiert von in Echtzeit kontrollierbaren Polygonfiguren, zwei verschiedene Charaktere (hier Detektiv Edward Carnby (mit dem schlimmsten Polygon-Schneuzer aller Zeiten) und Emily Hartwood, die Nichte des verstorbenen Hausherrn), unerwartete Kameraperspektiven, durch Scheiben springende Mistviecher sowie schnelle, unerwartete Tode. Schade nur, dass die Reihe mit jedem Teil schlechter wurde, aber auch Resi hatte ja seine Achterbahn-Momente.

Auch beim Hopsen kann man sich gruseln! Und damit meine ich nicht den Schreckenssprung, der folgt, nachdem man auf einen Aal getreten ist, sondern vielmehr das Jump-n-Run mit der Extraportion Buuhuu: Okay, beim 86er Ghost House auf dem Master System lag das hauptsächlich an der grauenvollen Steuerung, aber schon ein Jahr zuvor bewies Capcom mit Ghosts'N Goblins, dass man ganz wunderbar die kalten Schauer eines Friedhofs mit Hüpfspaß kombinieren kann. Sowie natürlich ein 16-Tonnen-Gewicht an Frust, denn nicht nur war das Spiel höllisch schwer, sondern es war das gleich doppelt: Um das richtige Ende zu sehen, musste es zwei Mal am Stück durchgespielt werden, wobei es beim zweiten Mal schwerer wurde. Genau genommen war es sogar zweieinhalb Mal, denn wenn man im fünften Level eine bestimmte Waffe nicht aufsammelte, wurde man vor dem Bosskampf nochmal zurückgeschickt, um sie aufzusammeln... gruselig!

Wenden wir uns langsam mal der Ego-Perspektive zu. Und welches Spiel, wenn nicht id Softwares Meisterwerk Doom (1993), wäre als der Opa aller 3D-Erschrecker zu nennen? Okay, das Spiel an sich ist ein stinknormaler Shooter, aber die brillante Nutzung der Lichteffekte, die fiese Soundkulisse und das Furcht einflößende Design der Höllenmonster sorgten bei viel zu vielen Spielern für Schreckensschreie und kurzzeitige Herzrhythmusstörungen. Die dann mit Erben wie Alien Trilogy, Clive Barker's Undying oder FEAR fortgesetzt wurden.

Eine andere, weitaus subtilere Form des Horrors gab es ein paar Monate nach Doom auf der Citadel Station zu durchleben: System Shock kombinierte Action, Schrecken und clevere Puzzles (die variantenreiche Einstellungsmöglichkeit des Schwierigkeitsgrades ist bis heute unerreicht!) mit dem unbehaglichen Gefühl einer omnipräsenten Gefahr - hier in Form der durchgeknallten Computerintelligenz Shodan. Tipp für Nostalgiker: So großartig wie die normale Version des Spiels auch war, die ein paar Monate danach veröffentlichte CD-Version war mit detaillierter SVGA-Grafik, durchgehender Sprachausgabe und weitaus besseren Soundeffekten nochmal so gut! System Shock blieb lange, laaaange Zeit unerreicht - erst 1999 gab es einen würdigen Nachfolger, und erst in heutigen Tagen mit BioShock oder Dead Space geistige Erben.

Einige Spiele sind so intensiv, dass so mancher Spieler es schlicht und ergreifend körperlich nicht erträgt, sie über einen bestimmten Punkt hinaus zu spielen - zu groß die Angst, um die nächste Ecke zu biegen, zu präsent die Gefahr von nicht wieder rückgängig zu machendem Haarausfall. Zwei würdige Vertreter dieser Kategorie sind die Silent Hill- und Project Zero-Teile. Letztere beziehen den Großteil ihrer Faszination daraus, dass man nicht mit Raketenwerferlasergewehrgranaten, sondern mit einem Fotoapparat bewaffnet ist - und es umso mehr Punkte gibt, je näher man an den grauenhaften Gestalten dran ist!

Wo geht die interaktive Angst hin? Was wird Gruseln 2.0? Der Blick in den 4P-Kristalltrog offenbart, dass es bislang noch viel zu wenig subtilen Psycho-Horror der Kategorie Eternal Darkness gibt, das ja bis heute nicht mit einem Nachfolger gesegnet wurde. Oder wo sind die Überraschungen vom Schlage eines Psycho Mantis aus Metal Gear Solid? Welcher Konsolenspieler würde nicht die Couch benässen, wenn auf einmal ein Bossgegner hohnlachend verkündet, dass er gerade die Festplatte formatiert? Welcher 360-User würde nicht in Panik aufheulen, wenn auf einmal an seiner Konsole drei rote Lichter angehen - ohne zu wissen, dass das ein bösartiger Fake des Spiels ist? Die Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft...

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Sonstiges
Entwickler: 4Players
Publisher: 4Players
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