von Julian Dasgupta,

Electronic Arts: Riccitiello über Börsenkurse und neue Märkte

Electronic Arts (Unternehmen) von Electronic Arts
Electronic Arts (Unternehmen) von Electronic Arts - Bildquelle: Electronic Arts
Im Februar 2007 löste John Riccitiello Larry Probst als Geschäftsführer von Electronic Arts ab. Es war die Rückkehr eines alten Bekannten: Von 1997 bis 2004 war Riccitiello bereits als Chief Operating Officer des Publishers tätig gewesen.

Der Marktwert des Unternehmens beträgt derzeit knapp 3,66 Mrd. US-Dollar und liegt damit deutlich unter den Marken, die man vier bis fünf Jahre zuvor noch erreicht hatte. Was nicht am schlechten Börsenumfeld liegen könnte - der von Riccitiello eingeleitete Umbau dauert und dauert.

Das Abschneiden von Star Wars: The Old Republic dürfte die Stimmung nicht gerade verbessert haben: Das MMORPG war schließlich einer der Hauptgründe für die über 860 Mio. Dollar teure Übernahme von BioWare/Pandemic gewesen, die Riccitiello seinerzeit initiiert hatte. Derzeit leidet die teuerste Produktion, die sich EA je geleistet hat, allerdings unter einem rapiden Rückgang der Nutzerzahlen. Welcher sich auch mit allerlei Lockangeboten und Testwochenenden nur bedingt stoppen ließ. Vor einigen Tagen wurde schließlich eine Testversion veröffentlicht, in der man ohne zeitliche Begrenzung die ersten 15 Charakterstufen ausprobieren kann. Die Spielergemeinde wettet derweil schon mal darauf, wann die wohl unvermeidliche Umstellung auf ein Free-to-play-Modell angekündigt wird. Ende Mai gab das Unternehmen dann bekannt, dass man einige Stellen bei BioWare Austin streichen werde. Vor einigen Tagen verließ dann noch Rich Vogel -Mitgründer des Studios und Producer von Star Wars: The Old Republic- das Team.

Aufgrund der Kombination aus Börsenwert, den Milliardenverlusten der jüngeren Vergangenheit und der Performance des Prestigeprojekts scheint Riccitiello mittlerweile dann doch so angeschlagen, dass vor Kurzem das Gerücht die Runde machte, der Aufsichtsrat werde den Geschäftsführer im Umfeld der Veröffentlichung der nächsten Quartalszahlen zum Rücktritt auffordern und Peter Moore (derzeit Chief Operating Officer) zum Nachfolger ernennen.

"Der Börsenkurs macht keinen Sinn"

Im Interview mit CNBC ließ sich Riccitiello naturgemäß nichts anmerken und gibt sich zuversichtlich: Electronic Arts befinde sich auf dem richtigen Weg ins digitale Zeitalter. Auf den Aktienkurs angesprochen lässt er verlauten: Die aktuelle Bewertung mache für ihn "absolut überhaupt keinen Sinn." Umtriebige Investoren könnten dies aber als Chance erfassen und zulangen.

Die Anleger hätten Probleme zu verstehen, wo die Wachstumsbereiche in der Branche verortet sind. Diese befinde sich in einem Umbruch aufgrund neuer Plattformen und dem Warten auf die nächste Konsolengeneration. Trotz eher ruhiger Marktlage hätte EA in den vergangenen Jahren eine "starke Performance" hingelegt, die Gewinne hätten "dramatisch zugelegt". Worauf sich der CEO da aber eigentlich genau bezieht, ist nicht wirklich klar - vom kleinen Gewinn im vergangenen Jahr mal abgesehen, sahen die Bilanzen in der jüngeren Vergangenheit dann doch etwas anders aus.

Die Investoren würden eben damit zögern, Geld im Spielebereich anzulegen, da alle den Eindruck hätten, dass die Einnahmen zurückgehen. Dies treffe aber nur auf den Retailbereich zu. Die von der NPD Group genannten US-Verkaufszahlen würden ja "nur einen kleinen Bruchteil" der Gesamteinnahmen ausmachen. Vor fünf Jahren hätten die Analysten ja auch behauptet, der PC-Markt befände sich im freien Fall, da die Daten jener Marktforscher dies ja gezeigt hätten. In Wirklichkeit sei der PC jedoch dieser Tage die am schnellsten wachsende Spieleplattform dank Download-Kanälen, Abos und Mikrotransaktionen. EA hätte im Digitalbereich um 40 Prozent zugelegt - bei den Anlegern würde man aber nach wie vor auf die Retailzahlen fixiert sein. Auf iOS sei man der Marktführer unter den Publishern, mit Origin habe man eine eigene Download-Plattform.

Bei Spielen würde die Online-Nutzung üblicherweise ein paar Wochen nach dem Verkaufsstart deutlich zurückgehen. Bei FIFA 12 sei man hingegen selbst im Juli noch bei 4,5 Mio. Spielern pro Woche, nachdem es kurz nach dem Launch im Schnitt fünf Mio. gewesen waren. Und die würden natürlich auch Umsatz generieren. Man bewege sich eben weg vom einmaligen Produkt hin zum Rundum-Service.

Man sei immer mehr dabei, eine "Datenplattform" aufzubauen, schließlich habe man mittlerweile insgesamt 250 Mio. Kunden. Innerhalb des eigenen Netzwerks würden pro Monat über fünf Mrd. Werbemitteilungen bzw. Werbungen für hauseigene Produkte ausgeliefert, die den Kunden nicht wirklich stören würden. Dank der Daten wisse man genau, wen man wie ansprechen muss. Die Kunden würden diese Verbindungen "lieben." Jeder sei doch schließlich interessiert daran zu wissen, was seine besten Freunde derzeit spielen. Ein Spieler, der gerade Madden durchgespielt hat, würde es zu schätzen wissen, wenn er dann auf FIFA hingewiesen wird.

Die Situation rund um Star Wars: The Old Republic tut Riccitiello als "non-story" ab. Man habe eben feststellen müssen, dass es da eine gewisse "softness" des MMORPGs gebe und das Fazit gezogen: Man habe ein großartiges Produkt, aber es sei sehr herausfordernd, ein abo-basiertes Spiel in einer immer stärker von F2P dominierten Welt zu betreiben. Die Veröffentlichung der Testversion sei eine Reaktion darauf gewesen. F2P sei sehr, sehr mächtig - aber letztendlich dann doch nie so kostenlos wie beworben. EA habe sich Gedanken dazu gemacht, wie man Leuten die Star Wars-Inhalte zugänglich machen könnte - die seien schließlich so toll, dass die Nutzer nach der Schnupperphase mehr verlangen würden.


Kommentare

The Incredible Hojo schrieb am
melkor23 hat geschrieben:mal den unfassbaren Deppenapostrophen
Ein einfaches "der Apostroph bei thanks ist falsch" hätte auch gereicht, aber wie schon mal jemand geschrieben hat, das Internet macht aggressiv...
Aber wenn es so schmerzt, bitte, ist ja kein Aufwand.
melkor23 schrieb am
@ The Incredible Hojo: könntest Du mal den unfassbaren Deppenapostrophen in Deiner Signatur korrigieren - den Titel eines Buches von Douglas Adams so falsch geschrieben zu sehen, schmerzt echt.
Back to topic: ich kaufe nichts mehr von EA, das letzte war Need for Speed: Hot Pursuit von vor zwei Jahren. Ebenso sind Codemasters (DiRT 3-DLC-Generve mitten in bereits abgeschlossenen Meisterschaften) und Activision (CoD-Overkill) raus.
Nach dem größtenteils enttäuschenden DLC (nur ein kurzer Kampagnen-DLC) für Gears of War 3 war das auch mein letztes Epic-Spiel.
Wer sich deren Spiele kauft, soll das ruhig machen, aber wie man bei EA jetzt schon sieht, bin ich nicht der einzige, der sie nicht mehr kauft.
Bei Assassin's Creed und Halo bin ich Fanboy, da kauf ich alles. :roll:
Wigggenz schrieb am
Das unter dem Ziel der Gewinnmaximierung alles richtig gemacht wurdem, zweifelt ja auch niemand an.
Dennoch muss man ihnen den Erfolg nicht gönnen. Wären EA&Co. mit ihren Versuchen, alles Massenkompatibel zu machen, auf die Nase gefallen, hätte das gezeigt, dass die Masse eben nicht so stumpf actionhungrig ist, sondern Diversität bevorzugt.
Aber EA&Co. waren nunmal erfolgreich. Was die Masse als stumpf actionhungrig ausweist. Ihnen den Erfolg zu gönnen steht für mich auf einer Linie wie den stumpfsinnigen Actionhunger der Masse als neutrale Eigenschaft und unveränderlich zu akzeptieren. Aber ich sehe das als eine Art Krankheit. Aber ich habe noch Hoffnung, dass die Massen den AAA-Einheitsbrei irgendwann satt haben, und tue mein Bestes dazu, indem ich mir keine stupide Action mehr kaufe und auch versuche, einigen meiner Freunde meinen Standpunkt nahe zu bringen.
The Incredible Hojo schrieb am
Der Grund, warum Majors ihr Sortiment schmaler gemacht haben, liegt daran, dass die vielen Titel, die so nebenher schwammen, sich eben nicht gerechnet haben. Die Majors sind wahrscheinlich die, die sich am meisten dafür interessieren, was die Spieler spielen wollen - nur halt eben die meisten Spieler, die ihre Mehrheit eben in eben jenen Art von Games haben, die jetzt auf uns losgelassen werden.
So ungemütlich das klingt, der Verbraucher selbst ist "Schuld" daran. Spielen wurde ein Massenhobby, weshalb diejenigen, die schon seit Ewigkeiten spielen, ich nenne sie mal old-schooler oder system-shocker, einen immer mehr schrumpfenden Anteil am Markt hatten. Zudem kamen neue Gruppen hinzu, die früher nie ein Thema waren, Stichwort Wii Fit und Konsorten. Die Gamergemeinde wurde größer und größer und während man früher noch mitleidige Blicke und eine Bestellliste vom Pizzadienst bekam, wenn man sagte man sei Gamer, ist das heute ein Hobby wie jedes andere auch.
Mit Titeln, die sich Millionen mal verkaufen, wuchs der Anspruch der Firmen an die Spiele und wenn man eben bestimmte Zahlen erreichen will, dann muss man sie massenkompatibel machen. Gefällt keinem hier, ist aber so. Trotz allem hat EA und andere Majors nur das gemacht, was absolut jedes Studio machen würde: Sich daran orientiert, welches Produkt sich am besten vermarktet und davon Ableger gemacht. Und frage doch mal die Majors: Es geht alles darauf hinaus, das Sortiment zu verkleinern, wenige Neuheiten aber dafür starke Franchise-Marken, wenig Experimente. Das für uns Schlimme ist: Es wird sich wieder bombig verkaufen. Aber was für uns schlimm ist, ist für Millionen anderer optimales Spielvergnügen. Muss man dann mit Spocks letzten Worten nehmen....
Wigggenz schrieb am
Ich habe noch einen einfachen Weg gefunden, meine Missgunst gegenüber EA zu beschreiben.
EA (unterstützt von anderen Majors) sind mit dafür verantwortlich, dass das heutige Spielangebot sich zu einem großen Teil in hirnlose, riesige (Action-)AAAs und extrem nischenbezogene, minimalistische Indies aufgespalten hat.
Ich persönlich werde von beidem nicht besonders gefesselt. AAAs stoßen mich oft direkt ab und Indies sind für mich leider nicht länger als ein paar Minuten interessant (auch wenn ich wünschte es wäre anders).
Früher war das Angebot viel breiter und vielfältiger, da nicht die gesamte Arbeitskraft der Entwickler auf wenige, dafür riesige Millionenprojekte fokussiert wurde, sondern viel mehr kleine, nicht so mit Geld vollgepumpte Titel erschienen.
Es ist quasi so, als wäre eine Restaurantlandschaft mit vielen mittelgroßen Restaurants zu einer Landschaft mit ein paar riesigen Filialen von Ketten geworden, denen ganz kleine Läden mit extrem exotischen Menüs, die sich die Ketten nicht trauen, gegenüberstehen. Die Ketten sind langweilig, die Exoten zu speziell.
Dank EA und Konsorten haben viele heute weniger Spaß an Videospielen. Und man ist in keiner Form moralisch oder ethisch dazu angehalten, jemandem dafür wirtschaftlichen Erfolg zu gönnen.
Auf fragwürdige Geschäftspraktiken will ich hier nicht einmal eingehen.
schrieb am