Ernste Themen
Unangenehm wird es thematisch, denn Kay hat es nicht nur mit ihrer Angst vor diffusen Monstern, sondern mit ganz konkreten Erinnerungen zu tun, die all diese Furcht einflößenden Kreaturen symbolisieren. Sie muss sich ihrer Familie sowie ihren Beziehungen stellen, die psychologische Narben hinterlassen haben. Es geht um Ignoranz, Hass, Liebe, Lügen, Oberflächlichkeit, Egoismus, Mobbing, Gewalt und Depressionen.
All das wird in Dialogen und Konflikten sowie gespielten Szenen zwar sehr deutlich, aber es wahrt immer eine gewisse ethische Grenze, und bietet eine auflösbare Perspektive. Das passt natürlich zu einer visuellen Inszenierung, in der man die
Das Kreaturendesign ist überaus gelungen.
Finsternis wieder in eine Idylle verwandeln kann, hat dramaturgisch allerdings Vor- und Nachteile: Einerseits wird man als Erwachsener vielleicht nicht so ergriffen wie in einem
The Cat Lady, das die Depression noch abgründiger bzw. grausamer darstellte. Und man wird nicht so schockiert oder verstört wie in einem
Silent Hill oder Survival-Horror der extremen Art. Andererseits fühlt man sich wie in einem modernen Märchen mit einem Ausblick auf ein gutes Ende. Hier kann das Spiel mit seinen direkten Verwandlungen tatsächlich heilsam wirken. Trotzdem wirken einige Gespräche und Situationen auch deshalb etwas künstlich, weil man ahnt, dass sie Dinge bewusst weglassen.
Katz und Maus
Es gibt einige beeindruckende Effekte, wenn sich z.B. das Wasser teilt.
Sea of Solitude ist kein reines Erzählspiel wie z.B.
Dear Esther. Es gibt wie in
Papo & Yo, das sich ähnlich symbolhaft mit dem Alkoholismus beschäftigte, einige interaktive Elemente - man kann auch scheitern und sterben. Kay kann klettern, springen, schwimmen und Leitern benutzen, Flaschen mit Botschaften einsammeln oder Möwen verscheuchen, außerdem kommt es zu Jump&Run-Passagen sowie Flucht und kampfähnlichen Situationen, obwohl Kay selbst nicht zuschlagen kann.
Manchmal muss man schnell etwas an sich nehmen, wegrennen und irgendwo einsetzen oder kleinere Monster besiegen, indem man sie clever ins Licht lockt. Und immer wieder wird es überaus gruselig, wenn man sich langsam an Kreaturen im Dunkeln vorbei schleichen oder schnell mit gutem Timing über das Wasser springen muss, damit einen die schwimmende Kreatur nicht frisst, die einen stets verfolgt - gerade bei ihren Angriffen wird die Angst im Nacken spürbar.
Die lokale Dunkelheit besiegt man, indem man die Verderbnis eines Ortes findet und sie wie ein Ghostbuster in seinen Rucksack saugt - so wird die Welt wieder freundlicher. Was man zunächst noch ungestört machen kann, wird erst um Katz- und Mausjagden und dann zu mehrstufigen Bosskampfsituationen ausgeweitet.
Kann Kay ihre Einsamkeit und ihre Ängste überwinden?
Das ist gut für die Abwechslung, aber schwankt in der Qualität, und manchmal kommt es zu monotonen Wiederholungen. Auch das Leveldesign birgt einige Inkonsequenzen, was das Klettern oder unzugängliche Bereiche betrifft und ist meist auf eine lineare Lösung ausgelegt, so dass etwas Trial&Error entsteht. Außerdem hat man die Flaschen als erzählerisches Element nicht konsequent genutzt, da sie nur kleine Facetten hinzufügen und im letzten Dritteln kaum noch etwas zur Geschichte beitragen. Und die Möwen bieten zwar einen ansehnlichen Überblick aus der Vogelperspektive, aber für die Erkundung bringt das zu wenig Erkenntnis, etwa über mögliche Routen oder besondere Orte, so dass beide lediglich Sammelobjekte bleiben und ihre Potenziale als Verstärker für das Spielerlebnis nicht ausnutzen.