Inkonsequenzen und Schleichfunktionen
Das Kampfsystem hat man also deutlich verbessert, aber es gibt noch einige Inkonsequenzen innerhalb der Spielwelt. Da explodiert z.B. ein Piratenkapitän (nach einer kleinen Bombenplatzierung) an seinem Klavier direkt vor seinen Leuten und ich kann ihn danach einfach so plündern - ohne dass jemand einschreitet, obwohl ich doch gerade erst angekommen bin und nicht zur Bande gehöre. Außerdem entbrennen manche Kämpfe in der Stadt, ohne dass Wachen eingreifen oder Zivilisten fliehen. Und es wirkt seltsam, wenn der Steuermann seinen eigenen Kapitän anschnauzt.
Viele Tuorilas erklären die Spielmechanik - hier die Sichtradien.
Schön ist wiederum, dass man viele Situationen auch subversiv lösen kann, indem man z.B. schleicht und außerhalb der Sichtradien der Wachen bleibt, um von A nach B zu kommen - man muss also nicht alles und jeden töten. Im Gegenteil: Obsidian fördert und belohnt kreative Ansätze. Man kann über den Kleidungswechsel sowie Bluffs sogar die weniger cleveren Aufpasser in Herrenhäusern hinters Licht führen. Wer auf diese Art spielen will, sollte unbedingt die Mechanik beim Aufstieg entwickeln, denn so lassen sich in Kombination mit Dietrichen, aber ohne aktives Minispiel, viele Truhen und Türen leichter öffnen. Überhaupt gestaltet sich die Charakterentwicklung jetzt übersichtlicher.
Zu viel Beute, zu milde Regeln
Zwar gibt es grundsätzlich ein Diebstahlsystem mit Konsequenzen: Immer dann, wenn etwas widerrechtlich stibitzt oder geöffnet werden könnte, wird es per Maske bzw. lila Schloss angezeigt. Und wenn man dann trotzdem zugreift, kommt es meist sofort zum Alarm oder Kampf - sehr schön. Nur kommen diese wichtigen Tabus für meinen Geschmack in einigen Situationen gar nicht zur Geltung, so dass man sich auch recht häufig irgendwo in der Umgebung oder in offenen Häusern ohne Besitzer einfach bedienen kann, obwohl man doch eigentlich ein Fremder ist und vielleicht Leute zusehen. Da hätte man strenger sein müssen, wie auch bei den Verletzungen: Es ist zwar ein schöner Zusatz, dass niedergeschlagene Helden bis zu drei Verwundungen anhäufen können, die sich auch empfindlich mit rot bezifferten Mali auf die Abwehr, Reflexe oder andere Werte auswirken. Aber man muss lediglich irgendwo rasten und Medizin einnehmen, um sie schnell wieder verschwinden zu lassen - da hätte ich mir ein wenig
Darkest Dungeon gewünscht, vielleicht sogar permanente Ticks und Psychosen, die durch Kämpfe zum Vorschein kommen.
Die Hauptstadt Neketaka besteht aus mehereren Vierteln sowie großer Unterwelt.
Allgemein kann man zu viel an Beute anhäufen: Nach so mancher Stunde am Stück war das Inventar der Gruppe rappelvoll, weil man nach Kämpfen ja alles auf einen Klick plündert - ohne Traglastgrenze sammeln sich reihenweise Dolche, Schwerter, Umhänge, Bögen, Pistolen, Ringe, Schuhe, Halsbänder, Edelsteine, Tränke, Kräuter, Bücher, Schriftrollen an. Das war schon im ersten Pillars zu viel und ist es auch im zweiten.
Der Vorteil: Man kann nahezu alles irgendwie verarbeiten und verzaubern, so dass aus dem Wust an Zutaten durchaus etwas Sinnvolles entstehen kann. Es lässt sich auch alles gut sortieren und ist farblich so markiert, dass man quasi alles an Waffen und Rüstung, was nicht Blau oder Gelb, also irgendwie besonders ist, sofort verkaufen kann. Und genau so kann man dann an das benötigte Geld für weitere Schiffe, Kanonen, Segel oder auch besonders exklusive Ausrüstung kommen. Immer wieder entdeckt man innerhalb dieser inflationären Fülle auch liebevolle Kleinigkeiten wie etwa die Haustiere - man kann zig Hunde, Katzen, Schweine etc. finden, die dann als aktive Begleiter mitdackeln und permanente Effekte wie schnellere Heilung auslösen können.
Wie geht es weiter?
Es wird drei Erweiterungen von Juli bis November geben. Diese Downloadpakete sollen einzeln für knapp zehn Euro neue Quests zur Vertiefung der Geschichte, zusätzliche Gebiete und weitere Charaktere umfassen. Ein Season Pass, der alle beinhaltet, wird für 25 Euro veröffentlicht. Außerdem wird
Pillars of Eternity 2: Deadfire für Konsolen
erscheinen, allerdings erst im 4. Quartal 2018. Es soll für PlayStation 4, Xbox One und Switch umgesetzt werden, wobei dafür Red Cerberus verantwortlich zeichnet, während Obsidian lediglich als Publisher fungiert.