Eine revolutionäre KI?
Exoten finden sich ebenfalls wieder im Fuhrpark.
Die meiste Zeit kämpft man allerdings gegen so genannte Drivatare – ein interessantes Konzept, das bereits 2005 im ersten Forza Motorsport auf der Xbox vorgestellt und seitdem so stark weiterentwickelt wurde, dass es die herkömmliche KI hier ersetzt bzw. völlig umkrempelt. Die Idee dahinter: Auf der Piste sollen die Piloten menschlicher agieren. Sie sollen Fahrfehler begehen, individuelle Rennlinien fahren und mit Spontaneität überraschen – und sich weiterentwickeln. Quasi eine lernfähige KI, die völlig anders agiert als ein fest programmiertes Gegenstück, dessen Manöver man schnell durchschaut, so dass man sich darauf einstellen kann. Genau so war es in der Vergangenheit: Ich konnte selbst auf der höchsten Schwierigkeit z.B. immer vorhersehen, wo die Fahrer vor bestimmten Kurven bremsen werden – weil sie es immer so machten.
Hier läuft es anders, denn das Spiel analysiert pausenlos das Fahrverhalten jedes Spielers auf jeder Strecke. Wie hoch ist der Vollgas-Anteil? Wie oft und stark wird gebremst? Wie sauber fährt er die Kurven? Nutzt er effektiv den Windschatten? Unternimmt er perfekte Überholmanöver oder kommt es zu Rempeleien? Kann er driften oder nicht? All diese Erfahrungswerte und Daten fließen in die Persönlichkeit des Drivatars ein und bestimmen, wie er sich auf der Piste verhält – immerhin ist er Teil des Fahrerfelds anderer Spieler und sammelt sogar Prämien ein, die regelmäßig dem eigenen Konto gutgeschrieben werden. Meist mischt er in Rennen von Bekannten mit, die sich auf der eigenen Freundesliste befinden und die ebenfalls Forza 5 zocken. Umgekehrt kämpfen in eigenen Events vornehmlich die Drivatare von Freunden mit um den Sieg. Aber führt das nicht zu Problemen, wenn ein Freund z.B. alles in Grund und Boden fährt, man selbst aber eher als Anfänger unterwegs ist? Nein, denn obwohl man versucht, den Fahrstil von Menschen zu adaptieren, wird der Schwierigkeitsgrad trotzdem noch vom Spiel skaliert und man hat die Wahl zwischen acht Stufen, wie stark die Drivatare auftreten sollen. Wie immer gilt: Je höher die Anforderungen, desto höher fällt auch das Preisgeld aus. So verdient man als Fahrer deutlich mehr, wenn man gegen starke Gegner antritt und dabei weitestgehend auf Hilfen wie ABS, Traktionskontrolle & Co verzichtet. Allerdings gibt es generell noch einige Unterschiede zwischen den Leistungen von echten Spielern und ihren Drivataren. Ich musste zu Hause feststellen, dass die KI unseres Firmen-Gamertags, die ich mit meinen „Fahrkünsten“ maßgeblich geformt hatte, selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad völlig anders agiert als ich es tun würde. Ich würde z.B. nie auf die Idee kommen, auf einer langen Geraden auf die Bremse zu treten. Oder die Kurve so anzufahren, wie es der Drivatar macht.
Mehr Spieler als Rennfahrer
Die lernfähige KI hat derzeit noch wenig mit echten Rennfahrern gemeinsam.
Klar, in dieser frühen Phase darf man sich noch kein endgültiges Urteil bilden, denn die KI entwickelt sich ständig weiter. Hoffentlich werden im Rahmen dieser Evolution auch die mitunter heftigen Aussetzer minimiert – damit meine ich nicht nur die recht häufigen Rempeleinlagen, sondern krasse Wegfindungsprobleme, bei denen die Drivatare nach einem Abflug nicht mehr auf die Strecke zurückfinden. Generell hat man das Gefühl, hier eher in Online-Partien unterwegs zu sein. Die optional abschaltbare Verwendung von Fantasie-Lackierungen unterstreicht ebenfalls diesen Charakter. Vielleicht ist es genau das, was Turn 10 erreichen wollte. Ich für meinen Teil würde trotz des interessanten Drivatar-Konzepts eine fest programmierte KI bevorzugen, die wie ein Rennfahrer auftritt und nicht wie ein Spieler. Deshalb wäre es mir lieber gewesen, wenn man die Drivatar-Duelle in einen separaten Spielmodus ausgelagert hätte. Aber wie gesagt: Noch besteht Hoffnung, dass sich die KI so weiterentwickelt, dass man sie irgendwann tatsächlich mehr mit echten Rennfahrern und weniger mit Videospielern assoziiert.