Eine Stunde mit Saints Row
Wenn der Cousin vom Hausmeister bei Rockstar North twittert, dass er gerade supergern
Fortnite spielt, kommt am nächsten Tag bestimmt eine Gerüchte-News zum möglichen Battle-Royale-Modus in
GTA 6. Verbunden mit der Aussage, dass Fans aktuell befürchten, dass das Spiel erst irgendwann im Jahr 2026 erscheinen könnte. Weil: Es ist halt GTA. Jeder kauft es, jeder spielt es, jeder redet darüber und jeder ist gespannt, wie der nächste Teil wohl so wird. Spoiler: Rechnet mit einem Open-World-Actiongame, das in einer fiktiven nordamerikanischen Großstadt spielt, die sich an einer US-Metropole orientiert. Man wird Autos klauen, Banken ausrauben und dutzende Nebenbeschäftigungen angehen; und natürlich wird das so erfolgreiche wie langlebige GTA Online irgendwie in
GTA 6 integriert.
Kleine Kostprobe: Mittels drolliger Emotes zieht ihr Albernheiten ab - spielt z.B. Gitarre für die NPCs der Stadt.
Wenn Saints Row hingegen nur noch drei Monate vom Release entfernt ist, neulich schon seinen
absurd detaillierten Charakter-Editor vorgestellt hat und der Presse nun rund eine Stunde feinstes Ingame-Material gezeigt wird? Dann passiert zwar nicht Nichts, aber die allgemeine Aufregung hält sich doch ziemlich in Grenzen. Soll heißen: Mit dem, was mir letzte Woche von Saints Row gezeigt wurde – selbst zum Pad greifen durfte ich leider noch nicht –, ließen sich gleich mehrere Vorschauen füllen. Oder eben, auf Grand Theft Auto übertragen, GTA-News für die nächsten drei Jahrzehnte schnitzen. Ich will damit nicht sagen, der Trubel um die Marke GTA sei unverdient, doch der Unterschied in puncto Aufmerksamkeit zum doch ziemlich ähnlich gelagerten Saints Row ist erschütternd. Dabei hinterlässt der Reboot von Volitions Aushängemarke einen wirklich kompetenten Eindruck…
Die Spielebilanz des Studios aus Illinois, das heute unter dem Namen Deep Silver Volition firmiert, kann sich sehen lassen: Nach zwei starken
Freespace-Titeln und dem gelungenen Rollenspiel-Ausflug
Summoner stürzte sich das Studio aufs Shootergenre –
Red Faction verblüffte mit damals erstaunlicher Level-Interaktivität (Stichwort: Geo-Mod). Ein extrem brutales
Punisher-Spiel und ein
Red Faction-Nachfolger später schoss sich Volition, trotz einer anstrengenden Entwicklungsphase beim ersten Saints Row, auf ein vergleichsweise junges Genre ein: das der Open-World-Action. Die Marke Saints Row, von Beginn an als eine Art Gang-Simulator konzipiert, wilderte vom Start weg einigermaßen erfolgreich im Revier der GTA-Serie. Rockstar hatte damals bereits drei beliebte 3D-Episoden veröffentlicht –
GTA 3,
Vice City und
San Andreas –, doch Volition fand einen frischen Ansatz und schuf sich in der Folgezeit seine eigene Over-the-Top-Nische.
Sieht spaßig aus: Auf dem Dach der Fluchtkarre liegen und Blei auf die Polente regnen lassen.
Tester Mathias war bereits vom ersten Teil angetan (
84%) und bescheinigte der „dreisten GTA-Kopie, dass sie das bekannte Spielprinzip an genau den richtigen Stellen aufbohrt, um kleine Details ergänzt und zu einem actionlastigen Gangsta-Ausflug vermischt, der durchweg gute Unterhaltung bietet“. Drei Nachfolger, reichlich Dildowaffen, unendlich viele Eimer der Farbe Lila und das wenig erfolgreiche
Agents of Mayhem später, stehen Saints Row und damit Volition wieder an einer ähnlichen Position wie im Jahr 2006. Damals hatte Rockstar ein neues, extrem beliebtes Genre erschaffen, brauchte aber noch Zeit bis zum eigenen HD-Debüt – heute hat man mit
GTA 5 diesen Erfolg auf ein komplett anderes Level gehoben, doch niemand kann absehen, wann eine neue Episode für PS5 und Xbox Series X auf den Markt kommt. Saints Row hingegen, runderneuert und auf links gedreht, steht parat, das Feld der locker-flockigen Open-World-Action mit Gangster-Attitüde zu bestellen.