von Marcel Kleffmann,

Call of Duty: Modern Warfare - "Realistisch, relevant und provokativ": Katharsis als Ziel eines Videospiels

Call of Duty: Modern Warfare (Shooter) von Activision
Call of Duty: Modern Warfare (Shooter) von Activision - Bildquelle: Activision
Die Geschichte in der Einzelspieler-Kampagne von Call of Duty: Modern Warfare soll einen bewusst düsteren Grundton einschlagen. Auch über eine Annäherung an die "reale Gewalt" von Kampf- oder Kriegssituationen wird berichtet, u. a. bei PCGamesN oder PC Games. Schon bei Modern Warfare 2 versuchten die Entwickler in der berühmt-berüchtigten Flughafenmission (Stichwort "No Russian") solche kritischen Situationen anzugehen - mit gemischtem Erfolg.

Jacob Minkoff (Campaign Director) sagte gegenüber PCGamesN: "Ich denke, wir als Medium und wir als Entwickler im Allgemeinen haben Angst davor, bestimmte Themen zu behandeln. Wir haben jetzt genauso viel Angst wie zu Zeiten von "No Russian". (...) Ich denke, es gibt eine gefühlte Tendenz, dass wir keine Dinge tun können, die Homeland oder American Sniper tun. Fernsehen und Filme können diese nachvollziehbaren, realistischen, relevanten und provokativen Geschichten erzählen, die die Menschen wirklich berühren. (...) Ich denke, es ist wichtig für die Menschen, Unterhaltungsprodukte zu haben, die sich wie eine Katharsis anfühlen, damit sie sehen, wie ein Held die Widrigkeiten in einer Welt überwindet, die sie als ihre eigene anerkennen, um direkt Einfluss zu nehmen und Maßnahmen zu ergreifen, die die Welt, in der wir alle leben und in der wir uns fürchten, ein wenig besser zu machen. (...) Ich meine, scheiß drauf, scheiß auf diese Regeln, was Videospiele können oder nicht, wir werden etwas Neues machen und nicht davor zurückschrecken und wir werden den Spielern diese Katharsis geben, genau deshalb bin ich bei diesem Projekt dabei."

Das psychologische Konzept der Katharsis bezeichnet das Ausleben innerer Konflikte/Spannungen und verdrängter Emotionen (durch emotionales Abreagieren), wodurch die vorhandenen Konflikte reduziert werden sollen.

Abgesehen von der Erschaffung von Charakteren/Figuren, mit denen sich die Spieler identifizieren können, haben die Entwickler mit Menschen aus der ganzen Welt zusammengearbeitet, schließlich fußt der Shooter auf durchaus realen (gewalttätigen) Ereignissen und persönlichen Schicksalen. Sie hätten Berater mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen engagiert, die dafür sorgen sollen, dass die Präsentation der Ereignisse möglich akkurat und respektvoll ist. Das "Drehbuch" wurde ebenfalls an zwei Berater aus dem "Nahen Osten" geschickt, erklärte Minkoff.

Abschließend sagte er: "Wir sind nicht so arrogant zu glauben, dass wir all die Nuancen verstehen werden, wie diese Art von Ereignissen und Themen die Menschen auf der ganzen Welt beeinflussen könnten. Wir scheuen uns nicht vor provokanten Themen, wir ziehen nicht die Fäden, aber wir achten darauf, dass wir so viele Menschen wie möglich engagieren, um sicherzustellen, dass wir die Dinge richtig machen."

Call of Duty: Modern Warfare wird am 25. Oktober 2019 für PC via Battle.net, PlayStation 4 und Xbox One erscheinen. Es wird eine Einzelspieler-Kampagne mit Geheimoperationen in europäischen Städten und im Nahost, einen kooperativen Spielmodus mit Eliteoperationen auf mehreren Schwierigkeitsstufen und einen "actiongeladenen Multiplayer-Spielplatz mit dem klassischen Mehrspieler-Modus" geben. Auch Cross-Play zwischen PC und Konsolen wird unterstützt. Ein Season Pass ist nicht geplant. Weitere Details findet ihr hier.

Letztes aktuelles Video: Ankündigung

Quelle: PCGamesN

Kommentare

hierunddaundueberall schrieb am
Weiß nicht so recht. Nachdem ich den Trailer gesehen habe wirkt das schon alles wieder blumig-heroisch. Da zieht ein Kamerad einen anderen heroisch aus dem Feuer und markige Sprüche (we get dirty but the world stays clean) werden gerissen. Das lässt mich nicht wirklich daran glauben, dass das irgendwie allzu "gefühlvoll" wird.
Aber ich verstehe die Entwickler da schon. Ohne jemandem zu Nahe treten zu wollen. Aber wer COD kauft erwartet eben auch COD. Der übliche COD-Spieler möchte wahrscheinlich lieber eine prollige "badass" Kampagne, statt einer gefühlvollen "Ballade". In wie weit der Spagat gelingt Spieler die vielleicht etwas "Neues" suchen und Spieler die das " alt-bewährte" wollen gleichermaßen zufrieden zu stellen wird sich zeigen.
nawarI schrieb am
Fragt mich nciht, wie ich jetzt darauf komme, aber eine Stelle, die mich in einem Videospiel mal wirklich bewegt hat, war in Magicka.
Man spielt einen Zauberer, kommt an einem Bauernhof vorbei, wo Bauer und Bäuerin gerade draußen arbeiten und in diesem Moment greifen Goblins an.
Wir haben gekämpft, die Goblins waren besiegt, die NPC-Bäuerin ist gestorben und ich hätte weiter laufen können. Wenn man aber jetzt den Bauer anspricht, flüstert er nur traurig den Namen seiner toten Frau.
Man hat keinen der beiden zuvor je mal gesehen und egal wie das ausgeht, sieht man die beiden im weiteren Storyverlauf auch nicht mehr, aber irgendwie hatte ich doch ein bisschen Mitleid mit diesem kleinen NPC-Bauern, weil ich seiner Frau nicht helfen konnte.
(Hab dann nochmal neu geladen, beim dritten Versuch haben beide überlebt, jippie!)
Sache ist halt die, dass der Spieler sich auch emotional auf solche Situationen einlassen muss. Wenn ich jetzt sage, ich jage alles in die Luft, weil es eh virtuell ist, dann hinterlässt das freilich keinen Eindurck.
Außerdem haben wir in unser heutigen Zeit eine sehr starke mentale Sperre dagegen aufgebaut. Auch bei Filmen hat man zum Glück immer im Hinterkopf, dass das alles ja nicht echt ist, weshalb sich die Macher immer mehr anstrengen müssen, den Spieler zu schockieren.
Videospiele müssen hier auch aufpassen, dass sie den Spieler nicht vergraulen, weil sie den Spieler ja auch motivieren müssen.
Spec Ops: The Line hat dies insofern sehr interessant gemacht, dass es Schusswechsel gab, die wirklich Spaß gemacht haben - An einer Stelle hat ein Gegenspieler über Lautsprecher einen Rockenroll-Song gespielt, während er dem Spieler Kanonenfutter entgegenschickt. Diese Stelle hat Spaß gemacht, aber kurz darauf hat das Spiel dir ein schlechtes Gewissen gemacht, dass du in so einer Situation Spaß hattest.
Sarkasmus schrieb am
Gibt mir nen Bumkrach Shooter mit einem schnellen Paceing und einem 6-8 Stunden SP und ich bin zufrieden 8)
Isegrim74 schrieb am
Danny. hat geschrieben: ?02.06.2019 15:01 bin gespannt, ob sie es wirklich schaffen einen zum Unwohlsein zu bringen
wirklich schuldig habe ich mich in Videospielen bisher nie gefühlt wenn ich Zivilisten oder Kinder erschieße, Sprengsätze in der Öffentlichkeit zünde oder Omas ihren 90er Jahre Kombi mit einem Kopf-auf-Lenkrad-Move klaue
dieses mulmige Gefühl schaffen bisher nur Filme bei mir, wobei gerade die Spiele der letzten Jahre einfach auch aufgrund ihrer guten Grafik schon sehr nahe an solche Gefühlslagen herankommen
Gefühl ist allerdings hier nicht gleich Gefühl - Mitgefühl, Freude, Trauer erreichen Spiele schon lange, aber dieses auf die Realität beziehen und Angst entwickeln hab ich bisher noch nicht so erlebt
Habe bisher nur ein einziges Spiel so wahrgenommen, dass mich über meine Entscheidungen mit den dazugehörigen Konsequenzen erschüttert zurückließ: Yager's "SpecOps - The Line". Ist heute grafisch angestaubt (welch' illustres Wortspiel), aber von der Story immer noch extrem heftig und erschütternd mit einem Twist am Ende, der mich an "Jacobs Ladder" erinnert hat. Wirklich empfehlenswert! Hab es seit Erscheinen in meiner Steambibliothek und vor ein paar Wochen habe ich es mir nochmal auf GoG zum dortigen Re-Release gekauft.
Beim neuen CoD bleibe ich mal neugierig, ob die sich wirklich soviel zutrauen und wieviel Kritik sie dabei ertragen können, wenn der Vorwurf der Darstellung der Gewalt wegen der Gewalt im Raum stehen wird. Denn Kritiker werden da sehr schnell am Start stehen - erlebt man bei Filmen auch so häufig. Ich gehe dabei von einem Ansatz aus, dass die Gewalt nicht zum Selbstzweck verkommt, sondern Bestandteil der Story ist oder dazu beiträgt, eben die Kriegsgräuel ansatzweise verständlich zu machen. Ich gehe nicht davon aus, dass wir das ganze Spektrum eines solchen Grauens zu sehen bekommen. Wie gehabt, SpecOps - The Line hat sich da schon viel getraut weitab von Massentauglichkeit (Stichwort: Mutter, die Ihr Kind in den Armen hält).
SethSteiner schrieb am
@Wortgewandt
Inwiefern ist es weniger realistisch, nur weil du keine Todesangst fühlst? Wenn ich einen Flugsimulator habe, riech ich auch nicht wie es im Cockpit ist oder fühl die G-Kraft beim beschleunigen, trotzdem ist es ist der Simulator realistisch. Und ich denke, realistische Darstellungen sind nicht verkehrt, eben weil man dadurch ein besseres Verständnis dafür entwickelt, wie die Realität aussieht.
@Verschwörungstheoretiker
Ich kann nicht sonderlich nachvollziehen, was die Faszination an Call of Duty ist oder wo einem der Tod dieser Charaktere nahe gehen könnte. Die Serie ist für mich nichts was sich für mich durch nennenswerte Charakterzeichnung/Storytelling auszeichnet. Aber nur weil die Serie sich nicht durch Komplexität und Tiefe auszeichnet, sondern stattdessen mehr durch einfache Effekte (auch wenn Call of Duty fast durchgängig technisch veraltet ist), sind die Konsumenten oder Fans nicht geistig minderbemittelt. Der Konsum und der Spaß an einfacher Unterhaltung sagt nichts darüber aus was für ein Mensch man ist.
schrieb am