Der Elefant im Raum
Bis hierhin also alles vom Feinsten, oder? Bis auf das schlaffe, weil wenig detailreiche Schadensmodell, die verschachtelte Menüstruktur und die an einigen Stellen veraltete Präsentation von Interview- oder Team-Anfragen auf jeden Fall. Dann werfen wir doch einen Blick in den F1-Life-Modus, der uns auf dem sehr geduldigen Papier das Leben eines echten Formel-1-Piloten neben der Strecke schmackhaft machen soll. Dort dürfen wir uns eine Behausung einrichten, mit neuen Hosen, Kappen oder Sonnenbrillen unsere uneingeschränkte Coolness betonen und sogar ans Steuer von Supersportwagen wie einem AMG GT Pro oder Aston Martin DB11 AMR dürfen wir uns setzen. Der Kauf klappt übrigens mit vom Spiel vergebenen Münzen, die nicht Teil des Mikrotransaktions-Wahnsinns sind. Gefahren werden mit den Supersportlern dann verschiedene Einzelwettbewerbe oder Geschicklichkeitsaufgaben.
Die Aufgaben der Supersportwagen-Rennen sind ermüdend, die fragwürdige Fahrphysik der Karossen schlägt diesen Events ganz schnell den Sargnagel ein.
Die modischen Accessoires sind ein unnötiger Bezahlinhalt, auch weitere kosmetische Gegenstände wie neue Handschuhe oder Lackierungen unterliegen dieser unheiligen Mechanik. Was aber fast noch schlimmer wiegt, sind die mühsam und aufgesetzt in den Spielinhalt eingewebten Fahrpassagen mit den Supersportwagen. Die machen dank einer unglaublich schlechten Fahrphysik – alle Fahrzeuge übersteuern, wie man es in einer Simulation bisher selten erleben musste – nicht nur schlicht keinen Spaß, sondern fügen sich derart kantig und ungelenk in den Verlauf einer Karriere ein, dass man sich schon fragt, warum hier wichtige Entwickler-Ressourcen verschwendet wurden. Ich muss mich zwicken, bevor ich glaube, was ich jetzt schreibe: Ich hätte gerne einen neuen Story-Modus für F1 22 gehabt, die Umsetzung einer Fahrergeschichte mit Tücken und Wendungen war schon in
F1 2021 viel besser als gedacht. Auch eine Spielvariante mit historischen Fahrzeugen der Formel Eins oder Herausforderungen aus der Vergangenheit ("Überhole Damon Hill in den letzten zwei Runden!") wäre eine maximale Bereicherung für das komplette Spielerlebnis bei F1 22 gewesen. Den F1-Life-Modus braucht hingegen kein Mensch, der sich für Rennspiele interessiert. Kann der Hersteller gerne wegpatchen und durch eine der oben genannten Alternativen ersetzen...
Neues Team, neues Glück
Die Regenrennen sind optisch – auch wenn man kaum etwas sieht – ein absoluter Hingucker und mit den richtigen Reifen meist gut zu bewältigen.
Meine Fahrerkarriere für das McLaren-Team hat mir letztlich einen 4. Platz beschert, der Geschwindigkeit von Ferrari und Red Bull war wenig entgegenzusetzen. Auch Hamilton erholte sich im Laufe der Saison deutlich und hoppelte immer öfter an mir vorbei. Zwei unfallbedingte Ausfälle in Singapur und Aserbaidschan, ein großer Sieg in der Regenhölle von Katalonien und drei weitere Plätze auf dem Podest, lassen für mich auf jeden Fall nur einen Schluss zu: Ich werde mein Glück bei einem neuen Team versuchen, dass momentan noch gar nicht in der Formel 1 vertreten ist. Als Fahrer des Teams "4Players" mitsamt passend lackiertem Auto versuche ich mit einem Renault-Motor in der nächsten Saison, die heute Abend startet, mein Glück. Erste Testläufe waren bereits äußerst vielversprechend. Allerdings kann ich mich hier nicht einfach ins Cockpit fallen und dem Rest der Crew die ganze Arbeit überlassen. Nur mit einer genauen Finanzplanung, sinnvollen Weiterbildungsmaßnahmen für meine Team-Kollegen und mich sowie hohen Investitionen im Bereich von Forschung und Entwicklung kann das neue 4Players-Team von einem Sieg über die alteingesessenen Schwergewichte träumen.