Keine sensiblen Superschurken
Da ich persönlich dem Gedankenspiel nicht abgeneigt bin, Superhelden in ihre Schranken zu verweisen, trifft Suicide Squad: Kill the Justice League grundsätzlich einen gewissen Nerv bei mir – auch wenn ich dafür eben
unfassbare Arschlöcher spielen muss. Und ja, Harley Quinn und ihre Freunde wider Willen bleiben bis zum Ende hin fiese, wenn auch arg unterhaltsame Dreckssäcke. Zwar zeigen sich zwischendurch mal ein paar kleine Risse, in denen die Unsympathen so etwas wie ein Gewissen entwickeln, aber ihr moralischer Kompass bleibt stets auf Loser-Richtung eingestellt.
Das macht sich oft in den teils
beeindruckend inszenierten Zwischensequenzen bemerkbar, die ohne Frage
Klare Message, die man nicht übersehen kann: Alle sind hier willkommen.
zu den Stärken des Loot-Shooters gehören und mich mehrfach zum schmunzeln, manchmal sogar fast zum Lachen gebracht haben. Der hervorragenden Mimik, dem teils sehr passenden
komödiantischen Timing und der großartigen (englischen) Synchronsprecher-Leistung sei Dank. Wer jedoch mit flapsigen Bemerkungen unterhalb der Gürtellinie oder dümmlichen, der Situation kaum angemessenen Kommentaren nichts anfangen kann, der wird bei diesem Humor vermutlich nur die Nase rümpfen.
Darüber hinaus sind die Zwischensequenzen optisch eine Wucht, bei denen hin und wieder die geballte Comic-Action geliefert wird. Wenn Wonder Woman offen in den Kampf übergeht und sich ein
brachiales Kräftemessen mit Superman liefert, ist das rein visuell ein echter Hingucker. Außer für den Mitgliedern des Suicide Squad, denen in diesen Sekunden klar wird, dass sie eigentlich gegen diese gottgleichen Kräfte kaum eine Chance haben – außer man spielt besonders dreckig.
Kämpfe: Wenn das Adrenalin kickt
Schließlich verfügen Boomerang, King Shark, Harley Quinn und Deadshot über keine besonders mächtigen Fähigkeiten – und sie sind auch nicht stinkreich, um für jede Situation ein passendes Gadget bauen zu können. Dementsprechend verlässt sich das Team auf
rohe Gewalt in Form von Schuss- und Nahkampfwaffen in
Der schnellste Mann der Welt steht auf der Abschussliste.
Kombination mit einem abwechslungsreichen, von Tempo getriebenen Bewegungssystem. Alle vier Antihelden haben ihre eigene Art, sich durch Metropolis zu bewegen: Harley schwingt sich mit einer Drohne von Dach zu Dach, Deadshot setzt auf ausgiebige Jetpack-Ausflüge, King Shark kann gigantisch weit und hoch hüpfen, während Boomerang seine Kehrwiederkeule als eine Art Teleport benutzen darf.
Wenn man nach ein wenig Übung die jeweilige Fortbewegungsmethode verinnerlicht hat, dann entwickeln sich die Kämpfe in Suicide Squad zu einer
adrenalinhaltigen Mischung aus
Doom Eternal und
Sunset Overdrive. Auf einem Fleck stehen bleiben und in Ruhe schießen ist quasi nie eine Option, stattdessen heißt es
immer in Bewegung bleiben, zwischen Nah- und Fernkampf wechseln, überall seine Augen haben, die Anfälligkeiten der Gegner auswendig lernen, die wenigen Spezialfähigkeiten bewusst einsetzen und auf das eigene Schild Acht geben. Vor allem Letzteres spielt eine wichtige Rolle, denn die bläuliche Leiste lädt sich nicht von selbst auf. Stattdessen muss ich manche Feinde erst wortwörtlich mit einem Schuss in die Beine auf den Boden zwingen, damit ich ihnen mit einem saftigen Schlag die Schilder aus dem Körper knalle.
Da hört es aber nicht auf, denn mit zunehmender Spieldauer wirft mir Suicide Squad: Kill the Justice League immer mehr (Elite-)Gegner und Feindtypen, darunter nervige Scharfschützen, von Green Lantern beschützte Helikopter und mit Lasern ausgestattete Panzer, gegen die Verbrecherbrust. Hinzu kommt ein
Schwall von Einblendungen, Schadenszahlen, grell-leuchtenden Effekten, blinkenden Buffs und noch so viel mehr, welches den kompletten Bildschirm vollkleistert. Da dann noch die Übersicht zu behalten, fällt zu Beginn nicht gerade einfach. Je intensiver ich mich allerdings mit den Kämpfen auseinandersetzte, desto schneller verinnerlichte ich die einzelnen Mechaniken: Aus dem extremen Chaos wurde ein
Action-Fest auf Höchstgeschwindigkeit, bei dem es sekündlich knallt und mich die zwischenzeitlich gefundene legendäre Schrotflinte zu einem Berserker mutieren lässt, der sich nur so durch die Horden von Alienwesen pflügt. Ein kurzweiliger Spaß!
Fühle die Suicide Squad – oder nicht
Trotz der unfassbar flüssigen und mehr als nur unterhaltsamen Kämpfe, leidet das System unter
einem großen Problem: Ich fühle mich zu keinem Zeitpunkt, als würde ich gerade Harley Quinn oder Captain Boomerang spielen. Am allerbesten passt das System noch zu jemanden wie Deadshot, der ja ohnehin ein klassischer Auftragsmörder ist. Alle anderen gehören hingegen nicht unbedingt in diese Kategorie, wodurch die Charaktere rein
spielmechanisch austauschbar wirken. Statt King Shark könnte der Charakter auch Kaiser Thunfisch heißen, es
Hoffentlich schafft das angekündigte Wonder Woman, dass ich mich wie die Superheldin fühlen kann.
würde keinen wirklichen Unterschied machen, denn die eigentlichen Stärken des DC-Charakters kommen quasi nicht zum Einsatz.
Das haben vergangene Superhelden-Spiele in der Regel besser hinbekommen: In der Arkham-Trilogie habe ich mich tatsächlich
wie Batman gefühlt, wenn ich durch Gotham beziehungsweise Arkham City flog oder Gegner erst am Wasserspeier aufgehangen habe, um danach dem Rest dank Free-Flow-Kampfsystem das Gesicht weichzuklopfen. Schwinge ich elegant durch New York City, dann bin ich in diesem Moment Spider-Man und schieße ich mit zu losem Mundwerk und Jetpack-Schuhen auf Feinde, dann bekomme ich den Eindruck, tatsächlich Star-Lord unter meiner Kontrolle zu haben.
Suicide Squad hingegen opfert zugunsten einer zwischen den Charakteren vergleichbaren Spielerfahrung die jeweiligen Alleinstellungsmerkmale seiner Comicvorbilder. Das ist schade, wenn auch angesichts des gewählten Genres eine nachvollziehbare Entscheidung.