Große Sprüche – keine Taten?
Verstärkt wird dieser gehetzte Ablauf durch eine Hektik im Kampf, die dem unausgewogenen Verhältnis von ATB-Aktionen und Echtzeit-Action zu verdanken ist. Denn während der komplette Ablauf beim Auswählen einer Aktion fast komplett angehalten wird (wobei man die Mitstreiter hin und wieder in coolen Superzeitlupen kämpfen oder fliegen sieht), lädt man die ATB-Leisten sehr schnell auf. Man ist also lange im Menü, schnetzelt oder ballert dann ein paar Sekunden lang – und landet umgehend wieder im Menü. Schwungvolle Choreografien werden dadurch ständig unterbrochen…
… was auch daran liegt, dass die Begleiter ausnehmend wenig Interesse daran zeigen überhaupt am Geschehen teilzunehmen. Tatsächlich stehen die gerade nicht aktiven Charaktere oft tatenlos herum, weshalb man unaufhörlich damit beschäftigt ist, eine ATB-Leiste zu füllen, die Figur zu wechseln, deren ATB-Leiste zu füllen usw. Enervierend ist das auch deshalb, weil etliche Gegner nicht nur großen Schaden anrichten, sondern hauptsächlich darauf aus sind, Bewegungen und Aktionen der Helden zu unterbrechen. Rechtzeitig Ausweichen reicht ja oft nicht, um das zu verhindern, und dass man relativ häufig also nicht einmal zum Zug kommt, ist dem Spielfluss nicht gerade zuträglich.
Leider sind die Geschichten der Nebenmissionen kaum der Rede wert. Mehr als profane Erledigungen erlebt man nicht.
Man muss die Mitglieder der eigenen Gruppe schon deshalb ständig im Auge behalten, da sich selbst Fernkämpfer direkt vor starken Feinden platzieren und damit in Gefahr begeben. Magierin Aerith verlässt sogar selbstständig ihren Kreis, aus dem heraus sie zwei Zauber pro Aktion auslösen kann. Sie muss man also vor jedem Einsatz erst wieder dorthin schieben, um anschließend relevanten Schaden anzurichten; das macht auf Dauer keinen Spaß. Ich vermisse eine Art Gambit, mit dem man in
Final Fantasy 12 taktischen Einfluss auf besser mitdenkende Kameraden hatte. Stattdessen wühlt man sich hier durch ein recht chaotisches System, das ein großes Potential hat, es aber zumindest nicht über die gesamte Spielzeit ausschöpft.
Wütende Bosse und starke Helden
Ein New Game+ gibt es zwar nicht. Aber wer das Remake durchgespielt hat, kehrt mit dem entsprechenden Spielstand in alle Kapitel zurück, wo zusätzliche Sammelgegenstände sowie neue Herausforderungen warten. Wahlweise steht dann außerdem der höchste Schwierigkeitsgrad zur Verfügung, auf dem man im Kampf keine Gegenstände benutzen darf, weshalb die Ausrüstung noch besser auf die jeweilige Gruppe abgestimmt sein muss.
„Nicht über die gesamte Spielzeit“: diese Einschränkung ist wichtig. Es gibt nämlich durchaus Momente, in denen durch Action und ATB eine kraftvolle Dynamik entsteht, die es in sich hat! Das sind vor allem die Begegnungen mit Bossen bzw. größeren Widersachern, von denen es schon zu Beginn einige, bald mehr und im letzten Drittel dann so viele gibt, dass gefühlt kaum noch etwas anderes geschieht. Diese Kämpfe werden ja nicht nur aufwändig inszeniert; sie geben auch spielerisch Gas, wenn etwa der beschworene Ifrit vor einem riesigen Boss wütet, dem man gleichzeitig mit einem Limit Break zusetzt, während Barrets Maschinengewehr in den Overdrive geht und Aerith sämtliche Gegner verzaubert. Hat man die Feinheiten des Kampfsystems erst mal verinnerlicht und die Ausrüstung so abgestimmt, dass man im Sekundentakt mächtige Aktionen aneinander kettet, während man viele wichtige Entscheidungen trifft, weil besonders Bosskämpfe herrlich fordernd sind, dann erlebt man ungemein befriedigende Augenblicke.
Unterschätzt nicht die Anzahl dieser oft langen Gefechte! Das sind ausführliche, spannende Szenen, die man fast durchgehend im ersten Anlauf packt – aber nicht, ohne viele kritische Augenblicke zu überstehen. Umso süßer schmecken im Anschluss die Siege. Und umso besser ist es, dass man in diesen Szenen meist Zeit bekommt, sich auf das Verhalten der Bosse zunächst einzustellen, bevor sie ihre ganz dicken Keulen auspacken. Den Charakteren bleibt später außerdem keine Zeit mehr für allzu alberne oder gar unlogische Macken und so gewinnt sogar die filmische Inszenierung mit fortschreitendem Verlauf dazu. Auf diese Weise und im Einklang mit dem starken Soundtrack inszeniert Nomura ausgesprochen starke, erinnerungswürdige Momente – sowie ein Finale, das mich nach den holprigen ersten Stunden mit einem richtig guten Gefühl zurückließ.