Holen, bringen und schnell reagieren
Zwar gibt es auch Hol- und Bringdienste sowie klassische Suchaufgaben: Hier einen Brief überbringen, da eine Vermisste finden. Aber schön ist, dass einige Quests vom Schema F abweichen, indem sie nicht nur über Notfälle per Funk für Echtzeitspannung sorgen: Man muss in einer Situation z.B. schnell reagieren und die Umgebung nutzen, indem man eine Säule zum Einsturz bringt, um einen Ertrinkenden aus dem See zu retten. In einer anderen Situation gilt es ein brennendes Haus zu löschen, indem man umgehend für Wasser sorgt – aber wie?
Hinzu kommen Situationen, in denen man über Fähigkeiten etwas reparieren muss oder in denen man anhand eines
Für manche Abkürzungen muss man Schlösser knacken oder rohe Gewalt anwenden.
Schaltplans den Strom in Räumen aktivieren muss, so dass sich die Luftschleusen öffnen – ohne dass das System überlastet wird. Und wer Aufträge für General Vargas besonders gut erledigt, wird auch mit fortschrittlichen Waffen, Rüstungen oder Amuletten in der Basis belohnt, die dauerhaft eine Fähigkeit verbessern.
Sehr klassisch, aber vielfältig ist auch der Einsatz der im weitesten Sinne diebischen Fähigkeiten. Die werden nicht als aktive Minispiele, sondern als Statistikprobe über eine kleine Animation inszeniert. Man kann zig Schlösser aufbrechen, Safes knacken, Codes hacken, Alarm abschalten sowie Fallen entschärfen – und das wird mitunter mehrfach verknüpft. Sehr konsequent: Kommt es bei einer Probe zu einem kritischen Fehlschlag, bleibt der Safe auch bis Spielende verschlossen. Apropos keine Öffnung: Selbst wer Zäune oder Gatter aufbrechen will, muss einen Charakter mit entsprechender Stärke und der Fähigkeit in roher Gewalt einsetzen.
Alles hat Konsequenzen
Egal was man tut: Es hat Konsequenzen - im Kleinen sowie im Großen. Man geht trotz der Warnung der Wachen noch ein paar Schritte weiter auf das Heiligtum zu? Pech gehabt, sie greifen sofort an. Man erschießt den schmierigen Zuhälter, der eine Familie bedroht? Das fühlt sich gut an, aber eine Minute später kommt die Durchsage per Funk, dass die mächtige Gang der "Red Scorpions" einen quasi für vogelfrei erklärt hat. Man rettet Highpool mit seiner Wasserversorgung statt das AG Center mit seiner Bioforschung? Tja, dann breitet sich der Virus aus und plötzlich werden Orte auf der Karte infiziert. Man zerstört die Strukturen einer Sekte, die Nuklearsprengköpfe anbetet und Wegezoll nimmt? Ist möglich, aber danach sichert niemand mehr den Weg durch den Canyon, Gangs füllen das Machtvakuum und viele offene Aufträge werden vielleicht ad acta gelegt.
Und das ist eine große Stärke von Wasteland 2, denn so spielt man aufmerksamer und überlegt länger, wie man handelt. Aber selbst als Diplomat hat man es mitunter schwer: In einem Gebiet wird quasi der Palästina-Konflikt im
Lust auf eine Tour? In der Basis der Desert Ranger werden historische Artefakte ausgestellt...
Kleinen simuliert, indem man zwischen zwei scheinbar unversöhnlichen Parteien verhandelt, die bis zur Schmerzgrenze stur sind und dabei das Leben ihrer Leute aufs Spiel setzen. Dabei hat man viele Möglichkeiten: Man kann sich für eine Partei entscheiden, beide Anführer eliminieren oder tatsächlich die Versöhnung anstreben – dann sollte man rhetorisch sehr gut ausgebildete Leute dabei haben. Zwischen all diesen Möglichkeiten kann natürlich viel schief gehen.
Das Nachdenken zahlt sich aus, denn es gibt auch positive Auswirkungen, von Kommentaren bis hin zu aktiver Unterstützung: Wer sich wie ein echter Desert Ranger aufführt, wird im Lager von den Kumpels gelobt. Wer einem Haufen halb Verdursteter mit seinem Wasser hilft, trifft sie später in einer Siedlung und kann auf sie zählen. Wer einen Jungen vor dem Ertrinken rettet, wird es leichter haben, in seiner Familie und bei seinem Clan angehört zu werden. Dabei ist es schwierig, den aktuellen Status quo im Auge zu behalten: Es gibt weder ein Moralsystem noch eine Übersicht der politischen Fraktionen - man muss die Lage anhand der Reaktionen der Leute einschätzen.
Auf die kleinen Dinge achten
Wasteland 2 animiert auch abseits der Quests dazu, wirklich auf alles zu achten. Vor allem, wenn aufgebrachte Leute betonen, dass man kein Wort mehr sagen, keinen Schritt mehr machen soll. Selbst aus normalen Situationen heraus
Wer die Gegend aktiv erkundet, kann nicht nur Fallen frühzeitig finden.
kann es plötzlich zu Konflikten kommen, wenn man nicht zuhört: Da steht jemand an einem Friedhof, der den Desert Rangern offenkundig misstraut. Wer jetzt die Schaufel rausholt und etwas in den Gräbern buddelt, hat die gesamte Siedlung gegen sich!
Bei allem Lob, gibt es auch im Bereich der oftmals sehr glaubwürdigen Reaktionen einige Ernüchterungen. Ab und zu kann man die Häuser oder Zelte der Leute einfach so betreten und darin alles klauen, ohne dass sie reagieren. Und das, obwohl sie im Dialog noch betonen, dass sie um Privatsphäre bitten oder dass man nichts anfassen soll. Die Grenzen zwischen beliebiger Klauerei und geahndetem Diebstahl sind nicht immer zu erkennen.
Es kommt auch zu einigen sehr witzigen , mitunter auch tragischen Situationen, weil die NSC eben ihren eigenen Kopf haben. Im Zweifel schrecken sie auch vor Mord nicht zurück! Manchmal verlassen sie die Gruppe, weil sie einen Verwandten getroffen oder einfach anderes vorhaben. Dazu gehören auch Kleinigkeiten: Man kann nicht einfach Dinge aus ihrem Inventar nehmen, manche behalten sogar jede Munition, die man ihnen gibt. Schade ist allerdings, dass man sich nicht gezielt mit ihnen unterhalten kann, um vielleicht persönliche Quests zu erhalten. Wer die NSC besser im Auge oder einfach sammeln will, kann sie übrigens in der Ranger Citadel als neue Rekruten abliefern.