Special: Fallout Serie (Filme & Serien)

von Sören Wetterau



Entwickler:
Publisher: Amazon
Release:
12.04.2024
Spielinfo

Das Spiel eingefangen

Eine Serie lebt, anders als es bei Spielen oftmals primär der Fall ist, in erster Linie von ihrer Handlung, von ihren Charakteren und den Dialogen. Fallout bildet hierbei keine Ausnahme, obwohl sich die Verfilmung einen wichtigen Punkt der Bethesda-Rollenspiele leiht: Die eigentliche Prämisse ist nicht der spannendste Faktor. Die lässt sich im Grunde sogar sehr einfach zusammenfassen: Lucy bricht eines Tages gezwungenermaßen aus ihrem Vault 33 auf, um sich auf die Suche nach ihrem Vater zu begeben – Fallout 3 lässt grüßen. Zugegeben: Es ist im Grunde die einzige Überschneidung, die beide Handlungen haben, denn abseits von dieser Gemeinsamkeit sind sie sehr verschieden.

Originell ist Fallout trotzdem erst einmal nicht, denn natürlich verläuft die Suche keineswegs nach Plan: Es gibt Rückschläge, Umwege müssen genommen und ungewohnte Freunschaften geschlossen werden. Zwischendurch gibt es noch ein bestimmtes Objekt, hinter dem alle irgendwie her sind, dessen Wert erst ganz zum Schluss so richtig greifbar wird, und einen riesigen Einfluss auf die Fallout-Zukunft haben könnte. Das eigentliche Ziel, das Finden von Lucys Vater, rückt in den Folgen immer mal wieder in den Hintergrund, wodurch Fallout viel von seiner Vorlage bestens einfängt. Auch in den Spielen von Bethesda ist der eigentliche Kern nie das Ausschlaggebende, sondern am Ende nur ein roter Faden, zu dem man jederzeit zurückkehren kann, während man die vielen faszinierendere Ecken der Spielwelt erkundet und abgefahrene Nebenstränge erlebt.

Die Serie bietet ein ähnliches Erlebnis, denn das Dreiergespann um Lucy, dem Ghul und Maximus, ein Mitglied der Brotherhood of Steel, erleben in dieser verstrahlten, heruntergekommenen Welt mehr als nur eine stumpfe Reise von A nach B. Dabei überzeugt vor allem Ella Purnell: Obwohl ihr Charakter Lucy im Vault 33 hervorragend ausgebildet wurde, muss sie an der Oberfläche feststellen, dass ihre hochmotivierte, intelligente Art nicht allzu viel Anklang findet. Freundlichkeit? Regeln? Gesetze? All das gibt es nicht und das bekommt sie mehr als nur einmal zu spüren, wodurch sie eine nachvollziehbare Entwicklung durchlebt. Auch Maximus-Darsteller Aaron Moten weiß zu begeistern, insbesondere im späteren Zusammenspiel mit Purnell, bleibt aber gefühlt ein wenig hinter seinen Möglichkeiten. In ihm entwickelt sich schon früh ein Zwiespalt darüber, ob die Ziele der stählernen Bruderschaft tatsächlich so ehrenhaft und positiv für die restliche Menschheit sind – leider kratzt man dabei in den acht Folgen nur an der Oberfläche.

Brilieren tut derweil Walton Goggins als Ghul, mit dem die Serie anfängt: Am Tag des Atombomben-Einschlags ist Goggins noch als Cooper Howard auf einem Kindergeburtstag zu sehen. Zu einem Vault schafft er es offenbar nicht mehr rechtzeitig, denn im Jahr 2297 ist er nur als noch mutierter und durchtriebener Kopfgeldjäger Ghul inklusive nicht mehr vorhandener Nase unterwegs, dessen eigentliches Motiv für seinen hartnäckigen Überlebenswillen in Form von Rückblenden verraten wird. Immer wieder gewährt die Serie dadurch kleine Einblicke in das Leben des einstigen Hollywood-Stars, welcher sich Stück für Stück bei Vault-Tech auf Wunsch seiner Frau einspannen lässt. Seine Motive sind am Ende die verständlichsten und greifbarsten, zudem viel mehr über die Erbauer der Atomschutzbunker verraten wird, als man hätte im Vorfeld ahnen können.

Wo sind denn die Monster?

Obwohl die Macher mit viel Liebe für das Original gearbeitet haben, gibt es eine Sache, die mir irgendwann ein wenig enttäuschend aufgefallen ist: Die Kämpfe. Es wird zwar relativ oft geschossen und geschlagen in Amazons neuer Vorzeigeserie, und die Gewaltdarstellung ist wie in den Spielen keineswegs zimperlich. Allerdings sind es überwiegend Gefechte gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen. Gegen klassische mutierte Monster kommt es nur zweimal zu einer richtigen Auseinandersetzung: Einmal gegen einen mutierten, völlig durchgedrehten Bären und gegen einen salamanderähnlichen Gulper.

Von Mirelurks, den Mole Rats oder Super Mutanten fehlt hingegen jede Spur. Lediglich die übergroßen Schaben tauchen öfters auf, sind aber meist nur Kulisse oder als kleiner Ekelfaktor am Rande dabei. Natürlich, mit den Kampf gegen einen Deathclaw habe ich schon im Vorfeld nicht gerechnet, aber zumindest die eine oder andere Konfrontation mit einem Mongrel oder den nervigen Blutfliegen hätte ich schon erwartet – vielleicht ja dann in einer zweiten Staffel, die bisher noch nicht offiziell angekündigt ist, aber bei Erfolg durchaus realistisch sein dürfte.

Unabhängig von den Kämpfen und vielleicht dem einen oder anderen etwas zu fast schon slapstick-haften Humor: Fallout hinterlässt als Serie einen wirklich guten Start, bei dem sich mit dem Ausgangsmaterial tatsächlich intensiv beschäftigt, sowie die vielfältige Lore und die triefende Satire der Ursprungsvorlage nicht auf die leichte Schulter genommen wurde – und sieht ganz nebenbei auch noch wirklich toll aus. Ganz das Niveau von einem The Last of Us erreicht man zwar noch nicht, aber Fallout-Fans und die, die es noch werden wollen, sollten ab dem 11. April 2024 der Serie definitiv eine Chance einräumen.

Kommentare

starhorst schrieb am
Bin jetzt bei Folge 8 und sehr zufrieden. Viele schöne kleine Anspielungen auf die Spiele und mit Liebe umgesetzte Details. Vom gore level war ich etwas überrascht, bis mir eingefallen ist, dass man im Spiel ja auch alles an Extremitäten abschießen kann. :D Bisschen witzig, wie einer der Charaktere irgendwann genervt feststellt, dass er sich ständig von irgendwelchem Quatsch Sidetracken lässt, statt seiner Haupt Quest zu folgen. Hier hat das Studio echt was solides abgeliefert. Kein Plan wie es bei den Hardcore Fallout Nerds ankommt, aber ich finds klasse. Um Fallout gibts vermutlich aber keine so krasse religiöse Fanatiker, wie bei Star Wars oder Star Trek.
ray2077 schrieb am
Ich denke mal, ob es sich lohnt sollte jeder selber entscheiden.
ZackeZells schrieb am
schockbock hat geschrieben: ?12.04.2024 16:00
ZackeZells hat geschrieben: ?12.04.2024 15:47 Die Serie wird für mich das Spiel nicht korrekt abbilden, ausser man sieht Menschen die vollbeladen Loot jeglicher Art ins "Hauptquartier" tragen - in jeder Szene :ugly:
Die schleppen dann wie postapokalyptische Weihnachtsmänner in einem Jutesack, den sich über die Schulter geworfen haben, Ventilatoren, Toaster, Schreibmaschinen, Schraubenschlüssel, nukleares Material, Knochen und ähnliches mit sich durch die Gegend.
Exakt - Wir sollten einen Fallout Film zusammen drehen!
schockbock schrieb am
ZackeZells hat geschrieben: ?12.04.2024 15:47 Die Serie wird für mich das Spiel nicht korrekt abbilden, ausser man sieht Menschen die vollbeladen Loot jeglicher Art ins "Hauptquartier" tragen - in jeder Szene :ugly:
Die schleppen dann wie postapokalyptische Weihnachtsmänner in einem Jutesack, den sich über die Schulter geworfen haben, Ventilatoren, Toaster, Schreibmaschinen, Schraubenschlüssel, nukleares Material, Knochen und ähnliches mit sich durch die Gegend.
ZackeZells schrieb am
Die Serie wird für mich das Spiel nicht korrekt abbilden, ausser man sieht Menschen die vollbeladen Loot jeglicher Art ins "Hauptquartier" tragen - in jeder Szene :ugly:
Dialoge werden unterbrochen, da der Protagonist nur darauf aus ist das Hinterland aufzuräumen - A (Wo)Man on a Mission!
schrieb am